Gesehen in der Ausstellung „Public Viewing – Künstlerische Positionen zum Fußball“ zur EM im b-part im Park Gleisdreieck in Kreuzberg
Auf die Ausstellung bin ich per Zufall gestoßen, Gleisdreieck liegt bei mir vor der Tür. Ich habe mich vergeblich bemüht, im Bild oben satirische Elemente zu finden. Was für ein pubertierender Kitsch-Müll. Die ganze Ausstellung besteht fast ausschließlich aus Deko-Ware, nett anzuschauendes Gepinsel, das optische Gegenstück zu Kaufhaus-Dudelmusik oder Restaurant-Ohrtapeten. Auf meine Frage nach kritischen Positionen bedauerte die junge Kuratorin: „Da haben wir leider keine Einsendungen von den jungen Künstlerinnen zu erhalten.“ Und das in Berlin, an einem der hippsten Orte, Gleisdreieck. Wenn das die Kritik-Fallhöhe der zeitgenössischen Kunst ist, dann gute Nacht. (Eine Arbeit des genialen Ror Wolf war dabei , aber der ist jenseits aller Kategorien, und schon lange tot).
Je länger und intensiver ich den zeitgenössischen Kulturbetrieb betrachte, desto mehr steigt Grimm in mir auf und recht eigentlich, wenn es kein fulminantes Eigentor wäre, wünschte ich diesen unterkomplexen und strunzdummen Wichten mal ein paar Jahre strammes AfD-Regiment. Null Fördermittel, null Jobs, null Preisgelder, null Ankäufe durch den Staat, alle Strukturen gegen die Wand gefahren, so sieht eine Kulturlandschaft nach AfD-Art aus. Und da ist die Faschismus-Hardcore Variante der zweiten Phase der Machtübernahme noch nicht enthalten: Der Straßenterror. Erich Mühsam lässt grüßen….
Nicht nur ist der gemeine Kulturschaffende hierzulande und weltweit von einem veritablen Antisemitismus besessen, siehe Documenta und zahlreiche andere Gelegenheiten, sondern grundsätzlich derart fern aller relevanten gesellschaftlichen Konflikte (und damit meine ich nicht die Frage nach Diversität, Gender, sexueller Identität, Körpergrenzen, Fluidität und was dergleichen Gedöns mehr ist), dass man sich auch hier die alte DDR zurück wünscht mit dem Diktum: Geh auch Du, Genosse Künstler, in die Produktion.
VW hat gerade seinen dual Studierenden der Jahrgänge 2025 und 2026 nach dem Ende ihres Studiums ein, zwei Jahre Arbeit in der Produktion verordnet.
Der Betriebsrat ist entsetzt. Aber nicht, weil es nicht 5 Jahre sind, sondern weil das eine Zumutung sei. Was zum Teufel soll schlecht daran sein, wenn zukünftige Chefs am eigenen Leib erfahren, was es heißt, 7 Stunden am Tag mal für eine längere Zeit z. B. täglich 2000 Autoteile aus einer 100 Tonnen-Hydraulik-Presse zu stapeln, wenn ob des dröhnenden Lärms keine Unterhaltung möglich ist, die Maschine den rasenden Takt vorgibt und sich der Körper am Ende des Tages so anfühlt, als hätte er selbst in der Presse gelegen.
Und was sollte schlecht daran sein, wenn Kulturschaffende mal zwei Jahre lang Projekte in sozialen Brennpunkten mit bildungsfernen, migrantischen Kindern und Jugendlichen machen. Das würde zumindest die Gefahr reduzieren, die Tapeten dieser Welt mit derartigem Müll wie oben zu verunstalten.
Die Kulturszene in Frankreich weiß, was auf sie zukommt.