
Deutsche Dreifaltigkeit: Die Liebe zum Auto, zum Fußball und zur Nation. Aber bisher wurde der Ball nach meiner Wahrnehmung angenehm flachgehalten, was Fahnenmeere, Autocorsi und andere National-Belästigungen angeht. Und hoffentlich hat sich das Morgen sowieso erledigt, wenn Spanien obsiegt. Dann führt mich nächste Woche mein erster Gang zum Tedi-Ein Euro-Laden, wo es dann Nationalfarbenparaphenalia für einen Cent gibt. Ich decke mich dort mit Papierservietten in Schwarzrotgold für die Grill-Saisons bis zur nächsten Fußball-WM ein.
Heuer fällt Grill weitgehend ins Wasser. Ob die Sommer früher, vor dem Krieg, alle so waren, viel Regen, wenig Sonne, selten heiß, weiß ich nicht. Was ich aus aktueller Naturbeobachtung im Garten weiß: Der Sommer bisher ist der mieseste seit vielen Jahren. Eine Graspflanze, die anfangs mit früh-üppigem, dichtem Wachstum zu den schönsten Hoffnungen berechtigte (Kurz und dick, Farmers Glück), hat das Wachstum fast komplett eingestellt

Und der Stand der Goldenen Neger ist ein trauriger Witz, Lichtjahre von Rekordhöhen an die 250 Zentimeter entfernt

Sonnenblume Goldener Neger.
Der Zustand dieses Sommers ist natürlich Regenwasser auf die Mühlen der Klimaleugner, denen der Unterschied zwischen Klima und Wetter egal wie der Harzkäse ist, welcher von allen Seiten gleich stinkt. Vom Klimaleugner zum Coronaleugner war und ist es nur ein kleiner Schritt und ich bin gespannt, wie die sich bei der nächsten Seuche verhalten. Die Uhr tickt unaufhaltsam. In den USA gab es jetzt den nächsten Fall des Übersprungs vom Tier auf den Menschen .
Da wurde mir doch kurz mulmig. Klimakatastrophen und der Übergang zum Faschismus, sowas passiert so schleichend, so jenseits von konkreter Alltagswahrnehmung, dass man das verdrängen kann, selbst wenn man auf der abstrakten und theoretischen Erkenntnisebene diese Szenarien als real einschätzt. Ein Nazi-Übergriff hier, eine Flutwelle im Ahrtal da, alles traurig, bitter und ins Puzzle passend. Aber das betrifft doch nur den Kopf und Verstand, solange man nicht direkt selbst bedroht wird, und nicht Bauch (das ist da, wo es mulmig wird) und Herz (das ist da, wo Beklemmung einsetzt, Angst). Aber eine Seuche kann wie ein Tsunami in Zeitlupe über einen hereinbrechen, man kann die Eieruhr neben die breaking news stellen.
„… Am 31. Dezember 2019 wurde der Ausbruch einer neuen Lungenentzündung mit noch unbekannter Ursache in Wuhan in China bestätigt. Am 30. Januar 2020 rief die Weltgesundheitsorganisation (WHO) angesichts der Ausbreitung und schnellen Zunahme der Infektionen mit dem Coronavirus 2019-nCoV eine internationale Gesundheitsnotlage aus. Am 11. Februar 2020 schlug die WHO den Namen COVID-19 für die Infektionskrankheit vor. Im Januar 2020 entwickelte sich die Krankheit zur Epidemie in China und am 11. März 2020 erklärte die WHO die bisherige Epidemie offiziell zu einer weltweiten Pandemie…“
72 Tage insgesamt.
Und 41 Tage von der Ausrufung einer internationalen Gesundheitsnotlage bis zur WHO-Erklärung des weltweiten Pandemiefalls.
Gesetzt den Fall: Was würden Sie, liebe Leserinnen, in 41 Tagen anders machen?