
Passend zur Zeit: Sommerloch

Passend zum Thema: Documenta (Im Bild der geschätzte Kollege H. Sievers)

Passend zu mir: Geld verbrennen
Ich tue mich ja ungern dicke (Phrase! Gelogen). Aber um zu dokumentieren, wie sehr meine Behauptung den Tatsachen entspricht, ich sei seit Jahren als weltweit einer der renommiertesten Aktionskünstler Teil des Kulturbetriebes mit intimen Kenntnissen desselben, habe ich hier wahllos ein paar Beispiele veröffentlicht.
Kultur soll, so behaupten es zumindest die Agenten des Betriebes, existentiell sein für die menschliche Existenz und Dostojewski verstieg sich gar zur These: Kunst ist für den Menschen genauso ein Bedürfnis wie Essen und Trinken.
Was soll er auch anderes sagen, er lebte von der Kunst. Ich für meinen Teil komme auch mal eine Woche ohne Kunst aus und gegen den zeitgenössischen Kulturbetrieb habe ich im Laufe der Zeit eine regelrechte Aversion entwickelt. Der hiesige Kulturbetrieb zählt mit den ihn pampernden Parteien der grünrot lackierten „linken“ Mitte zum Juste Milieu einer – noch -semiliberalen Öffentlichkeit. Dieses – noch – wohlsaturierte Milieu interessierte sich in den letzten Jahren überwiegend für Fragen der Diversität, Rassengleichheit, Dekolonisation, von Körper und Identität, Postfeminismus, toxischen Männlichkeiten, Subjektivität und vor allem für Blablabla, Zitat : „ Alexandra Pirici schafft eine lebendige Landschaft, in der sich menschliche Körper der Performer*innen ebenso wie die der Besucher*innen inmitten chemischer Reaktionen, Mineralbildungen und anderen physikalischen Phänomenen bewegen.“
Abzulesen, zu sehen ist der geschilderte Trend in den aktuellen Kunst-Ausstellungen in Berlin, wie immer dem Rest der Republik um Jahre voraus, siehe Link. Die handelsüblichen Blockbuster wie Frans Hals oder SuppenKasper David Friedrich zur Erbauung des eher konservativen Milieus der rechten Mitte ergänzen das Bild eines nur in Berlin mit hunderten von Millionen geförderten, nimmersatten Betriebs, dem eine wachsende Mehrheit der Bevölkerung nicht nur fremd, sondern zunehmend aggressiv gegenübersteht (Jeder Opernbesuch wird staatlich mit 220 Euro gefördert). Nicht dass die Mehrheit der Bevölkerung mit ihrer Ablehnung recht hätte, im Grunde ist das eine reaktionäre Haltung. Berechtigt ist hingegen die Aversion gegen den exkludierenden Charakter des Kultur- und Politikbetriebes und die Haltung des sie tragenden Milieus.
Diese Haltung ist gekennzeichnet von Desinteresse gegenüber den Interessen und Bedürfnissen der Mehrheit der Bevölkerung, von Ausgrenzung, ja Verachtung und Rohheit.
Wo in den ganzen Ausstellungen sind Fragen thematisiert nach den Bedingungen von prekären Arbeitswelten, nach Armut und Reichtum, Leben in sozialen Brennpunkten, Bürgergeld, Altersarmut, Kinderarmut, Ausschluss von prekären Existenzen bei Bildung, Gesundheit, Mobilität, Ernährung.
Bei den Parteien der linken Mitte wird das alles pflichtschuldig im Programm angesprochen und konsequenzlos abgehakt und ansonsten gilt die Parole: Mit Sozialpolitik gewinnt man keine Wahlen und ich muss jetzt zur nächsten Vernissage in den Kunstverein, da sitze ich im Beirat.
Wie viele Kunstorte befinden sich wohl in sozialen Brennpunkten wie dem Märkischen Viertel, in Teilen von Wedding, Reinickendorf, Neukölln etc. pp.? Wie viele dagegen in den Schicki-Micki Mitte, Prenzlau, von Kreuzberg ganz zu schweigen, das ist ein riesiges Freiluft-Kulturlabor mit 150.000 Dauerbesucherinnen plus dreimal so vielen Tagesgästen … .
Diese bürgerliche Ignoranz rächt sich gerade, bitter im Zerfall der Gesellschaft, und wird sich radikal und militant gegen deren Protagonisten wenden. Und ich merke, wie ich zusehends aggressiver gegen den Kulturbetrieb reagiere, wenn ich die zahlreichen kleinen Galerien und Kunsträume in Berlin erforsche, wo der Eintritt oft umsonst ist und ich ganz selten andere Besucherinnen antreffe.
Interessanterweise korreliert die hier geschilderte soziale und politische Ignoranz des Betriebes mit einem veritablen Antisemitismus. Aber dafür reicht der heutige Blog-Platz nicht mehr, Deutschlands renommiertester Aktionskünstler arbeitet an einem neuen Projekt und hat keine Zeit mehr. In einem sozialen Brennpunkt. Bleiben Sie drin, liebe Leserinnen.