27.10.2024 – Was wäre, wenn …?

Frankfurt, Skyline.

Eine der schönsten Fragen, die wir uns in Mußestunden stellen können, und die Thema zahlreicher Filme, Bücher etc. ist, lautet: Was wäre, wenn …?

Beim Flanieren durch Frankfurt (Dank für die vorzügliche Führung an Chris. War Welt!) ging mir durch den Kopf, was wohl aus Berlin geworden wären, wenn Frankfurt heute Hauptstadt wäre.

Dazu ein Blick in den Rückspiegel: Die Abstimmung zwischen diesem unsäglichen Provinzkaff Bonn und Berlin als Hauptstadt nach der Annexion der Ostzone war denkbar knapp, mit 338 zu 320 Stimmen für Berlin.

Ursprünglich sollte nach dem Krieg statt Bonn natürlich Frankfurt Hauptstadt der BRD werden. Berlin kam damals auf Grund des Viermächte-Status nicht in Frage. Frankfurt war zentral gelegen und hatte, was Bonn nicht hatte: Mit der Paulskirche das demokratische Symbol der BRD schlechthin, eine vielfältige Kultur- und Wirtschaftstradition und eine halbwegs funktionierende städtische Infrastruktur.

Da der damalige Bundeskanzler Adenauer aber keine Lust auf die weiten Reisen nach Frankfurt hatte (er wohnte in der Nähe von Bonn und war damals schon fast 100), wurde die vorhandene parlamentarische Mehrheit für Frankfurt durch Lügen, Intrigen und Bestechung umgedreht. An hundert Abgeordnete flossen insgesamt 2 Millionen DM. Sehr, sehr schön und regelrecht erhaben in seiner filigranen Dreistigkeit ist der Satz im Wikipedia-Eintrag dazu: „Wie das die Abstimmung tatsächlich beeinflusste, ist nicht bekannt.“

Dann ist ja alles gut. Was in der damaligen Ostzone zu jener Zeit der stalinistische Druck besorgte, regelte bei „uns“ in der BRD der diskrete Charme des Bestechungsgeldes. Weshalb unser System dem anderen überlegen war.

Im Eintrag des Bundestages über die Hauptstadtfrage findet sich zu dieser Angelegenheit übrigens kein Wort . Nichts gesagt ist auch gelogen.

Normalerweise wäre also Frankfurt Hauptstadt der BRD geworden. Und es auch geblieben. Mittlerweile war es eines der Finanzzentren der „freien“ Welt geworden, eine bunte Metropole, mit perfekter Infrastruktur, der größte Flughafen der BRD, immer noch zentral gelegen, und keinesfalls wie Berlin der drohende Vorposten eines möglichen Wiedererstarken des preußischen Militarismus, gegen den Osten. Soviel Bestechungsgeld hätten die paar Berliner Hanseln und Greteln gar nicht zahlen können, um die völlig verrotteten Prenzlauer Berg, Friedrichshain, Mitte und das Türkenghetto Kreuzberg zur Hauptstadt der Republik zu machen. Was ja auch mit einem gigantischen Kosten- und Bauaufwand verbunden wäre: Der Hauptbahnhof, der BER, das Regierungsviertel, die Unterkünfte für das politische Personal und jahrzehntelang müsste man die Mainstream-Kulturszene (Drei Opern!) pampern, damit die Hauptstadt der Welt etwas anderes zeigen kann als die verrottete Punk- und Tekknoszene der Nachkommen der Bundeswehrflüchtlinge.

Frankfurt also. Heute sicher eine Millionenstadt, urbanisiert bis in die Höhen des Taunus, noch unbezahlbarer als ohnehin, als Finanzzentrum noch vor London und eine gigantische Skyline am Main.

Und Berlin? Einfach wunderbar. Bezahlbare Mieten, überall noch Spuren des zweiten Weltkriegs, Brachland am Potsdamer Platz, das Regierungsviertel unbeseelt, Mitte, Prenzlau und Fuckhain dämmern vor sich hin, mein Bergmannstrassen-Kiez wäre eine halbwegs ruhige Chillzone für die Locals, und SO 36 würde nicht überflutet von saufenden, kotzenden Billigflieger-Prolls aus aller Welt.

 Und ich würde mit ein paar Gleichgesinnten im Hades, dem türkischen Imbiss in unserem Haus, radikale Alternativkultur aushecken.

Es ist, wie es ist. Was soll’s. Muss ja.

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