22.11.2024 – Über die Rolle des Toilettenpapiers in der zeitgenössischen Kunst

Installation „Fuck Trump“, 2023. Papier, Kunststoff. Entwurf. Unikat, handsigniert, Preis nach Fertigstellung: 68.000 Euro
Nachdem wir des Scholzes wegen ein paar Tage durch die trübe Kloake der Tagespolitik gewatet sind, wenden wir uns nun dem Schönen, Hehren, Reinen zu: Der Kunst! Per aspera ad astra. Obwohl Alltagsgegenstände in der Kunst spätestens seit Duchamps Urinal entprofanisiert und durch die Montage in den Kunstbetrieb das geworden sind, was sie nie sein wollten, nämlich Kunst, ist jener Gegenstand, der uns täglich durch die Hand und nicht nur da lang geht, bemerkenswert unterbelichtet geblieben: Das Toilettenpapier. Außer einem Beispiel hier blieb es dem Titan der zeitgenössischen Installationskunst vorbehalten, das zu ändern. Regelmäßige Leserinnen dieses Blogs wissen, dass da von mir die Rede ist.
Hier sei nur an ein Beispiel aus der düsteren Coronazeit erinnert:

Die legendäre Klopapier-Verbrennung als Protest gegen die damaligen Hamsterkäufe, deren Flammen zumindest medial um den ganzen Globus schlugen (Wenn Sie genau hingucken, können Sie den brennenden Hamster erkennen). Es gab Leute, die das beschissen fanden. Aber sowas liegt immer im Auge der Betrachterin.

Da die Presse vorab berichtete, kriegte die Polizei Wind davon und rief besorgt, aber freundlich (man kennt sich seit vielen Jahren) bei mir an. Sie hätten was dagegen, dass ich an 68 Stellen in Hannover Feuer machen würde. In den Augen des Repressionsapparates war ich also zu einem zeitgenössischen Nero geworden, der zwar nicht Rom, aber immerhin die Capitale der norddeutschen Tiefebene in Brand setzen wollte. From Nero to Hero. In diesem Moment wusste ich, warum ich mir seit Jahren den Arsch aufgerissen hatte, welchen Sinn dieser ganze Kunst-Scheiß überhaupt hatte, für mich, für Rom, für den ganzen Erdball, für Hangover!
Ich konnte den Mann irgendwie beruhigen. Wenn ich etwas kann, dann Improvisieren. Kleingeister nennen das Lügen. Aber da stehe ich drüber.

Auf der Titelseite. Vanitas Vanitatum …. Die von mir so oft geschmähte Bürgerpresse berichtete ausführlich, obwohl an ihrem etwas distanzierten Ton abzulesen ist, dass sie damit ein bisschen überfordert waren und das nicht einordnen konnten. Die mir oft gestellte Frage der Medien ist, jedenfalls was SCHUPPEN 68-Aktionen angeht: Wie meinen Sie das denn überhaupt, was Sie da machen?
Dafür gibt es eine Messlatte: Wenn ich selber nach ein paar Jahren und einem Gang ins Archiv nicht mehr weiß, wie ich das damals gemeint habe, war es eine gute Aktion. Der Grad zwischen Realität und Absurdität, zwischen Gesellschaftskritik und Nonsens, zwischen Dada und Blabla, zwischen höchstintellektueller Metaebene und Marihuana-induziertem Blödsinn muss immer so schmal sein, dass er gar nicht erst erkennbar ist. (Was völlig anderes sind z. b. Aktionen, bei denen es um Armut und Spaltung der Gesellschaft geht. Hier gilt, vor allem im Umgang mit Medien: Keine Ironie. Das erste Gebot jeder Pressemitteilung: Keine Ironie!)
Was den Entwurf von „Fuck Trump“ angeht, ist hier ein Meme von Trump verarbeitet, das 2023 um den Globus ging: Das Polizeifoto, das von ihm anlässlich einer der zahlreichen Anklagen gegen ihn gemacht wurde. Für einen Moment schien die Welt zu einem besseren Ort zu werden. Ich hatte die Vision: Der Verbrecher kommt hinter Gitter und ein gnädiger Sheriff spült den Zellenschlüssel im Scheißhaus runter, mit Klopapier umwickelt. Der Gang der Welt war bekanntlich ein anderer. Um Leserinnen-Nachfragen vorzubeugen: Die Halterung der obigen Installation ist aus dem Sortiment für Junggesellinnen-Abschiede (immer mit Piccolöchen) und knapp 30 cm lang.

Hinweis für Medienprofis und solche, die es werden wollen: Ich biete Seminare zu Campaigning an, unter dem Titel: Aus Scheisse Kampagnen machen – über den optimalen PR-Umgang mit begrenztem Budget.

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