17.01.2025 – Mögliche Auswirkungen einer CDU/AfD-Koalition auf Länderebene. Teil 3: Über die Konsequenzen der Zerstörung einer Struktur

Plakat um 1990 an unserem Haus. W+Ehlers war eine ehemalige Bettfedernfabrik mitten im Kiez hier. Heute heißt das „Faust“, das größte Kulturzentrum in Hannover. Heimat für Flüchtlingsinitiativen, Frauenprojekte, Ateliers, Kunst, Disco, Biergarten, Lesungen, Flohmärkte etc. pp. . Ein rotgrünes Projekt, getragen von der Stadt Hannover und dem Land Niedersachsen. Eine CDU/AfD-Koalition würde solche Projekte mit Sicherheit nicht fördern.
Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) unterstützt im ersten Halbjahr 2025 soziokulturelle Zentren und Vereine mit insgesamt rund 1,2 Millionen Euro. Hier eine Übersicht.

Die Mittel wurden auf Grundlage der Empfehlungen des Beirats des Landesverbands Soziokultur Niedersachsen über den Landesverband vergeben. Auch der Landesverband existiert in der vorliegenden Form nur auf Grund von Fördermitteln des Landes. Wenn die wegfallen, kann auch der Verband dichtmachen.
Wenn die Struktur dieser bunten Initiativen, Projekte und Organisationen wegfällt, hat das nicht nur Auswirkungen auf die Träger der Institutionen, die im Zweifel alle in die Insolvenz gehen, womit jede Menge Arbeitsplätze verloren gehen. Eine alternative und bezahlbare Clubkultur verschwindet dann ebenso wie Festivals, Auftrittsmöglichkeiten für alternative Künstler*innen etc. pp.. Eine wesentliche Farbe im Kulturspektrum eines Landes würde nicht mehr existieren. Stattdessen würden mittelfristig feldgrau-braune Farben bevorzugt mit Fördermitteln.
Und nicht nur das: Die Immobilien der hier genannten Kulturorte sind nicht selten 1a Lagen, wie es sie in den Kommunen kaum noch gibt. Faust z. B. ist ein riesiges Areal, denkmalgeschütztes Ensemble, am Wasser gelegen, direkt in einem lebendigen Kiez, die Uni liegt um die Ecke, in ein paar Minuten ist man mit dem Rad sowohl in der City als auch draußen auf dem Land. Wir können davon ausgehen, dass derartige Objekte bereits jetzt in den Listen von Investoren mit rot markiert geführt werden unter dem Label: Potentielle Premiumprojekte für Wohnen und Arbeiten in exclusiver Lage. Im Falle einer Insolvenz stehen Immobilienhaie sofort Schlange. Landesbürgschaften zur Rettung fallen dann weg und die Kommunen sind alle finanziell am Limit, die fallen als Rettungsanker aus.

Damit würde der Verdrängungsprozess in alternativen Kiezen gefördert. Zwei Fliegen mit einer Klappe: Herstellung rechter kultureller Hegemonie durch Umstrukturierung der Fördermittel und Umwidmung öffentlich-rechtlicher, sozialer Arbeits- und Lebensformen in profitorientierte Kapitalanlage-Strukturen. Gentrifizierung pur.
Diese Prozesse werden sich langfristig abspielen. Eine politisch ausgerichtete, jenseits des Einzelinteresses solidarische Gegenwehr-Strategie des Alternativ-Milieus kann ich nicht erkennen. In den folgenden Blogeinträgen werde ich versuchen, Module einer derartigen Strategie zu skizzieren.
Randnotiz: Auf dem Plakat oben ist ein fetter Kapitalist mit der Aufschrift EXPO 2000 (Hannover) zu sehen, der sich unter anderem das Faustgelände einverleiben will. Die Kopfschusswunde zeigt, welche feuchten Phantasien als Gegenstrategie Teile der Hausbesatzung damals umtrieben. Leute, die selbstverständlich mit Palästinensertüchern rumliefen und vermutlich immer noch rumlaufen und einem militanten linken Antisemitismus frönen. Wie sehr das antisemitische Ressentiment weit über die Nazizeit wirk- und bildmächtig ist, zeigt der Vergleich der fetten Kapitalisten – heutzutage, wo die alle sportgestählt, schlank und fit wie Windhunde, Leder und Kruppstahl sind, eine groteske Phantasie:

Zitiert aus: Blinde Flecken der Globalisierungskritik. Gegen antisemitische Tendenzen und rechtsextreme Vereinnahmung. Herausgegeben von Attac Österreich.

Der im Bild oben abgebildete Smokingträger und Hausbewohner deutet auf einen dort sich anbahnenden Paradigmenwechsel hin. Heute sind die Hausbewohner*innen auf Israel-Solidaritätsdemos anzutreffen. Und das ist auch gut so.

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