05.05.2025 – Helm auf zum Gebet

Wem gehört Deutschland? Blick von der Spree aus auf das Haus der Kulturen der Welt, HKW.
Ich bin nicht sehr weitgereist, was ich durchaus als Mangel empfinde, denn wie will man die Welt verstehen, ohne die Welt zu kennen. Berlin schafft da Abhilfe, denn dass die Welt nach Berlin kommt, ist eine Binse. Orte wie das Haus der Kulturen der Welt HKW sind symbolträchtige – und in diesem konkreten Fall durchaus magische – Träger von globalem Austausch, interkultureller Kommunikation und Begegnungen, vor allem mit außereuropäischen Positionen. Da das HKW in Trägerschaft des Bundes ist, wie unter anderem der Gropiusbau, um die Bundesrepublik der Welt zu präsentieren, ist hier an Geld kein Mangel, was sich unter anderem an den günstigen Eintrittspreisen, brillanten Ausstellungen und Projekten und offensichtlich höchstkompetetem Personal ablesen lässt.
Es bleibt abzuwarten, inwieweit der langsam sich in Konturen abzeichnende scharfe Rechtsschwenk in der deutschen Politik nach den Wahlen, und hier vor allem in der Kulturpolitik, in Konflikte mit der chronisch linksalternativen Kulturszene der Hauptstadt gerät. Einen Vorgeschmack gab es schon in der Person des Berliner CDU-Kultursenators Joe Chialo, der die brutalen Kultur-Kürzungsvorgaben des Senats ohne mit der Wimper zu zucken exekutierte, in der Hoffnung auf das Amt des Kulturstaatsministers in der neuen Bundesregierung. Die wollte aber lieber gleich einen beinharten Rechtsradikalen wie den Kreuzritter Weimer und nicht so einen windelweichen Hauptstadt-Liberalen.
Chialo wurde in den letzten zwei Jahren in Berlin angefeindet, angepöbelt und persönlich angegangen, indem sein Haus beschmiert wurde, augenscheinlich von der starken antisemitischen Fraktion der hiesigen (Un-) Kulturszene.
Kreuzritter Weimer kann sich für seine Auftritte in der Berliner Kulturszene schon mal warm anziehen, da geht’s ganz anders zu als am heimischen Tegernsee, wo die vorherrschende Dienstkleidung der Trachtenjanker und das Dirndl ist. Seine Vorgängerin Claudia Roth hingegen tummelte sich hier als ehemalige autonome Ton-Steine-Scherben Managerin im juste milieu, für sie waren Auftritte hier meist ein wohliges Heimspiel. Sie war zwar die inkompetenteste und am meisten überforderte Kultur-Beauftragte des Bundes aller Zeiten, ersetzte Mangel an Kompetenz aber durch Engagement und ließ die Ihren aus der Prenzlberger Crémant-Kulturschickeria nicht darben.
Da wird der hart rechte Wind of Change aus der Weimer-Ecke diesem Milieu eiskalt entgegen pfeifen, sowohl Etatkürzungsmässig als auch von der Ausrichtung her. Wer sich jetzt mit seinen Förderanträgen nicht blitzschnell umorientiert, kann vor allem in der Freien Szene ruckzuck zum nächsten 31.12 seinen und ihren Laden dicht machen. Nichts mehr mit dem üblichen Antragslyrikgeschwafel wie „Intersektionalität, Dekolonisation, Diversität, LGBTQ etc. pp. blablabla“. Jetzt heißt es, Segel setzen in Richtung „Heimat, Familie, Nation, Ehre, Vaterland, Blut und Boden.“ Ok, das war jetzt ein bisschen over the top, aber die Richtung dürfte jetzt auch dem dümmsten antisemitischen Kulturradikalinski klar sein. Ob Förderanträge zukünftig zwingend ein Bekenntnis zum Existenzrecht des Staates Israel beinhalten müssen, weiß ich nicht. Begrüßen würde ich es auf jeden Fall.
Fazit: Der Rechtsruck in Gesellschaft und Staat mäandert langsam in alle Ebenen, von der institutionell-ministeriellen bis hin in die Subkultur. Wie letztere damit umgeht, bleibt abzuwarten und spannend. Langweilig wird es in Berlin halt nie. Und Weimer sollte sich für seine Auftritte in Berlin schon mal einen Helm aufsetzen. Aber das ist ja für Kreuzritter nichts Ungewohntes.

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