Verdächtig sind mir Aufsteiger aus sozialen Milieus, die ihre Herkunft nicht nur vergessen, sondern sich in einem Abspaltungsakt mitunter regelrecht vehement gegen ihre ursprüngliche Klasse wenden. Klassische Fälle solcher Parvenüs waren Gerhard Schröder und Joseph Fischer. Parvenüs erkennt man auch am Mangel an Stil, bei Herrn Fischer zum Beispiel der ultrapeinliche Siegelring, bei Herrn Schröder das ganze öffentliche Protzgehabe. Shocking. Insofern ist Stil, Ästhetik, immer auch eine politische Kategorie. Das heißt natürlich nicht im Umkehrschluss, dass mir der bornierte Klassenkämpfer von oben sympathischer wäre, nur weil der auf der Erscheinungsebene stilvoller auftritt.

Nicht mehr lange, die Tendenz geht zum Sonntag als Regelarbeitstag.
Weit braucht man aber, und hier wird das Politische zum Privaten, nicht zu gehen, um Aufsteiger aus sozialen Milieus zu treffen, die ihre Herkunft verleugnen. In meiner Alterskohorte und Bekanntenkreis gibt es jede Menge Leute, die ihren Aufstieg gewerkschaftlichem Druck und sozialdemokratischen Bildungsreformen verdanken, die sich aber weder jemals bei den 1. Maifeiern blicken lassen noch sich gar gewerkschaftlich engagieren. Und dann jammern se rum, dass ihr Nachwuchs immer nur Praktika, Zeitverträge, etc. kriegt oder im akademischen Mittelbau perspektivlos auf Hartz IV Niveau rumkrebst. Dieses Gegreine ist unter moralischen und intellektuellen Gesichtspunkten vollproll. Gesellschaftlicher Fortschritt regnet ebenso wenig wie Hirn vom Himmel. Wer es bis zu dieser Erkenntnis nicht mehr schafft, sollte wenigstens die Klappe halten, sonst wird peinlich.

1. Mai Feier, Hannover, Klagesmarkt, 1993. SCHUPPEN 68 Performance. (Zur Erinnerung an Günther „Paul“ Fechner, in der Mitte im hellen Hemd, ehemaliger Betriebsratsvorsitzender der Fa. Hermann Berstorff. Die Guten sterben immer zu früh, egal wie alt sie werden.)

Wacht auf, Verdammte dieser Erde? Haut drauf, Vermummte dieser Erde! Erste Impressionen vom Wegesrand der Maidemo 2015. Autonome hängen Anti Nazi Transpi (Nazidemo am 1. August blockieren) an das hannöversche Ihmezentrum, die größte innerstädtische Bauruine der BRD. Ich empfand bei der Aktion klammheimliche Freude (böses Wort!), weil ich meine Zweifel an deeskalierender Sozialarbeit bei Nazis und an der diesbezügl. Effizienz des staatlichen Repressionsappartes habe, den ich nichtsdestotrotz mit zunehmendem Alter schätze – wenn er an der richtigen Stelle zuhaut. War mal wieder ein schöner 1. Mai. Mehr Impressionen demnächst an dieser Stelle.