20.02.2016 – Neidlos ziehe ich meinen Hut vor „Kommissar Rex an der Mauer erschossen?“.

Es gibt Interventionen, die sind so makellos, dass ich sie einfach nur zitieren kann. Im Folgenden geht es um einen der genialsten Wissenschafts-Fake ever.
stasi city ausstellung 1995 wilson sisters
Hat irgendwie mit dem Text zu tun…Ausstellung 1996 Kunstverein Hannover
Unter der Überschrift „Der deutsch-deutsche Schäferhund“, hat die Gruppe „Christiane Schulte & Freund_innen“ am 6. Februar 2015 einen Vortrag an der TU Berlin gehalten und im Dezember 2015 in der Zeitschrift „Totalitarismus und Demokratie“ veröffentlicht. Inhalt:
Der erste Mauertote war ein Polizeihund namens Rex, und der Dritte Weltkrieg wurde nur durch Einhaltung des Leinenzwangs für die Wachhunde der NVA-Grenztruppen verhindert. Die wiederum stammen eigentlich von den KZ-Hunden der Nazis ab, können aber nix dafür, denn auch die Hunde litten ja unter der Mauer – sogar viel länger als wir: Für die armen Tiere dauerte die deutsche Teilung schließlich ganze 280 Hundejahre.
Diese hanebüchenen Thesen waren frei erfunden – ohne dass dies jemandem aufgefallen ist: (Ab hier zitiere ich einfach)
„Der Grund dafür war, dass der Text mit den „Human Animal Studies“ (HAS) das Vokabular der neuesten akademischen Mode aufgriff und gleichzeitig altbekannte Rhetorik zum „DDR-Unrechtsstaat“ reproduzierte. Akademische Mode kombiniert mit politischem Konformismus – der Vortrag parodierte zwei klassische Strategien akademischer Ein- und Unterordnung und erschien gerade deshalb als „kritisch“ und „innovativ“. Der folgende Beitrag zeichnet die Geschichte dieser satirischen Intervention nach.
Wir, eine Gruppe von kritischen Wissenschaftler_innen, wollen damit eine Diskussion darüber anregen, warum engagierte Gesellschaftskritik in den Geisteswissenschaften zur Ausnahme geworden ist.
Nach Rex großem, aber tragischem Auftritt bedienten wir uns großzügig aus dem Repertoire der Totalitarismustheorie und überspitzten deren These, der DDR-Sozialismus sei irgendwie genauso schlimm gewesen wie das NS-Regime, ins Groteske. So behaupteten wir, die Wachhunde zweier 1945 eingerichteter sowjetischer Speziallager seien direkte Nachfahren von Wachhunden aus den Konzentrationslagern Buchenwald und Sachsenhausen gewesen, und diese wiederum hätten in dritter Generation die Mauerhunde der NVA-Grenztruppen gezeugt.
….
Mit dem Zusammenbruch des Staatssozialismus und dem Utopieverlust der politischen Linken wurden Subjekte wie „die Arbeiterklasse“ oder „wir Frauen“ jedoch zunehmend fragwürdig. Stattdessen bekamen nun die lieben Tiere ihre Agency zugesprochen. Die entstehende Tierrechtsbewegung übertrug das Vokabular von Ausbeutung und Entrechtung auf Tiere, fügte der Triade von „class, race, gender“ ein neues Herrschaftsverhältnis hinzu und kritisierte alle, die zwischen der Ausbeutung von Milchkühen und Sklaven noch Unterschiede erkennen wollten.“

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