21.04.2016 – Löschflugzeuge und Trostspender.

Urlaubslektüre waren heuer der notorische Hölderlin Gedichtband, Heft 4/2016 der „Blätter für Deutsche und Internationale Politik“, der Roman „Der Mittelstürmer“, Autor hab ich vergessen und den werd ich jetzt auch nicht googeln, der aktuelle „Spiegel“ und die aktuelle „konkret“. Ich hab nicht eine einzige Zeile gelesen.
Stattdessen habe ich lieber stundenlang aufs Meer geglotzt, kein Gedanke trübte mein Hirn, nur manchmal dachte ich, wenn sich was am Horizont veränderte: „Whow, jetzt bist Du schon stoned, ohne zu kiffen.“ Zu dieser Jahreszeit ist auf Malle weder am Strand noch am Horizont viel los. Reflexartig riss ich meine Digitalkamera aus dem Holster und feuerte mehrere Bilder ab.
löschflugzeug
Im Hotel stellte ich erstaunt fest, dass das gelbe Flugzeug wohl tatsächlich existiert hatte, vermutlich ein Löschflugzeug.
Ich beschloss, öfter mal nichts zu denken. Und Lesen wird sowieso überbewertet. Was nützt mir die dadurch gewonnene Erkenntnis? Angesichts des aktuellen Zustandes der vermeintlichen Zivilisation müsste man konsequenterweise zur Waffe greifen und dafür bin ich viel zu ungeschickt. Das erste Opfer wären sicher meine Füße.
Wozu nützt Lesen noch? Der Unterhaltung vielleicht. Aber wenn ich Spaß haben will, fahre ich zum Beispiel mit dem Rad durch eine Touri-Meile auf Malle. Das ist wie Theater, nur umsonst und authentischer. Also wozu Lesen? Trost? Das ist ein Argument.
kalvarienberg
Kalvarienberg Pollenca – Trostspender für Gläubige. Für den Rest: Grandioser Ausblick und Fitnessprogramm, 365 Stufen.
Trost kann ich brauchen. Hab im Urlaub Börse verloren, mit Ausweis, Karte, Krankenkasse, Geld, etc. pp. Dummheit muss bestraft werden und irgendwann ist so was mal fällig. Angesichts der Frage, wie die einen am Flughafen ausreisen lassen ohne Papiere, und der Scheißhausparolen, die zu dem Thema im Internet kursieren, fühlte ich mich auf einmal nackt, hilflos. Ohne Papiere.
Lächerlich, an jeder Ecke im EU-Ausland gibt es ein Konsulat und mit jeder polizeilichen Verlustmeldung kommt man problemlos aus dem Urlaubsland raus. Aber da sieht man mal, wie dünn der Firnis der Zivilisation ist. Kaum weicht etwas vom Gang der Dinge ab, wird man gleich hektisch. Regelrecht albern fand ich meinen Gedanken in der Situation, wie es wohl grundsätzlich Papierlosen gehen mag. Hinter dieser Art von Empathie schlummert doch jenes Selbstmitleid, dass sich aus dem Vergleich mit Papierlosen speist. Und der ist angesichts deren Situation degoutant.
Ungerecht fand ich allerdings, dass ich meine Börse verloren hatte, nachdem ich sie nur zum Trinkgeldgeben gezogen hatte.
Zuhause angekommen, ging ich erst mal auf Tournee, alles muss ja wiederbeschafft werden.
Keine zwei Stunden nach Ende der Tournee rief die Polizei von Malle an: Meine Börse hat sich angefunden. Wieder los, alles rückgängig machen.
Tröstlich immerhin: Offensichtlich hatten höhere Mächte ein Einsehen mit mir und wollten soviel Ungerechtigkeit auf Erden doch nicht zulassen.

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