16.06.2016 – Ich bin Badehosentauglich

Radausflug zum Gehrdener Berg, mit seinen 155 Metern für einen Flachlandtiroler der norddeutschen Tiefebene eine Tour de France-ähnliche Herausforderung. Aber der Sommer naht und eine Badehosentaugliche Figur will gepflegt werden. Ansätze eines Embonpoint werden gnadenlos durch Powerbike-Touren, Expander- und Hanteltraining, Diäten und eiserne Alkoholdisziplin bekämpft. Der war gut, hahaha. Was ich durch äußere Erscheinung und innere Wert nicht gewinnen kann, mache ich mittels prall gefüllter Geldbörse wett. Solche und ähnliche trägen Scherze schwebten sommerwölkchengleich durch mein mattes Hirn, als ich auf einer Parkbank auf der Spitze des Berges den Horizont betrachtete, an dem Gewitterwolken sich in die Luft schraubten.
gehrden
Zwei Tölen kläfften mich doof an. Es war ein arkadischer Moment. Eine Schrifttafel erweckte mein Interesse
erschlagen
Ooops.
Die Abfahrt vom Gehrdener Berg mit bis zu 60 km vermittelte mir das beruhigen Gefühl schneller als jedes Gewitter zu sausen. Nach dem einen oder anderen Schlenker kam ich in der untergehenden Sonne zum Gelände der Wasserstadt Limmer. Hinter mir im Osten Donner und Blitz.
Sonnenuntergang
Das Wahrzeichen der zukünftigen Wasserstadt, ein gigantischer, in Stein gemeißelter Blitzattraktor, schien mir drohend seinen Mittelfinger entgegenzustrecken: „Dich wird der Blitz noch beim Scheißen treffen, Du Badehosenuntauglicher Wicht!“ Auf den letzten Metern zu meiner Homebase entkleidete ich meine grauen Zellen des platten symbolistisch aufgeladenen Naturalismus und dachte wieder in politischen Kategorien. Dieser Turm ist ein faszinierendes Industriedenkmal und verleiht der später wahrscheinlich 08/15 aussehenden Wasserstadt, Häuschen hier, Gärtchen da, Spießer rechts, Spießer links, ihre Einzigartigkeit.
Der Turm muss renoviert werden, was über eine Million kosten dürfte. Das muss die Stadt übernehmen, weil der Investor Papenburg, der das Gelände von der Stadt gekauft hat, sich weigert, das zu investieren. Das alte Lied: Die Verluste werden sozialisiert, die Gewinne privatisiert.
Warum trifft solche Leute nicht mal der Blitz beim Scheißen?
Zuhause angekommen, war ich mit mir und der Welt im Reinen. Ein Wolkenbruch ergoss sich über meinem Garten. Giessen brauchte ich auch nicht mehr. Ich knabberte Schokoladentörtchen und schlürfte weißen Port von Niepoort, eine Offenbarung. Ab Morgen würde ich auf dem direkten Weg eine Badehosentaugliche Figur ansteuern und mir übermorgen eine Badehose kaufen.

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