19.06.2016 – Ihr Völker der Welt, schaut auf diese Partei

Es gibt Reden, die Geschichte machten und die in jedem Rhetorikseminar als Anschauung dienen. Catos “Ceterum censeo …“ über die Zerstörung Karthagos, Churchill’s “Blood, Seat and Tears” über den Krieg gegen Nazi-Deutschland und Ernst Reuters “Ihr Völker der Welt, schaut auf diese Stadt …” zum Auftakt des Kalten Kriegs in Berlin. Dazu zähle ich auch noch mein „Tweddle Tee and Tweedle Dum“ anlässlich der vom SCHUPPEN 68 durchgeführten Umbenennung des hiesigen „Marktplatz“ in „Marxplatz“, aber das wird ja von der bürgerlichen Geschichtsschreibung nach wie vor totgeschwiegen.
All diese Reden kulminieren in dem einen Satz, der Geschichte für die Ewigkeit nachklingen lässt. Genau dieser Satz ist es, er macht den Mythos. Ernst Reuters Satz ging mir durch den Kopf, als ich beim letzten SPD Sommerfest auf den Stufen des Wilhelm-Busch-Museum auf das bunte Treiben schaute.
SPD Sommerfest
Alles was Rang und Namen hat, war da. Ich auch. Ich hab auch einen Namen und zwar meinen eigenen. Mir wurde auf den Stufen des Museums klar, dass ich Zeuge des Schwanengesangs einer ehemaligen Volkspartei war, die sich ohne Not durch eigenes Verschulden zerschrotet hatte. Ich empfand das in diesem Moment als tragisch, nicht aus Liebe zu dieser Partei, meine Liebe ist rar gesät, sondern beim Gedanken daran, was die Alternative zur SPD ist. Die für Deutschland und ähnliches Gesindel. Gruselig. Mich erinnerte dieser Moment an Reden zum 1. Mai, die ich früher auf Einladung des DGB in kleineren Orten unserer Region gehalten habe (Reden, Rhetorik, wir erinnern uns, Cato, Churchill und Ich, das sind die großen Drei). Es war immer die gleiche Geschichte: In einem Jahr Kundgebung auf dem Marktplatz, im nächsten drinnen, weil es sonst zu peinlich gewesen wäre und im übernächsten fiel die Mai-Feier mangels Masse aus. Schwanengesang der Arbeiterbewegung. Deprimierend. Der Fortschritt ist offensichtlich eine Schnecke im freien Fall.
Das alles ging mir auf dem Sommerfest – mit excellenten Weinen, Bio-Fleisch und Veganem vom feinsten – durch den Kopf. Was wie immer aufheiterte, war die Kunst. Ich machte ein weiteres Foto, um für ein Seminar Anschauungsmaterial zu haben dafür, wie man manipuliert, ohne zu fälschen.
SPD Sommerfest2
Auch SPD Sommerfest – anderer Blickwinkel, anderer Zeitpunkt.
Ich hätte ohne zu lügen nur dieses Bild veröffentlichen können. aber mit der Textzeile:
SPD Sommerfest – so trostlos wie die ganze Partei.
Manipulation.
Da haben Sie, liebe Leserinnen, aber wieder einiges hier im Blog gelernt. Ich würde zu gerne darüber ein Extemporale schreiben lassen. Stattdessen wünsche ich Ihnen, liebe Leserinnen, einen charmanten und sonnigen Wochenbeginn.
Bevor ich es vergesse, hier ist das nicht bearbeitete Original …:
SPD Sommerfest3

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