12.07.2016 – Hass

Glühender Hass wälzte sich unlängst gleich Lava durch mein Gemüt. Sanftmütig bin ich sowieso nicht und jeder Verbalrauferei sofort zugänglich, aber das ich coram publico ausraste und anfange rumzubrüllen, kommt nicht alle Tage, derer noch nicht Abend ward, vor. Und das kam so: In Berlin läuft zur Zeit die Biennale, für den Kunstafficionado (afficionada?) ein must have. Bestandteil der diesjährigen Biennale ist die Feuerle collection, eine der immer zahlreicher werdenden Privatsammlungen in Berlin. Da kriegen sie genug von der Droge, nach der alle Kunst giert: Aufmerksamkeit. Ich suchte die Location verzweifelt, ich war vorher bei einer am Pariser Platz gewesen, da war die Biennale mit Bannern, Wimpeln, Schildern gut ausgeschildert. Ausschilderung ist ja eh in meiner Theorie die Grundlage jeder Zivilisation. Hier nichts, mit einem schüchternen Asiaten im Schlepptau irrte ich über ein unübersichtliches Gelände, durch einen riesigen Bunker mit zig Türen, immer durch die falsche, überall lagen Skelette von Leuten, denen es so ergangen war wie mir und die nicht diesen titanischen Überlebenswillen hatten. Nirgendwo der kleinste Hinweis.
feuerle collection
Doch, ein Hinweis, ca. 10 cm hoch.
Nach Monaten endlich an der Kasse, mittlerweile halb Japan im Schlepptau, ich war nicht auf 180, ich war auf 360. Unglücklicherweise war der junge Mann an der Kasse einer jener Kunstschnösel, die glauben, sie hätten „es“ geschafft, nur weil sie in so einem Kunstbunker die Karten abreißen oder das Klo sauber machen dürfen. Auf meine Ansage, dass das die unprofessionellste Ausschilderung der letzten 30 Jahre sei, die ich gesehen hätte, ließ er sich wie folgt ein: „Vielleicht ist das so gewollt?“ Ich war auf 540: „Schon mal was von inklusiver Kunst gehört?“ – „Was soll das denn sein?“
Dummheit, dein Name ist Kartenabreißer und meiner ist LAUTSTÄRKE:
„Es gibt Menschen mit Behinderungen, die es vielleicht nicht so drollig finden, umsonst über Feuerleitern und Baugruben zu klettern.“ (Das ist nur der Teil meiner Einlassungen, die mich in positivem Licht erscheinen lassen). Kartenabreißer:
„Mann, Alter, komm mal wieder runter.“
Da aber geschah es, dass sich glühender Hass gleich Lava durch mein Gemüt wälzte, ich meine Stimme erhob wie weiland Stentor und ich den jungen Kartenabreißer frug, ob wir weiland zusammen Schweine gehütet hätten und damals das „Du“ als allgemeine Kommunikationskonvention vereinbart hätten. Meine Japaner, eher klassische Harmoniesucher, hatten längst das Weite gesucht und aus den Tiefen des Bunkers strömte allerlei Besuchervolk herbei. Ich habe eine wirklich sehr laute Stimme.
Mir war der Auflauf scheißegal, da bin ich bei meinen Performances in der Öffentlichkeit ganz anderes gewohnt. Der Kartenabreißer schien eher unfroh.
Die Kunst im Bunker ist übrigens postmoderner Mist, aufgepimpt mit strukturalistischem Kunstblabla. Und ich hasse Privatsammlungen. Machen auf dicke Hose, um ihren Namen der Welt zu hinterlassen und für die Folgekosten muss der Steuerzahler aufkommen, siehe Sprengelmuseum bei mir um die Ecke.
Das Einzige, was mich übrigens am Pariser Platz gestört hatte, war meine Begleiterin.
selfie
Dauernd machte sie Selfies.
Peinlich.

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