23.07.2016 – Früher war alles besser.

Sowieso. Die Steigerung dieses Spießerdiktums wäre: früher war alles. Heute scheint alles nur noch und selbst das ist nicht sicher. Schwere Gedankenkost an einem erfrischenden Samstagmorgen, wo Regenschauer die selbst in meiner Wohnung vorhandene schwülstickige Luft vertrieben haben. In meiner Wohnung wird es eigentlich nie über 25 Grad, verschattet und direkt über Keller: Für die Heizkosten im Winter kann ich mir ne Zweitwohnung am Prenzlauer Berg kaufen, aber in heißen Sommern ist das eine Labsal. Wenn die Klimakatastrophe so fortschreitet, werde ich mein nach Norden gelegenes Arbeitszimmer für teures Geld an Hitzeflüchtlinge vermieten. Dann brauch ich nicht mehr zu arbeiten, kann das Zimmer also weg.
Schreckliche Vorstellung. Schnell weg aus dem Kopf, aber ich hatte keine Lust, diesen komplexen Gedanken vom Anfang weiter zu verfolgen. Da landet man ja ruckzuck bei Platos Höhlengleichnis und wer will das schon.
pfauenauge
Früher war alles besser. Da hatten wir im Garten noch ganze Schwärme von Pfauenaugen und Admirälen, die den Schmetterlingsflieder bevölkerten. Wenn man vorbeiging, stoben Wolken von ihnen empor. Heute bin ich froh, wenn vier, fünf da rumflattern, flankiert von zwei, drei Zitronenfaltern. Kann man nach dem Terroranschlag in München mit 10 Toten so leichthin seinen Blog schreiben? Man muss es sogar, als Autoimmunisierung. Außerdem gilt:
Wer vom aktuellen Terror redet, darf vom Kapitalismus nicht schweigen. Die rasenden Verfalls-Zustände in der Gesellschaft und in den Köpfen der Individuen kann man nur mit den Kategorien von Kapitalismuskritik erfassen. Was nicht bedeutet, dass der böse Kapitalismus an allem schuld ist. Selbstverantwortung gilt trotz allem, für Gesellschaften und Individuen. Ich kenne keinen ethischen Ansatz, der sagt: wenn der Kapitalismus dich nervt, gehe hin in alle Welt und richte Terror an.
Wenn er Dich nervt, setze Dich für seine Abschaffung ein. Das wäre ok, steht aber nicht auf der Tagesordnung. Im Gegenteil: Die Welt geht zunehmend aus den Fugen und den Bach runter. Da zitiere ich mich mal wieder selbst, hoffe aber, dass ich damit ähnlich richtig liege, wie bei meinen Wetten zur Fußball EM und bei den Lottozahlen, nämlich komplett daneben.
Es hört gerade auf zu regnen. Das Tagwerk ruft. Ich hör dann mal auf zu schreiben…

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