26.07.2016 – Über die Schwierigkeiten beim Nichtgrüßen

Das Nichtgrüßen ist eine der schwierigsten Herausforderungen sozialer Interaktion.
Ich habe mit kaum jemanden soviel Zoff gehabt, dass ich ihn oder sie bewusst und voller Inbrunst nicht grüße. Das ist kein Problem, das Problem war dann der Weg dahin.
Schwierig ist das kleinteilige Nichtgrüßen, also eher flüchtige oder ehemalige Bekannte, gar Freunde, von schlimmerem ganz zu schweigen, von denen man wünscht, sie wären Unbekannte. Unangenehme Zeitgenossen, dämliche, lästige, nichtige, was weiß ich. Es gibt viel mehr Gründe, jemanden nicht zu grüßen als umgekehrt.
Am anstrengendsten ist es, wenn man jemanden zum ersten Mal nicht grüßt. Wohin guckt man? Wie lässig-unangestrengt guckt man? Welche Körperhaltung? Soll der andere es merken? Das ist die Königsdisziplin des Nichtgrüßens, es den Anderen merken zu lassen, dass man ihn nicht grüßen will! Anstrengend.
Ein Ausgleich für mich sind dann die Menschen, die mich nicht grüßen wollen, ich das merke und denen dann die Tour vermassele (Ein Ausnahmefall ist der Fall, wo sich beide Nichtgrüßende gegenseitig nicht aufs Fell gucken können und sich nonverbal einig sind).
Ich nehme da mal den Sonderfall, wo Leute mir noch Geld schulden und im Zweifel schon mal die Straßenseite wechseln oder angestrengt beiseite gucken. Normalerweise bin ich mit dem Rad unterwegs, das macht die Situation etwas erträglicher, weil flüchtiger. Da brülle ich dann schon mal quer durch die Gegend:
„Ey. Alter, was macht meine Kohle?“
Da ich die in solchen Fällen eh nie wieder sehe, betrachte ich das als immaterielle Rückzahlung des Schuldners, durch die ich meinen Spaß hatte. Bin ich ein Arschloch? Manche sagen so, manche so.
sgraffito
Außergewöhnliche Werbung, gesehen in Neukölln. Das ist Sgraffito Technik, bei der der Bildgegenstand in Putz geritzt wird. Eine Technik aus der Renaissance, deren Begriff die Grundlage für den Begriff „Graffiti“ bildete, was kompletter Blödsinn ist, da Graffiti keine Materialabtragende Technik ist.
sgraffito 1
Vergrößerung. Hoffentlich steht das Haus unter Denkmalschutz. Diese Technik ist so selten, dass ich mich nicht erinnern kann, sie irgendwo im modernen Stadtbild schon mal gesehen zu haben.
Einen schönen Tag, liebe Leserinnen, und denken Sie dran, mich zu grüßen, wenn wir uns sehen!

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