22.10.2016 – Brandgefährlich

rapefugees
Graffiti „rapefugees“. Gesehen in Kassel, auf dem Freigelände der Documenta. „Rapefugees ist ein Schachtelwort aus den Bestandteilen „rape = Vergewaltigung“ und „refugees = Flüchtlinge“. „Rapefugees“ ist ein Claim der rassistischen Pegida Bewegung.
Um zu verstehen, wieso dieses Graffiti so brandgefährliche Wirkung haben kann, muss man über reine Ideologie- und Semantikkritik zu den Mitteln der Ikonographie greifen, also der Analyse, warum bestimmte Bilder- und Zeichenfolgen Wirkung erzielen. Das Gefährliche an der Zeichenfolge dieses Graffiti ist, dass sie intelligent konstruiert ist im Vergleich zu beispielsweise „Kanaken raus“ und dass sie das Medium Graffiti benutzt, also ein eher „linkes“ und „künstlerisches“ Medium, das zumal offensichtlich bewusst in den Ortzusammenhang der Documenta gesetzt wurde. Die Gegend da besteht fast ausschließlich aus Kulturorten, Verortungszusammenhängen des gehobenen Bürgertums. Einer Klientel, die in Teilen zunehmend verunsichert, verängstigt reagiert und mittlerweile derart aggressiv im öffentlichen Diskurs, dass sie ihre vermeintlich gute Kinderstube vergisst. Man braucht sich in der Praxis nur anzuhören, wie in „besseren“ Wohngegenden die Verbalsau (und nicht nur die) durchs Dorf getrieben wird, wenn da in der Nähe eine Flüchtlingsunterkunft eingerichtet werden soll. Da wird die gute Kinderstube zu dem, was sie eigentlich ist, ein Ort unterdrückter Obsessionen, Aggressionen, Neurosen, kurz, alles, was seit Ibsen, Strindberg, Freud et. al. bestens bekannt ist
Wenn solche Bilder wie das Graffiti auf nicht zu leugnende reale Erfahrungen stoßen wie in Leipzig, auch und gerade in linken Zusammenhängen, sind sie schleichendes Gift.
Ein Bild sagt mehr als 1.000 Worte. Oder, um mal den gehobenen Bildungsbürger in mir an die Luft zu lassen: Mene mene tekel upharsin. Das Unheil steht an der Wand geschrieben.
Was tun? Eigene Bilder entgegensetzen. Hier ein eher zufällig entdecktes auf meiner „Mauer zwischen Arm und Reich“ bei einer Veranstaltung des Sozialministeriums in Lüneburg:
die mauer muss weg in lüneburg
Dialog:
Präsentation: „Was braucht es für „Wir schaffen das“?“
Mauer: „Die Mauer muss weg!“
Na dann mal ran, liebe Mauerspechtinnen.

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