03.01.2017 – Überzeugend, aber weitgehend faktenfrei

grabschmuck
Grabschmuck auf dem Wochenmarkt – im Sonderangebot. Und zwar nicht vor Allerseelen. Das hat was skurriles. Ich hab zugeschlagen, man weiß ja nie und Nelken sind eh meine Lieblingsblumen. Arbeiterbewegungsromantik. Außerdem wird es wieder kalt und es fehlt noch Abdeckmaterial für die Rosen auf meiner Veranda. Das ist bei mir immer ein Pokerspiel, welche Pflanzen den Winter überleben. Ich bin nicht so der Kleingärtner, dass das Grünzeug jedes Jahr bei mir Garten und Veranda zu einem locus amoenus, einem Ort des Wohlgefallens, macht, liegt eher an der Natur als an mir. Diesen Frühjahr versuche ich mal Rollrasen, mein Rasen sieht selbst in meinen Augen trostlos aus. Ich hab mal welchen gesät und damit die verdammten Amseln nicht die ganzen Samen wegpicken, hab ich ein Vogelschutz-Netz drüber gespannt. Als der Rasen höher war, hab ich das Netz abgezogen. Leider war der Rasen in das Netz reingewachsen und die ganze Rasenfläche klebte am Netz.
Ich hasse Arbeiten an und in der Natur. Bin ich Robinson? Oder Adam? Oder Gärtner? Die Natur hat dem Menschen per se und a priori untertan zu sein. Das nennt man Zivilisation.
Der liebe Gott hat den Hausgarten zum Grillen gemacht und nicht zum Rasenmähen. Wenn er Rasenmähen gewollt hätte, hätte ich Rasenmäher-Messerbalken an den Füßen.
Integraler, ja regelrecht konstituierender Bestandteil von Zivilisation ist Kunst. Der Mensch muss sich entscheiden: Kunst oder Kleingarten. Esprit oder Mulch. Geist oder Gülle.
konnektor
Kunst – mitunter muss man genauer hinschauen – Galerie konnektor, zwei autonome Steinwürfe von meiner Homebase entfernt.
konnektor 2
Rauminstallation, charmant. Auch wenn hier das Prinzip waltet „Eigentlich kann das weg, aber wir machen mal Kunst draus“: Es kommt immer darauf an, wie man es macht. Die Kunst der Komposition ist Komposition der Kunst. Umgekehrt gilt das Gleiche.
Zu meinem Job gehört Öffentlichkeitsarbeit, PMs mit trostlosen Tenor wie: „Die Spaltung der Gesellschaft zwischen Arm und Reich nimmt immer mehr zu“ und dazu Interviews mit den Medien. Natürlich auch mit dem nichtkommerziellen Bürgerfunk, den es in Niedersachsen in jeder Region gibt. Neulich bedankte sich einer bei mir, dass es mit einem Interview spontan und ohne Vorbereitung geklappt hätte (wofür ich nach meinem Verständnis auch bezahlt werde).
Aber nett fand ich das schon und als Kind von Gegenöffentlichkeit bin ich dem Bürgerfunk ohnehin zugetan, also erwiderte ich fröhlich:
„Kein Problem, und wenn Ihr wieder mal Interviews braucht, meldet Euch. Egal, zu welchem Thema.“
Es war als Scherz gemeint, aber tief innen meinte ich es auch so. Außer zur Quantenmechanik und zur Funktion eines Automotors kann ich in beliebiger Länge zu jedem Thema spontan, anregend und überzeugend, aber gerne auch weitgehend faktenfrei, ein Interview geben.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert