04.08.2017 – Breitbeinige Männer mit verseuchten Eiern

breitbeinige männer
Hannoversche Allgemeine, 02.08.2017
Damit Zivilisation und Kapitalismus funktionieren, muss unsere ursprüngliche Natur gezähmt werden. In uns allen lagert daher eine dicke Schlacke von Pflichterfüllung, Ordnung, Disziplin, Triebverzicht, Ratio über einem Rest glimmender Glut von anarchischem Begehren nach wilder Freiheit und schierem Wahnsinn. Bei den meisten dürfte die Glut völlig erloschen sein, aber bei ganz Wenigen in seltenen Momenten bricht sie durch, züngelt wild und lustvoll für Zeit-Bruchteile durch den Alltag, oft hinter dem Rücken aller Beteiligter, unbewusst.
Ich merk sowas aber sofort. Als ich obige HAZ aufschlug, wusste ich: Diese Überschriften-Montage ist einer jener seltenen Momente, dieses Mal beim Allgemeine-Säzzer (so nannte man das früher, als noch in Bleilettern gesetzt wurde. Deswegen kriegten Drucker und Setzer, die intellektuellen Speerspitzen der früheren Arbeiterbewegung, auch immer kostenlos Milch am Arbeitsplatz zur Bleiabsorption). Jaaa, Genosse Säzzer, knall der kapitalistischen Fratze die Montage-Faust der verseuchten Eier in die breiten Männerbeine. Auf der Titelseite! Nur die Montage bringt die nackte Wahrheit ans Licht! Wie hieß es doch anno 68 bei den MC 5: Kick out the jams! (Hier in der gezähmten 69er Version)
Was die heutige Jugend, die, wie wir wissen, nichts taugt, übersetzen würde mit: „Tretet die Marmelade wech!“ Wobei ich meine Neffen und Patenkinder da ausnehme. Mit diesem überaus gelungenen Teil der Jugend werde ich das hiesige Fährmannsfest frequentieren, das nach Hochwasser-Überflutung aussieht wie eine Mischung aus Woodstock und Wacken, nämlich verschlammt ohne Ende.
wacken-II
Wacken II.
Bin mal gespannt, ob sich die heutige nichts taugende Jugend nachher da wie weiland die Hippies in Woodstock nackt im Schlamm wälzt. Ich hab meine Kamera dabei und halte Sie, liebe Leserinnen, auf dem Laufenden. Bleiben Sie drin, stay on tune!
Ungerecht finde ich diese dauernden Jahrhundert-Unwetter insofern, als ich zunehmend direkt davon betroffen werde. Dabei bin ich einerseits kein Öko, hab andererseits aber auch einen für BRD Verhältnisse minimalen Öko-Fußabdruck. Ich hab also mit diesem ganzen Klima Kram nichts zu schaffen, ich halte mich da raus. Und trotzdem fliegen in meinem Lieblingspark, dem Körnerpark in Neukölln, so wie gestern dauernd die Bäume um. In Berlin ist der Ausnahmezustand die Regel. Falls Sie, liebe Leserinnen, nichts mehr von mir hören, ich bin nächste Woche in Berlin…. Behalten Sie mich & diesen Blog dann so in Erinnerung, wie ich es gerne hätte.

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