15.08.2017 – Frisch verliebt im Wahlkampf

frisch verliebt
Eines Morgen stand sie da, in meiner Küche, und eroberte mein Herz im Sturm. Im Nachhinein betrachtet war sie schon ein Luder, die wusste, wie man Männer um den Finger wickelt. Eine Mischung aus Lulu und Carmen, nur ohne deren mörderische Konsequenzen (warum müssen Männer, wie Wedekind und Bizet, in ihren Werken die Frauenheldinnen eigentlich dauernd ermorden?). Sie schmiegte sich bei jedem Schritt von mir derartig an meine Beine, dass ich kaum gehen konnte, brummte und schnurrte, dass es eine Wonne war. Und dieser Blick und dieses klägliche Miauen. Wer könnte da widerstehen? Ich überhäufte sie in den ersten Tagen unserer jungen Liebe mit Leckerlis, die ein Vermögen kosteten Die Geschichte ging nicht gut aus. Sie hat einen Chip mit Besitzerangaben. Es brach mir das Herz. Nie werde ich sie vergessen. Meine Liebe wird ewig währen.
Aber vielleicht kommt ja mal wieder eine Neue. Der Garten ist groß und die Wege des Herrn resp. der Frau sind unergründlich.
Ich aber beschloss, mich der Politik zuzuwenden. Was nicht schwierig ist, schließlich ist Wahlkampf. Bundestagswahl am 24.09 und Landtagswahl Niedersachsen am 15.10, vorgezogen auf Grund des schnöden Verrats einer grünen Abgeordneten. Ich hörte am Tag nach ihrem Verrat ein Interview mit ihr im Deutschlandfunk, ich habe selten ein derartiges Gestammel, dauernd unterbrochen von nervösem Hüsteln, gehört. Mich erinnerte sie an Lady Macbeth, die mit ihrem Verrat nicht glücklich wurde. Um genau zu sein, sie wurde wahnsinnig. Vermutlich aber wird der Judaslohn hoch genug sein, um die Wunden bei Frau Twesten zu heilen.
Ich werde in beide Wahlkämpfe intervenieren, mit öffentlichen Aktionen, Videos, Kunst, Medienarbeit. Das gehört zu meinem Job, ich würde das aber auch so machen. Die Zeiten, in denen sich ein undogmatischer Linker genervt aus den Niederungen der Alltagspolitik, wie Wahlen, heraushalten konnte, sind vorbei. In den goldenen Zeiten des Kapitalismus, in den 60ern und 70ern mit Ausbau des Sozialstaats und Anwachsen der Lohnquote, spielten verwöhnte Bürgerkinder noch Revolution mit Ringelpietz und Anfassen, da konnte man noch ohne schlechtes Gewissen am Wahltag mit Kater-Kopf im Bett verbringen. Kaum wurde der Gegenwind damals etwas heftiger, war Schluss mit Kindergartenlustig. Der Gang der Geschichte ist bekannt.
Mittlerweile erodiert die Gesellschaft von der Mitte her. Das ständige Getröte „Uns geht es so gut wie nie, weiter so“ erinnert an das Pfeifen im Walde. Das ist keine Zustandsbeschreibung, das ist Angstsymptom. Die Bürgerkinder von früher, die heute Bürgereltern sind, wissen, dass ihre Bürger-Brut auf dem absteigenden Ast sitzt, einem absteigenden Ast, an dem alle kräftig sägen. Die von Psychopharmaka nur notdürftig gedämmte Wut kommt aus der Mitte und richtet sich gegen das Außen. Sach ich mal als Kassandro (für alle mit Abitur vom zweiten Bildungsweg: männliche Form von Kassandra).
Und was soll man da machen? Dazu demnächst mehr. Ich muss jetzt ackern. Der Wahlkampf ruft. Aber bleiben Sie drin, liebe Leserinnen!
Und was bleibt, wenn alle Stricke reißen? Entertainment:
potsdamer-platz
The bright lights of the cities.
Potsdamer Platz Berlin, bei Nacht.

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