
Auch wenn es mal abermals nur diese einfältige Mauer am 11.10 war, Adrenalin & Endorphin waren wieder meine Schwestern.
Abergläubig bin ich nicht. Aber natürlich habe ich Glückszahlen und Rituale, die ja nichts weiter als quasisakrale, zwanghaft glückbeschwörende Handlungen sind. Vor öffentlichen Auftritten zum Beispiel, egal ob Kabarett, Reden, Performances, sage ich jedes Mal, wenn ich zum Abflug die Klinke der Haustür in der Hand habe, laut: Rock ‘n Roll. Kitschiges Uralt-Ritual aus den Zeiten der Flying Sackbarrow Brothers, wo ich vor jedem unserer fünf Auftritte fast gestorben bin vor Aufregung. Aber solche Rituale trittst Du nicht wech, wenn sie erstmal in der Welt sind. Und während ich notwendige Utensilien zusammenpacke, höre ich immer, ohne Ausnahme, „White light, white heat“, von Lou Reed. Das Stück ist Programmmusik. Da beschreibt der Komponist, was er gefühlt oder gesehen hat. Bilder einer Ausstellung von Mussorgsky ist ein klassisches Beispiel von Programmmusik.
White light, white heat hat das in Töne gesetzt, was bei öffentlichen Auftritten bei mir im Körper gerade abgeht oder abgehen wird: Die Anflutung von Adrenalin und Endorphin (Bei Lou Reed geht es natürlich um Drogen, aber das Prinzip ist exakt das Gleiche, Endorphin ist ja endogenes Morphin). Je nach Größe des Events ist bei mir trotz aller Routine die Stressanflutung mitunter heftig und je nach Erfolg die Glücksanflutung mitunter göttlich.

Diese Aktion mit der Mauer vor dem Landtag gehört zu meinem Job, Öffentlichkeitsarbeit im Vorfeld der Landtagswahl am 15.10, um das Thema Armut in die Öffentlichkeit zu transportieren und die sozialpolitischen Forderungen der Landesarmutskonferenz LAK zu präsentieren (Fotos: Plüß. Der coolste Typ im Land, das ist der Praktikant 😉 ). Wenn ich dafür am Schreibtisch hocken bleibe und irgendeine dröge ellenlange Pressemitteilung an Gott und die Medienwelt schicke, ist der Effekt gleich Null. Das interessiert kein Schwein. Der Erfolg meiner Arbeit bemisst sich in diesem Fall also vorrangig an der Medienresonanz.

Die Medien kamen, siehe oben. Die Aktion war lustig, es gab wieder jede Menge Impro Theater mit Passanten, denen die ganze Richtung nicht passte, das LAK Kollektiv arbeitete wie eine Präzisions-Nähmaschine zusammen, und Thomas Schremmer (mit dem Hammer), seines Zeichens sozialpolitischer Sprecher der Grünen Niedersachsen, kriegte was von der Medienresonanz ab. Gut – weil er unsere Arbeit unterstützt wie kein anderer und weil er ein Politiker ist, dem man nicht anmerkt, dass er einer ist. Und weil er mich spielend unter den Tisch bechert. Was das Beste ist, was ich über einen Politiker sagen kann.
Da hatte ich sie also wieder beisammen, my sweet little sisters Adrenalin & Endorphin.
Beide waren schon mal wesentlich größer, aber immerhin. Oder um mit Ry Cooder zu sprechen: Little sister, don’t you do, What your big sister done.
Wobei ich das dunkle Gefühl habe, dass Mr. Cooder was anderes als ich meinte ….
13.10.2017 – Freitag der 13. – ohne Adrenalin & Endorphin
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