28.10.2017 – Wir leben in einer Leistungsgesellschafft. Und die Erde ist eine Frisbee-Scheibe.

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Ich war kürzlich ein paar Tage um Süden. Das Wasser in der Bucht, die gemalt man als kitschig bezeichnet hätte, so märchenhaft ist sie, war 23 Grad warm, der Wind streichelte sanft die Wassertropfen vom Körper, meine Zehen bohrten sich lustvoll in den feinen weißen Sand eines strahlend türkisfarbenen Meeres – kurz, es war 5 vor Paradies. Vom schlechten Gewissen des mitunter von einer kargen protestantisch-kapitalistischen Arbeitsethik Gebeutelten, redete ich mir vermeintlich gut zu: „Das hast Du Dir verdient, Du hast die letzten Jahre hart gearbeitet und darfst Dir auch mal zweimal Urlaub leisten.“
Mal abgesehen von meinem Privat-Gedöns, war ich damit in die Falle der Leistungsgesellschaft-Ideologie getappt, nach der wir eben in einer Leistungsgesellschaft leben und nur der sich was leisten darf, der entsprechendes geleistet hat.
Wenn wir in einer Leistungsgesellschaft leben, bin ich Immanuel Kant und die Erde ist eine Frisbee-Scheibe.
20 Prozent aller Menschen in Deutschland können sich überhaupt keinen Urlaub leisten, 40 Prozent aller Alleinerziehenden (fast alles Frauen).
25 Prozent aller Beschäftigten arbeiten im Niedriglohnsektor mit ca. 10 Euro Stundenlohn, da liegt man in Steuerklasse 1 netto nicht sehr weit über der Armutsgrenze – bei Vollzeit wohlgemerkt. Wie sollen die sich bei explodierenden Mieten in den Ballungsräumen jemals auch nur eine Woche Malle leisten können.
Zeitarbeitnehmerinnen, Hotel und – Gaststättenbeschäftigte, Kurierdienstfahrer, Menschen, die froh wären, wenn sie den Mindestlohn von 8,84 Euro pro Stunde bekämen, obwohl sie sich mitunter regelrecht krank arbeiten, die alle leisten extrem viel und können sich nichts leisten.
Im Gegensatz zu den Milliardenerben der Quandts, Flicks, Schäffers, Oetkers, Aldi Albrechts etc. pp., to be continued, die nicht nur absolut nichts leisten, sondern obendrein jedes Jahr bis zu 100 Mrd. Euro Steuern hinterziehen und sich trotzdem allen Luxus dieser Welt leisten.
Wir leben ganz bestimmt nicht in einer Leistungsgesellschaft, wir leben in einer Erfolgsgesellschaft, in der nach Art der Raubritter die, die Macht haben, den Rest ausplündern. Eine feine Gesellschaft.
Jetzt hab ich mich schon wieder so aufgeregt, dass ich glatt nochmal urlaubsreif bin.
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Hoffentlich besänftigt mich das Bild des Zickleins, das direkt hinter mir in der Bucht graste.

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