22.04.2018 – Wäre Rechthaben olympische Disziplin, hätte ich schon ein Dutzend Goldmedaillen.

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Blick auf die Akropolis. Dieses Nizza-Foto vom Park hinter dem Mamac ist zweifellos drollig. Soviel Selbstbewusstsein, einen derartig gruseligen Betonklotz „Acropolis“ zu nennen, muss man erstmal haben. Auf dem ja auch in fröhlicher Kumpanei der Blick des Betonkopfes harrt. Bei dessen Anblick mich ein Blitz der Erinnerung durchzuckte.
halz
Den Betonkopf hatte ich 2003 schon einmal auf der Titelseite der HALZ Nr. 1 platziert, als Symbol für einen Widerstand, der so hart wie Beton sein soll.
2003 hatte ich, gemeinsam mit Anderen, das Projekt HALZ – Hannöversche ArbeitsLosen Zeitung ins Leben gerufen, als direkte und intervenierende Antwort auf die Agenda 2010. Die HALZ sollte Erwerbslose zum Widerstand gegen die Agenda 2010 mobilisieren. Sozialer Widerstand braucht viele Voraussetzungen, um wirksam zu werden, da reicht die verbindende Idee allein nicht, es braucht unter anderem auch Medien, zur Verbreitung, als Kristallisations- und Identifikationszentrum und als Möglichkeit selber – schreibend – aktiv zu werden. Die HALZ war ein Versuch. Das klappte auch ganz gut, viele Erwerbslose machten mit, und verteilten das Blatt mit Aktionen vor dem Arbeitsamt.
Die Finanzierung der HALZ war ein Brachialakt. Da die IG Metall als Facharbeiterverein für Kernbelegschaften sich für die Interessen von Prekären und Erwerblosen einen feuchten Kehricht interessierte, musste ich als Delegierter „meine“ IG Metall regelrecht mit Insiderwissen erpressen, um bei denen Kohle dafür locker zu machen. Da die IG Metall damals teilweise noch eine Ansammlung von stalinistischen Betonköpfen war, hat mir das mitunter regelrechten Hass von denen eingetragen. Für den Streetfighter in mir war diese Konflikt-Inszenierung ein regelrechtes Gabelfrühstück, dessen einzelne Gänge mein Performance-Herz höherschlagen ließ. Als Gewerkschafter hatte ich für das Verhalten der eigenen Organisation nur Verachtung übrig. Das Projekt hatte ich im Rahmen eines Jobs bei der damaligen Werkstatt Hannover initiiert, eine SPD Filzveranstaltung, die selbst für hannöversche Verhältnisse derartig zum Himmel stank, dass es in der Folge zu Prozessen und Abwicklung des Ladens kam.
Mit was man so alles kontaminiert wird, wenn man sich gemein macht ….
Was mir als notorischem Rechthaber gefällt an der HALZ oben, ist die Trefferquote meiner Einschätzung der Gewinner und Verlierer der Agenda 2010. Bei der Konjunktur habe ich komplett danebengelegen, bei der Arbeitslosigkeit, insofern als die offizielle Quote gesunken ist. Betrachtet man Arbeitslosigkeit unter dem Aspekt der prekären, nicht Existenzsichernden Beschäftigung, die seitdem regelrecht explodiert ist, habe ich auch da recht behalten. Was die SPD und alles andere angeht: jeweils ins Schwarze. (Die Wahl 2006 wurde auf 2005 vorgezogen und leitete den schleichenden Untergang der SPD ein).
Wäre Rechthaben olympische Disziplin, hätte ich schon ein Dutzend Goldmedaillen.
Drauf geschissen.
Einige von den Leuten, die an dem Projekt mitgearbeitet haben, sind mittlerweile tot. Und daran war mitunter Arbeitslosigkeit und Ausgrenzung mit Schuld. Arme Männer sterben 11 Jahre früher als ihre normalsituierten Geschlechtsgenossen. Arme Frauen ca. 7 Jahre, wer für die Aufzucht der Brut verantwortlich ist, muss widerstandsfähiger sein.
Wahrlich, wahrlich, ich sage Euch, es wird kommen der Tag des Zorns, und er wird hinwegfegen die, die Not und Elend über die Welt gebracht haben.
Fragt sich bloß, wer danach ans Ruder kommt.
Die Musik zum Zorn kommt heuer von Verdi, und nein, das ist nicht die Gewerkschaft. Es ist das Requiem „Dies irae“ Tag des Zorns).
Das Stück steht lässt schon das Nahen der Moderne ahnen. Mir naht ein weiterer heiterer Sommertag.
Den ich Ihnen, geschätzte Leserinnen, auch wünsche.

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