07.06.2018 – Juristenpack


Juristenpack.
Gestern, anstatt das pralle Sommerleben draußen zu genießen, warf ich den einen oder anderen Blick in das „Auge des Zyklopen“, so der Titel eines TV-kritischen Romans aus der Zeit der „Angry Young Man“ der britischen Literatur der 1960er, als Autoren – und es waren nur Männer – noch Klassenbewusstsein hatten. Die Frauen hatten auch Klassenbewusstsein, wurden aber nicht gedruckt.
Normalerweise hätte ich an solchen Abenden das nagende Gefühl, das Leben fließt an mir vorbei, aber ich war ausnahmsweise mal einfach froh, bewusstseinslos abzuhängen. Die letzten Monate hatten mitunter eine Überdosis Leben. Und so genoss ich ein paar Bilder des Blockbusters „Jurassic World“. Das Bewusstsein lässt sich aber selten ganz ausschalten und so gingen mir zwei Dinge durch den Kopf: Die ingeniöse Postkarte des Kollegen Sievers von 1994, als Jurassic Park das erste Mal angesagt war (siehe oben, kann bei mir bestellt werden). Und die Frage, warum dieses Blockbuster Format so überaus erfolgreich ist. Eine wesentliche Funktion aller Hollywood Schinken ist Eskapismus, also die mentale Entlastung von den Mühen und Plagen des Alltags, die innere Flucht in andere Welten, auf ferne Inseln…Dieser Mythos wird allerdings mit dem Jurassic Topos kräftig dekonstruiert, dessen Moral lautet: Wer sich auf einsame Inseln begibt, kommt darauf um.
Zu weiteren Gedanken hatte ich allerdings keine Lust, das können Sie, liebe Leserinnen, übernehmen. Mir fiel nur angesichts der obigen Postkarte ein und auf, wie sich meine Sicht auf das Recht und dessen Wesen verändert hat in den letzten Jahren. Hatte ich früher eher die Perspektive des „furchtbare Juristen“ in Anlehnung an die Causa Filbinger, jenes furchtbaren Nazi-Juristen, der nahtlos nach dem Kriege Karriere als Ministerpräsident in Baden-Württemberg machte, so sehe ich heute das Recht und seine Vertreterinnen als stärkstes Bollwerk gegen gesellschaftlichen Verfall. Vor allen Parteien und natürlich auch vor der Zivilgesellschaft, die nichts anderes ist als eine Rotte Wölfe, die opportunistisch mit dem jeweiligen Zeitgeist und den Alphatieren den Mond anheult und im Zweifel übereinander herfällt. Homo homini lupus. (Tun das Wölfe überhaupt?)
Wir haben natürlich eine Klassenjustiz. Aber wir haben einen Rechtsstaat. Und es waren ja nicht nur furchtbare Juristen in der Nazizeit. Es waren furchtbare Ärzte, Eisenbahner, Polizisten, kurz, es war ein furchtbares Volk und ich sehe keinen Anlass, auch bei aller Einmaligkeit des deutschen Faschismus, von dem Urteil Abstand zu nehmen, wir seien auf dem besten Wege dahin, wieder eins zu werden. Ich glaube zwar nicht, dass der Faschismus vor der Tür steht, das werden die Justiz und das Kapital verhindern. Bei der internationalen Kapitalverflechtung wäre ein deutscher Prä-Faschismus derartig geschäftshindernd, dass die Vertreter des deutschen Kapitals mit wehenden Fahnen zur Antifa überlaufen würden. Und den Sauladen mal so richtig auf Vordermann/frau bringen würden, was ich uneingeschränkt begrüße! Aber furchtbar wird es schon werden.
Wo bleibt das Positive?

Meine kleine Insel, in Form meines Gartens, der meine morgendliche Seele erquickt bei der Zählung der Johannisbeeren.
Aber glauben Sie bloß nicht, dass diese Insel frei von Grauen ist. Bei der Zählung der Insassen meines Teichs musste ich erbleichend feststellen, dass es keine mehr gibt. Shibunkin, Gründlinge, Bitterlinge – alle weg. Kannibalismus? Katzen?
Und gestern hat ein Bussard ein Eichhörnchen niedergemacht. Ein Bussard aus der Nähe ist von furchterregender Größe, alte Schwedin.
Das sind Dramen! Da sind doch Fragen nach Faschismus und Klassenjustiz höchstens primär!
Sonnige Tage und möge Ihr Leben nicht an Ihnen vorbeifließen, liebe Leserinnen.