20.07.2018 – Das Attentat vom 20. Juli und die Frage, was wäre gewesen, wenn …?


Opfer und Täter.
Ich bin froh, in einer Epoche und einer Region aufgewachsen zu sein, in der es eine bespiellos lange Zeit Frieden gab. Vertreibung, Verschleppung, Vergewaltigung, Zwangsarbeit sind schrecklich, ohne Wenn und Aber. Nach solchen rhetorischen Floskeln kommt fast immer ein Aber, so auch hier. Dieses Denkmal des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge weist eine kleine aber entscheidende Leerstelle auf: Den Hinweis darauf, dass der hier geschilderte Krieg von Deutschland ausging und alle Konsequenzen daraus in der Verantwortung der Täter liegen. Diesem Denkmal hätte ein Satz wie: „Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen“ wohl angestanden.
So ist dieses Denkmal ein empathieloses Beispiel für jenes Selbstmitleid, mit dem eine antifaschistische Aufarbeitung des Terrors, der von deutschem Boden ausging, in der Nachkriegszeit verhindert wurde. Solche Denkmäler sind Teile einer Alltagskultur, die in unserem Unterbewusstsein wirksamere Sedimente hinterließen, als alle lyrischen Beschwörungsformeln über den vermeintlich heldenhaften Widerstand von ein paar adligen antidemokratischen Offizieren am 20. Juli. Viel wirksamer als diese Sonntagspredigten sind auch all die Kriegerdenkmäler, die mitten in jeder noch so winzigen 6-Häusersiedlung ihr todessehnsüchtiges Pathos verbraten, mit Oden an Mörderbanden wie: „Den Helden zweier Weltkriege“. Famose Helden wie das 101. Polizeibataillon, die hinter der Front im zweiten Weltkrieg 38.000 wehrlose Juden ermordeten. Ordnungshüter wohlgemerkt. Keine regulären Wehrmachts- oder gar SS-Einheiten. Hinweise, geschweige denn Denkmäler, die an die ermordeten Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle etc. erinnern, habe ich in den Dörfern nie gefunden.
Das hat „unsere“ Alltagskultur, unser Bewusstsein geprägt, zusammen mit vielen kleinen Erzählungen wie die von meiner Oma auf meine Frage zum Juden Katz, der irgendwann nicht mehr als fahrender Händler in ihr Dorf im Eichsfeld kam:
„Was meinst Du, was mit dem passiert ist?“
„Den haben sie abgemurkst.“
Wörtlich, ohne jedes schuldbewusste Rumeiern oder Verdrängen. Solche Formulierung vergisst man nicht, hinter ihnen verbergen sich ganze Bände einer großen Erzählung, an deren vorläufigem Ende aktuelle Meldungen stehen wie:
„Soviel Judenhass wie noch nie im Netz.
Und was wäre gewesen, wenn das Attentat am 20. Juli erfolgreich gewesen wäre?
Vermutlich wäre der Verdrängungsprozess der Nachkriegszeit noch verheerender gewesen und wir hätten schon seit 30 Jahren sowas wie eine AfD, nur schlimmer.
Und nun zum Wetter: zur Dürreperiode in weiten Teile des Landes kommt eine Hitzewelle hinzu. Ein Thinktank des Künstlernetzwerkes SCHUPPEN 68 macht den Dürregeplagten Landwirten in Niedersachsen den Vorschlag, statt wasserintensiver Rinderzucht auf Kamele umzusteigen.
Aber auf uns hört ja wieder kein Schwein. Das wird sich bei unserer Aktion zum Sommerloch ändern.
Stay on tune!

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