05.08.2018 – Woran zum Teufel liegt das?


Blaualgenalarm an meinem Kiesteich. Korrekterweise steht da: Keimbelastung, denn das sind keine Algen, sondern Cyanobakterien, die unter bestimmten Bedingungen wie Temperaturanstieg und Sauerstoffabfall Toxine produzieren. In Berlin sollen vor Jahren mal an einem See drei Hunde vermutlich an einem davon gestorben sein, nachdem sie im See geschlabbert hatten. Das ist bedauerlich und Kinder sollten in solchen Gewässern auch nicht rumplantschen. Ich selber hatte mal einen Sommer lang eine allergische Hautreaktion auf Blaualgen, meine Haut juckte ein paar Minuten lang nach dem Schwimmen. Ansonsten schwimme ich dort natürlich weiterhin und sage mir dabei, wie im richtigen Leben: Kopf hoch. Und nicht schlucken, besser Augen zu und hinterher Duschen. „Augen zu“ sage ich im richtigen Leben natürlich nicht, im Gegenteil. Augen auf im Verkehr ist die Devise.
Aber die grundsätzliche Wirkung dieses Schildes und des rotweißen Flatterbandes (crime scene!) hat mich doch verblüfft. Nicht nur, dass in dem ganzen Teich praktisch niemand mehr schwimmt, es liegt auch, bis auf ein paar Leute, die vermutlich da wohnen, niemand mehr da. Woran liegt das?
Am Begriff „Verbot“ und der Obrigkeitstreue des hiesigen Nacktpaddlers? Ist der gemeine Anhänger des Sonnenanbeter-Kults autoritätsfixierter als der textile Taucher?
Am Flatterband, das, wo immer im TV oder Kino Mord und Totschlag stattfindet, zur dramaturgischen Grundausstattung gehört, und sich mittlerweile als Reizauslöser so in die Gene der Zuschauerinnen eingefräst hat, dass der bloße Anblick quasi-Pawlowsche Reflexe auslöst: „Achtung, hier droht Tod! Fluchtreflex einschalten!“?
Oder am Begriff „Keim“? Ähnlich wie beim Begriff „Strahlung“ herrscht vor Keimen in Teilen der Bevölkerung eine mitunter ins Hysterische lappende paranoide Panik. Man schaue sich nur die Batterien von Desinfektionsmitteln in den Drogeriemärkten an, die zwei Funktionen besitzen: sie füllen den Procter & Gamble, Beiersdorf et. al. die Kassen und senken die Resilienz bei den Anwenderinnen und deren Brut. Was um Dreckes Willen fällt in einem normalen Haushalt an Befleckung an, was sich nicht zuverlässig und billig mit Essig beseitigen ließe?
Ich wäre gespannt auf den Versuch, an ähnlichem Ort ähnliche Bedingungen zu schaffen, mit einem Unterschied:
statt des Begriffs „Keimbelastung“ steht dann der Begriff „Blaualgenbelastung“ da. (Dritte Version: das Flatterband fehlt.)
Würde das Szenario dann anders aussehen?
So aber bin ich nicht nur für dieses Wochenende mit der alles überwölbenden Frage belastet, die wir, und das ist die Moral dieser drolligen Geschichte, auf so viele aktuelle politische Entwicklungen anwenden können: Woran zum Teufel liegt das, dass sich die Menschen so verhalten, wie sie sich verhalten?

2009 hängte ich diesen Ast-Abbruch Erlass an nämlichem Kiesteich aus, der das Tragen von Helmen dort vorschrieb.

Die Presse berichtete darüber.
Meine Hoffnung, dass dort zukünftig lauter Nackte mit Helmen lägen, trog. Außer ein paar empörten Diskussionen darüber, was die in Brüssel sich immer so ausheckten, passierte nichts. Besteht also Anlass zur Hoffnung?
Ich halte Sie, liebe Leserinnen, auf dem Laufenden und wünsche Ihnen allzeit ein kühles Bad in diesen Tagen.

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