16.09.2018 – Ich wohne in der lautesten, dreckigsten und hässlichsten Strasse des Universums


Hausbesetzung Berlin Grossbeerenstr. 17a, September 2018.
Der Teaser in der Überschrift ist etwas übertrieben, es handelt sich nicht um das Universum, sondern nur um Hannover. Der Dreck und Lärm von über 20.000 Autos am Tag kostet mich wahrscheinlich das Lebenszeit-Äquivalent von 10 Zigaretten pro Tag Dauerqualmen. Andererseits habe ich nach hinten raus mit Garten, Veranda,Teich, Obst und allerlei Getier ein lebensverlängerndes Paradies. Es ist wie die bürgerliche Gesellschaft, nur umgekehrt: vorne pfui, hinten hui.
Ausserdem muss ich mir um Miete keine Sorgen machen, das sind nochmal zwei Jahre länger leben, so dass ich vermutlich mindestens ewig leben werde.
Bezahlbares Wohnen treibt Menschen so oder so um. Das Thema ist mittlerweile sogar in der Politik angekommen. Bei mir in Berlin umme Ecke ist nach längerer Zeit wieder ein leerstehendes Haus besetzt worden, siehe oben.

Das wird von den Anwohnerinnen ausnahmslos begrüßt. Am Haus hängt auch ein Schild: „Kirchen enteignen.“ Ich hab mich mit den Besetzerinnen unterhalten und darauf hingewiesen, dass Kirchen eventuelle Unterstützerinnen sein können bei solchen Aktionen und es taktisch kontraproduktiv ist, potentielle Bündnispartner zu verprellen. Antwort: „Eigentümer hier ist eine katholische Wohnungsbaugesellschaft.“
Da ich in einem meiner diversen Brotjobs auch Zeitungsmacher bin, glaub ich grundsätzlich erstmal gar nichts und hab das mal kurz recherchiert.
Der Fakt als solcher stimmt. Allerdings hat diese Gesellschaft schon Häuser für wohnungslose Roma gebaut und plant für die Grossbeeren 17a Unterkünfte für obdachlose Frauen. Also da stellen sich mir schon ein paar Fragen. Grundsätzlich sind Hausbesetzungen natürlich legitim unter bestimmten Voraussetzungen. Aber wie verhält es sich mit der Forderung nach solidarischen Gemeinschaften im Bild oben, im Fall der Grossbeeren 17a? Gäbe es da nicht wesentlich tauglichere Objekte? Und was wird aus dem auch angekündigten „heissen Herbst der Haus Besetzungen“, der meine volle Sympathie hätte, wenn es in ganz Berlin nur knapp 70 leerstehende Häuser noch gibt? Die Spekulationswelle ist offensichtlich auf ihrem Peak, es wird nicht mehr spekulierend gewartet, sondern gebaut und saniert auf Teufel komm raus.
Sind so viele Fragen, musst Du tüchtig grübeln.
Ich muss jetzt Schluss machen und mit meinem Klappstühlchen vors Haus, da kommt gleich der Berlin Marathon vorbei. Hier ist dauernd was los. So wird das nie was mit dem Projekt Buchschreiben.
Gibt schlimmeres.

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