22.12.2018 – Über die Liebe.


Ich liebe meine Heimatstadt. – Was natürlich Mist ist. Gustav Heinemann, einer der wenigen zurechnungsfähigen Sozialdemokraten, hat zum Thema Vaterlandsliebe und was es da sonst noch für pathologische Liebessumpfblumen in der Sphäre des Politischen gibt, mal gesagt: Ich liebe meine Frau. Und dabei sollte es jede*r belassen. Akzeptieren könnte ich gerade noch: Ich liebe meine Fahne. Und auch das nur, wenn es sich um extrem hochwertigen Alkohol handelt.
Aber bei der morgendlichen Newslektüre brandete doch in mir ein ganz warmes, frohes, fast zärtliches, regelrecht vorweihnachtliches Gefühl für meine Heimatstadt Hannover auf. Die Weihnachtsfeier der Zentralen Polizeidirektion ist wohl komplett aus dem Ruder gelaufen, eine Feiernde erlitt eine Platzwunde, nachdem sie eine Bierflasche an den Kopf bekommen hatte, Gäste pissten irgendwohin, fielen danach einfach um und wollten prügelnd aufeinander los, die Kasse mit mehreren Hundert Euro wurde geklaut, kurz, würde das Ganze verfilmt, glaubte es kein Mensch.
Abgesehen von meiner Empfehlung, das nächste Mal statt Alkohol auszu- einfach Marihuana zu verschenken, da müsste genug in der Asservatenkammer für 10 Feiern liegen, würde ich nach solchen Vorfällen glatt anfangen, die „Bullerei“ (so nannten wir früher die Angehörigen des Repressionsapparates) sympathisch zu finden, wenn das nicht so ein Haufen von Nazizecken wäre. Fazit: es bleibt dabei, ich schätze meine Heimatstadt als einen Ort relativ liberalen Geistes und ziemlich breiten Kulturangebotes, für meine Zweitheimat Berlin habe ich ein warmes Gefühl in meinem Herzen reserviert und für die Liebe ist dieser Blog hier kein Ort.
Mein Garten schrammt knapp die Liebesgrenze, er beschenkt mich ungeahnt zu Weihnachten mit frischen Blumen, siehe oben. Wie wird dann erst das Frühlingserwachen aussehen!
Eine dicken Tropfen Essig muss ich allerdings schon in diesen Weihnachtwein gießen und hier wird es wieder völlig ernst, unfeierlich und zornig. Als ich unlängst fürbass durch die Stadt flanierte und mich an 250.000 Vollidiotinnen im Kaufrausch erfreute, gemäß des Pharisäermottos: „Herr, ich danke Dir, dass ich nicht so bin wie jene“ , kam ich am Holocaustdenkmal vorbei. Ich machte wie immer ein Foto davon (der Turm gehört übrigens zur Deutschen Bank. Honi soit qui mal y pense.)

Letzten Montag waren dort Kränze niedergelegt worden im Gedenken an die Deportation der Juden aus Hannover nach Riga, von wo aus es später in die Vernichtungslager ging. Am Dienstag wurden die Kränze von einem Nazi geschändet. Der vor Ort anwesende überaus lobenswerte Sprecher der Grüne-Jugend Niedersachsen (von wegen, die Jugend taucht nix!) intervenierte. Andere Jugendliche solidarisierten sich.
Mit dem Nazi.
Was für eine Scheiß-Stadt.
Ich aber bin froh, dass das öffentliche Tragen von Waffen hierzulande verboten ist und ich nicht mit einer Solchen vor Ort war.… Sonst würde ich Weihnachten vielleicht gesiebte Luft atmen. Ich wünsche ihnen, liebe Leserinnen, friedliche Feiertage.

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