26.05.2019- Wie ich mich einmal für das Grundgesetz, die Demokratie und Europa aufopferte


SCHUPPEN-68-Aktion „Auf dem Boden des Grundgesetzes“ mit Klaus-Dieter Gleitze & Hermann. 23.05.2019, Hannover-City. (Alle Fotos: Kupas, design.in-fluenz.de)
Am 23. Mai 2019 jährte sich zum 70. Mal der Tag, an dem das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verkündet wurde. Aus diesem Anlass veranstaltete das Künstlernetzwerk SCHUPPEN 68 in Hannover am Platz der Weltausstellung um 12 Uhr eine Intervention mit dem Titel: „Auf dem Boden des Grundgesetzes.“
Dazu breiteten Klaus-Dieter Gleitze und Hermann Sievers vom Künstlernetzwerk SCHUPPEN 68 eine 170 x 240 cm große Plane auf dem Boden aus, auf die jene 19 Paragraphen des Grundgesetzes gedruckt sind, die die unveräußerlichen Grundrechte darstellen.

Passant*innen und Zuschauende waren eingeladen, die Plane zu begehen: sich auf den „Boden des Grundgesetzes“ zu begeben.


Bei einem Quiz zu 70 Jahren deutsche Geschichte gab es dann u. a. gedruckte Exemplare des Grundgesetzes und handsignierte Polaroid-Fotos von der Aktion zu gewinnen. Hintergründe und Details in unserer PM hier PM SCHUPPEN-68-Intervention 70 Jahre Grundgesetz-Auf dem Boden des Grundgesetzes

Das Wetter war milde, die Aktion wohl durchdacht, gut geplant und durchgeführt, machte den Beteiligten Spaß, es gab wie immer bei Straßenaktionen Überraschendes, Lehrreiches, Spannendes, für alle Seiten.
Es fehlte nur ein entscheidendes Moment, das, was die Aktion zum Erfolg und letztlich zur Kunst gemacht hätte: Medienberichte.
Die Frage, was ist eigentlich ein Künstler, habe ich für mich dahingehend entschieden: Da wir in einer Mediengesellschaft leben, derjenige, dem die Medien das zuschreiben. Das tun sie bei mir, seit vielen Jahren. Es gibt andere Kriterien, wie: entsprechender Abschluss an einer Kunsthochschule (der deutsche Ansatz), wer sich selbst als Künstler bezeichnet (Der Beuyssche Ansatz), der Erfolg am Kunstmarkt (siehe der Kunsthandwerker Jeff Koons ) oder gar die Qualität der Arbeit (der idealistische Ansatz).
Nach meinem Ansatz, wonach in der Kunst nur das stattgefunden hat, was in den Medien stattgefunden (siehe Marshall McLuhan), wäre unsere Intervention zum Grundgesetz nur dann ein Kunstwerk, wenn auch die Medien darüber berichtet hätten. Das haben sie nicht, was bei meinen Aktionen, ob künstlerisch-privat oder beruflich, die absolute Ausnahme ist. Entsprechend war ich angepisst, schließlich kostet so eine Aktion einen ziemlichen Aufwand, allein der Alkohol bei den Planungssitzungen schlägt erheblich zu Buche. Der Zeitaufwand ist nicht zu unterschätzen, alle Kunst sollte immer auch ein Prozess der Selbstaufklärung sein, und insofern können wir jetzt aus dem Stand Seminare zur Genese und Exegese des Grundgesetzes halten.
Ich hatte allerdings vorher schon ein unsicheres Gefühl, was ich sonst bei öffentlichen Interventionen fast nie habe. Da bin ich immer sicher: Passt. Hier fehlte wohl irgendwie der neodadaistische Kick, da schimmerte zu sehr der Überzeugungstäter durch, und die Transzendenz, der ästhetische Mehrwert waren nicht expressiv genug. Sowas wäre eher eine sozialpolitische Aktion für die Landesarmutskonferenz gewesen.
So hatte ich mich offensichtlich für das Grundgesetz, die Demokratie und Europa aufgeopfert.
Spaß hat’s trotzdem gemacht, ich bin nun mal ne Rampensau, die sich am wohlsten im Gewühl der Großstadt mit all ihren liebenswerten, schrägen, durchgeknallten Existenzen fühlt.
Sonnigen Sonntag, liebe Leserinnen, und gehen Sie bloß zur Wahl!

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