Kategorie-Archiv: Schuppen aktuell

23.03.2024 – Was hast Du vor 4 Jahren gemacht, als der erste Corona-Lockdown startete?

taz 28.03.2020 zur SCHUPPEN 68-Intervention im hannöverschen Ihmezentrum anlässlich des 250. Geburtstags von Friedrich Hölderlin am 20.03.2020. Die gesamte PM zur Aktion können Sie im renommierten Magazin „Kunstaspekte“ lesen. Mit der Aufforderung im Schlusssatz: „Folgen Sie den Spuren der Partisanen der Poesie!“ Einer meiner besseren Sätze . Soviel zur Frage: Was hast Du vor 4 Jahren gemacht, als der erste Corona-Lockdown startete?

Die Aktion fand 2 Tage vor dem ersten Corona Lockdown am 22.03.2020 statt. Zum vierjährigen Jahrestag sendete der DLF ein Pandemie-Rückblick Interview mit Christian Drosten. Ihm zuzuhören war für mich ein Genuss wie das erste Brandenburgische Konzert: Klarheit, Struktur, Präzision und dabei doch (abgesehen vom 2. Satz) beschwingt, zuversichtlich, mit einer Prise unprätentiöser Heiterkeit. Wissenschaft und Musik sind zwei Kehrseiten einer Medaille. Und Kunst ist die Trösterin. Interview und Konzert sind übrigens gleichlang.

Wenn ich mir vorstelle, dass er mit seiner Familie, mitsamt vierjährigem Sohn, auf einem Campingplatz im Osten (wo sonst) der Republik von biersaufenden Verschwörungs-Vollproleten, wahrscheinlich hässlicher als Mülltonnen, mit Netzhemden und vollgepissten Trainingshosen, bedroht und beleidigt wurde, wird mir echt übel.

Irgendwelche Würste, deren IQ sicher deutlich unterhalb der Schuhgröße ihrer Flipflops liegt, maßen sich an, wie leider Millionen andere Schwurbler und Impfversteher, die Kompetenz eines weltweit anerkannten Spitzenvirologen in Frage zu stellen. Das ist ungefähr so, also ob ich Einstein für seine Relativitätstheorie anpöbeln würde. Das Universum mag begrenzt sein, menschliche Blödheit und Niedertracht ist es nicht.

Quintessenz der Seuchen-Rückschau des Interviews: Deutschland ist aus epidemiologischer Sicht zu Beginn vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen. Auf Grund unserer exzellenten Labordiagnostik konnten wir früh evidenzbasiert mit einem Lockdown intervenieren (Die Diagnostiksituation hierzulande hat vermutlich auch zum Gamechanger Biontech-Impfstoff beigetragen, der viel früher auf dem Markt kam als erwartet. D. A.) Hätten wir die Seuche durchlaufen lassen wie in Großbritannien beispielweise, hätten wir in der Anfangsphase statt 9.000 Coronatoten ca. 70.000 gehabt. In der Fachliteratur wird bis dahin vom „German miracle“ gesprochen.

Manche Maßnahmen sind im Nachhinein übertrieben (Händehygiene, Hautkontaktinfektionen gibt es kaum) bis lächerlich (Menschen ohne Masken von den Skipisten wegfangen).

Dann kam der quälende Teillockdown des Sommers, weil viele dachten, das Schlimmste sei überstanden. Aus epidemiologischer Sicht hätte man noch ein paar Wochen länger konsequent sein müssen, aber hier wie an anderen Stellen war der gesellschaftliche Druck stärker als Einsicht in Evidenz. Aus heutiger Sicht darf über solche Maßnahmen keine Ministerpräsidentenkonferenz entscheiden, sondern ein Bundeskrisenstab. Analog zu Naturkatastrophen wie Überschwemmungen. Es ist egal, bei welchen Personengruppen man die Infektionszahlen senkt, wichtig ist die Senkung der Gesamtinzidenz. Dazu müssen auch nicht 100 % geimpft sein, für Herdenimmunität reichen auch ca. 90 %.

Kontraproduktiv: Es sind zu viele Außenseiter zu Wort gekommen, die nicht den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis abgebildet haben, sondern ihre persönliche Meinung. In der Gesellschaft grassierte zu viel Desinformation.

Meine persönliche Bilanz der letzten vier Jahre: Die Spaltung der Gesellschaft auf immer mehr Ebenen schlug bis in das persönliche Umfeld durch. Als überzeugter Vertreter evidenzbasierten Vorgehens rasselte ich mehrfach mit befreundeten Coronaschwurbler*innen aneinander. Da ich kein Kind verbaler Traurigkeit bin, war das mitunter unerfreulich, und das ist die Untertreibung des Jahres. Fazit: Solche Themen ausklammern. Diskussionen sind da sinnlos.

Die gesellschaftliche Bilanz ist verheerender als die epidemiologische: Die Spaltung der Gesellschaft zwischen Arm und Reich wurde noch krasser. Wer arm ist, stirbt in Seuchenzeiten noch früher als eh schon. Und die Seuche wirkte wie ein Katalysator für ohnehin vorhandenen Irrationalismus, Wut, Angst. Sie wirkte wie ein verbindendes, identitätsstiftendes Moment für alles, was bis dahin rechtsoffen frei vagabundierte. Unvergessen beispielhaft von der ikonischen Bilderwirkung her der Sturm auf den Reichstag im August 2020 .

Die Seuche war ein Faschismustreiber.

22.03.2024 – Die Kreise des internationalen Judentums, der internationalen Freimaurerei und des internationalen Marxismus

Deutschland, wach auf. Demo, Hannover, 20.03.24. Das ist keine Aktion einer Satirepartei oder ein Betriebsausflug von Menschen mit Psychiatrieerfahrung, sondern das sind ganz  normale Nazis. „Deutschland, wach auf“, hieß im Nationalsozialismus „Deutschland, erwache“ . Diese Formulierung ist strafbewehrt verboten, aber Nazis wissen, wie sie ihre Claims codieren. „Weltregierung der WHO verhindern“ ist die zeitgenössische Verschwörungserzählung eines „Die Drahtzieher hinter der umfassenden Kampagne gegen das friedliebende Deutschland sind die Kreise des internationalen Judentums, der internationalen Freimaurerei und des internationalen Marxismus“. So Joseph Goebbels im Völkischen Beobachter 1936.

Dazu Leugnung des menschengemachten Klimawandels und notorischer Grünenhass, die dabei sind, die Kommunisten aus Zeiten des kalten Krieges – und noch Jahre danach – als Projektionsfläche für Hass und Verschwörungsphantasien zu ersetzen.

Es war alles so überaus irrsinnig, dass ich vor Ort lachen musste, jenes kathartische Lachen, das den Stein der Düsternis von der Seele rollt. Ich fand es aus Sicht des passionierten Flaneurs, auch wenn ich in Hannover nicht als solcher unterwegs bin, aber auch eine überaus gelungene Inszenierung. Selbst wenn der Flaneur scheinbar ziel- und absichtslos sich die Metropole aneignet, so fügen sich doch quasi hinter seinem Rücken und seinem Bewusstsein die losen, vermeintlich disparaten Enden eines Knäuels von Impressionen und Ereignissen zu einem zwangsläufigen Bild, einem gigantischen Mosaik, der sphärischen Symphonie einer Großstadt.  

An der Demo vorbeigekommen war ich nämlich auf dem Weg zu einem Vortrag mit Diskussion der Freimaurerloge „Zum Schwarzen Bär“, die mich dazu eingeladen hatte, für ihre Reihe „Jeder Dritte Mittwoch im Monat“. Es ging um die Wohnungssituation als Bedrohung für die Gesellschaft. Veranstaltungen außerhalb des eigenen Spektrums finde ich besonders spannend, weil man als Referent da selber am meisten lernt. Der Blickwinkel verschiebt sich unmerklich, erweitert sich. Nichts ist öder als das selbstbestätigende Rumdümpeln im eigenen Dunstkreis, Kiez etc.

Und eine Organisation, die wie die Freimaurer von den Nazis verfolgt und verboten wurde mit der Verschwörungserzählung, sie würde mit gemeinsam mit Juden und Marxisten die Weltherrschaft (WHO-Alarm!) anstreben, kann nur ein feiner Haufen sein. Zumal der Schwarze Bär eine explizit humanistische, also nichtchristliche Loge ist. Und wer als Logen-Mitglieder hierzulande unter anderem Goethe, Mozart und Tucholsky hatte, der kann nicht völlig daneben liegen. So war es dann auch, es ergab sich eine überaus muntere, kenntnisreiche Diskussion mit angenehmen Menschen. Nicht meine Lebenswelt, aber liebenswürdig.

Neben einer Magnumflasche Roten gab es hinterher noch eine kurze Führung durch das Logenhaus, das eine geschichtsträchtige Aura verbreitete. Die Mauern dort atmeten neben der Tradition der Aufklärung mit den Maximen „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz, Humanität“ eine ganz starke Sehnsucht nach Transzendenz. Der Ruf der Freimaurer gründet unter ja anderem in ihren geheimen Ritualen, Symbolen und Erzählungen, dem Ganzen haftete es mystisches an. Ich war angetan

Geheimnisvolles Logenhaus    

Fazit: Zur Zeit gibt es wenig im politischen Raum, was ich mir mehr wünschen würde als eine Weltherrschaft von Juden, Freimaurern und Marxisten. Nur auf Netanyahu und seine Gang, da könnte ich verzichten und natürlich auf die antisemitische Linke. 

19.03.2024 – Neues von der Fahndungsfront oder: An den Zuständen hierzulande zerschellt jede Satire.

Duck and Cover 1

Duck and Cover 2.

Nachtrag zu SCHUPPEN 68-„Duck and Cover“-Kursen vom 17.03.24. Im unteren Bild müssen Sie genauer hingucken, um eine Donaldmaske aus Gips zu erkennen. Sie liegt als Kunstobjekt seit vielen Jahren unter einem Weinstock auf meiner Veranda, verwittert, wird eins mit der Umgebung im Verfall und Wiederwerden. Ich war aktiver Donaldist, im Herzen bin ich es natürlich noch. Mit Donald ist es wie mit Marx. Einmal dabei, immer dabei, wie wild die revisionistischen Stürme ringsum auch toben. In meiner aktiven Phase waren Donaldmasken bei illegalen Plakat-Klebeaktionen des SCHUPPEN 68 unsere ständigen Tarn-Begleiter und ich flutete die Welt mit Donaldobjekten aller Art. Die Gipsmaske ist ein Artefakt und Sie werden verstehen, dass an den Duck and Cover-Kursen mein Herz aus fast metaphysischen Gründen besonders hängt.

Der Zusammenhang von Ukrainekrieg und Diskussion darüber hierzulande, sowie der über die RAF-Jagd und wie das alles miteinander zu tun haben könnte, klang gestern nur literarisch an. Es geht mir um die Rolle der sogenannten nationalen Identität und dem daraus folgenden Prozess eines wachsenden Nationalismus, der darin mündet, die Nation als unhinterfragtes metaphysisches Prinzip zu sehen. Die Nation über alles, ein höherer Wert als Leben, Freiheit, Selbstbestimmung. In der Ukraine zu beobachten. Und hierzulande, Zitat vom 17.03.24 Blog: „ … Vielleicht liegt ja ein Motiv in der ausgewalzten RAF-Erzählung der letzten Wochen darin: Der Versuch, angesichts schwerer werdender Zeiten die Nation um ein wärmendes Lagerfeuer zu einen. Blöd bloß, dass aus solchen Lagerfeuern schnell mal Flächenbrände werden ….“

Die Erzählung um die Nation als zivilisatorischer Rückschritt. Eines der ersten großen Epen der Filmgeschichte war ein zutiefst rassistischer und reaktionärer Film von 1915: The birth of a nation. Die Geburt einer Nation . Titel und Tendenz sind ist kein Zufall, sondern Konsequenz.

Die Nation ist nicht an ein Staatsterritorium gebunden, sondern eine Idee, von vermeintlich verbindender Kultur, Sprache, Religion etc. über Staatsgrenzen hinaus. So konstruiert jeder Imperialist Ansprüche auf andere Territorien, weil es da unterjochte Angehörige der eigenen Nation zu befreien gelten, siehe Putin Ukraine, Hitler Österreich etc. und jede Wurstnation hinterm Balkan bei Nachbargebieten, siehe Moldau, Transnistrien, Cisnistrien, Arschnistrien, etc. pp. Ungarn/Rumänien. Die Staaten des ehemaligen Jugoslawien als Dauertretmine mit Kriegsgefahr auf Grund mörderischer Nationalismen strotzen als imperialer Rückschritt ins 19. Jahrhundert von diesem Wahnsinn.

Die Nation grenzt immer aus. Fremdes Blut, Ausländer, Migranten, siehe Remigration.

Der Staat hingegen betrachtet alle, die in seinen Grenzen leben, als Staatbürger. Er ist als zivilisatorische Errungenschaft zu verteidigen, gegen aufkommenden Faschismus. Niemals die Nation. Das hatten wir schon mal „Von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt.“ Die Folgen sind bekannt.

Das Einzige, was mir z. B. von Königsberg am Herzen liegt, sind seine Klopse.

Daher habe ich die öffentliche Diskussion um die RAF-Jagd mit Skepsis betrachtet. Die hat sowas exkludierendes. Um dieses Lagerfeuer schare ich mich nicht.

Vielleicht ist es jetzt etwas klarer.

Neues von der Fahndungsfront gibt’s hier: Die stabilen Genies von der Gurkentruppen kriegen sich jetzt gegenseitig in die Flicken und alle gemeinsam sind dankbar, dass das blutrünstige Monster Daniela Klette nicht mit einer der zahlreichen Panzerfäuste aus ihrer Wohnung heraus geballert und das Regierungsviertel in Schutt und Asche gelegt hat.

Ich lass es. An den Zuständen hierzulande zerschellt jede Satire.

17.03.2024 – Was hat der Ukrainekrieg mit der RAF zu tun?

Lindenspiegel 04/2022. SCHUPPEN 68-Vorbereitungskurse auf den Atomkrieg. Zitat: „Das öffentliche Denken, Reden und Handeln wird zunehmend militarisiert.“ Da wollte sich der größte anzunehmende Unfall im Bildungsministerium, eine zu Recht für gute Ideen völlig unbekannte Frau Stark-Watzinger von der radikalen Splitterpartei FDP, nicht lumpen lassen, die Partei kennt sich mit Lumpen aus, und fordert Zivilschutzübungen an den Schulen. Damit aus der deutschen Bildungskatastrophe noch eine zivile werde. Eine famose Idee, Horden von Sextanern mit Gruselgeschichten über Atomblitze und Splitterbomben zu traumatisieren.

Das ist also aus dem Humboldtschen Bildungsideal einer ganzheitlichen Ausbildung geworden: Demnächst Kurse in Duck and Cover, siehe oben, an den Schulen. Wie diese Kurse aussehen sollen, können Sie diesem Film entnehmen, der ab Anfang April auf dem Duck-Server der KMK allen Schulen zur Verfügung steht. Noch heute geht mein Angebot an das Bildungsministerium raus für Kurse in „Duck and Cover“ an allen Schulen. Wenn Sie, liebe Leserinnen, Interesse an einer „Duck and Cover“-Referentinnen-Tätigkeit haben, senden Sie bitte aussagefähige Bewerbungen bis zum 01.04.2024 an mich.

Was bleibt, sind Fragen: Wie viele Tote ist der vollständige Erhalt einer Nation, der Erhalt der nationalen Integrität und Identität eines Landes wert, hier der Ukraine? Gibt’s dafür irgendwo eine Formel? 100.000 Tote für 10.000 Quadratkilometer? 500.000 für 50.000? 1.000.000 Tote? 10.000.000 Tote? Bis zum bitteren Ende und wenn ja, wie sieht das aus?

Wieviel Unterstützung für die Ukraine ist angemessen? Die überwältigende Mehrheit der Medien plädiert nach meiner Wahrnehmung für mehr, mehr Geld und Waffen. Im Bundestag ist die Mehrheit auch da, aber nicht ganz so groß: Grüne, FDP, CDU und Teile der SPD sind dafür, Linke, BSW, AfD und die Kanzler-Mützenich-SPD dagegen. In der Bevölkerung ergibt sich ein komplett anderes Bild. Über 80 % halten die bisherige Unterstützung an Geld und Waffen für angemessen oder jetzt schon für zu weitgehend ( 41 %)

Eine Frage hab ich noch: Was ist eigentlich der Sinn der ganzen (allerdings abflauenden) RAF-Berichterstattung? Keine Generation der RAF hat heute noch irgendeine Bedeutung, die über das rein Kriminal- und Fahndungstechnische, über popkulturelle Volksbelustigung hinausweist. Besteht da irgendein Zusammenhang zwischen RAF-Gruselgeschichten, Wehrertüchtigung an Schulen und der Konstruktion von nationaler Identität? Die überwältigende Mehrheit der Medien, Bevölkerung, Politik ist sich eins: Jagd auf die RAF bis zum bitteren Halali, keine Gnade, kein Vergessen. Auch kein Gedanke an wenn auch verblendete, aber eventuell berechtigte ideologische Motivationen bei der RAF und den Unterstützerinnen.

Damals, im deutschen Herbst 77 war die Nation stark im Kampf gegen die Bedrohung durch diese Fremd-Körper der RAF. Geeint wie im Krieg. Wenig hat so zur Bildung einer nationalen BRD-Identität beigetragen wie dieser Mythos, übertroffen nur von der Lüge eines „Wohlstand für alle“. Vielleicht liegt ja ein Motiv in der ausgewalzten RAF-Erzählung der letzten Wochen darin: Der Versuch, angesichts schwerer werdender Zeiten die Nation um ein wärmendes Lagerfeuer zu einen. Blöd bloß, dass aus solchen Lagerfeuern schnell mal Flächenbrände werden ….

14.04.2024 – Besser hätte ein Popkonzert auch nicht angekündigt werden können

Walsrode, 18.03.24. Kommt massenhaft. Wertvolle Preise zu gewinnen beim beliebten Quiz zur Lage der Nation!

Potzdonner, dachte ich, da würdigt der Verfasser eines Einladungstextes mal meine wahre Größe. Wurde aber den Verdacht nicht los, dass ich selber da meine Finger im Spiel hatte. Wie auch immer, herzlichen Dank für die Einladung an das linke Urgestein aus dem Heidekreis Charly Braun. Ich will do my very best.

Ein guter Fotograf ist für mich einer, der mehr aus einem Portrait rausholt als auf der Fassade zu sehen ist. Insofern ist der des obigen Portraits, Aaron Leithäuser, ein exzellenter. Aaron ist einer der neuen Sterne am Fotografenhimmel, arbeitet zur Zeit für die FAZ, und ich hab ihn kennengelernt, als er noch bezahlbar war. Seine Portraits sind genial. Unsere Fotosession ist mir unvergesslich. An einem der kältesten Tage des Jahrhunderts morgens in einer ungeheizten Szenekneipe. Stundenlang. Am Ende musste man mich vom Stuhl meißeln. Ich war dem Tode näher als dem Leben, aber es hat einen Heidenspaß gemacht.

Nur die Funktionsbezeichnung hinter meinem Namen, darüber müssen wir nochmal reden: Politician …Politician, oje. Meine Lieblingszeilen aus dem Pop sind jene des Songs „Politician“ der Gruppe Cream, hier im Farewell Concert Film. :

Hey now baby, get into my big black car.
I just want to show you what my politics are.

I support the left, though i’m leaning, leaning to the right.

Besser kann man Politik nicht in drei Zeilen auf den Begriff bringen. In dem Song geht es nicht nur um Dekonstruktion (Jahre bevor dieser Begriff überhaupt bekannt war) von Politik, der Song ist auch Dekonstruktion, hier des Pop. Und das Schöne an dieser Dekonstruktion der klassischen Popsong-Struktur der damaligen Zeit von 3.45 Minuten Dauer, lächerlichen Zuckerbäckerharmonien und außerordentlich albern-belanglosen Refrains wie „She loves you yeah yeah“ oder „The answer is blowing in the wind“ ist die Tatsache, dass das Bass-Intro einer der ikonischen Bassläufe des Pop schlechthin ist. Es gibt keinen Popmusiker auf der Welt, der den nicht kennt. Hier in der reinen lyrischen Bassform

(Im nächsten Clip des Bass-Tutorials geht es um einen Titel namens NSU, bei dem damals alle Welt rätselte, was das bedeuten solle. Ich tippte auf das gleichnamige Auto. Es handelte sich aber laut Jack Bruce um Non-Specific Urethritis, eine nichtspezifische Geschlechtskrankheit, die ein Mitglied der Gruppe damals hatte. Zitat: “I can’t obviously not tell, who it was, but it was a guitarplayer.” Angesichts einer Dreimann-Combo Humor, trocken wie ein Sherry und präzise wie ein Leberhaken. Demzufolge starb Bruce auch an Leberzirrhose.)

Und was gibt’s Neues von der Terrorfront? Die LKA-Rambos aus der norddeutschen Flachebene haben sich bei der Festnahme von Daniela Klette offensichtlich so „professionell“ verhalten, dass die noch Zeit hatte, Burkhard Garweg zu warnen. Als Folge waren unserer stabilen Fahndungsgenies wohl so gefrustet, dass sie ganz Berlin warnten vor der angeblichen Gefährlichkeit der beiden Killermaschinen Staub und Garweg. Das war selbst den Dummheit und Kummer gewohnten Berliner Polizeibehörden zu viel und sie erzwangen eine Rücknahme dieser irrsinnigen Panikmache. Wer Neuköllner Verhältnisse gewohnt ist, hat offensichtlich eine andere Sicht auf Gefährdungspotentiale als niedersächsische FBI-Imitate, die schonmal den sozialen Brennpunkt Delmenhorst-Wollepark für eine Mischung aus Bronx und Chicago halten.

Jeder Tag, den Staub und Garweg zusätzlich auf der Flucht sind, erhöht deren Mythos, und lässt die Karriereträume der berittenen Kavallerie von der Leinemetropole schmelzen wie Butter in der Pfanne. Ich bin echt gespant, was später in den Prozessen noch alles rauskommt.  

13.03.2024 – Die Anlagestrategien der ehemaligen Dritten Generation der RAF.

Das Kapital.

Anlagestrategie 1, private Altersvorsorge: Einen wertvollen Beitrag im Sinne der FDP leistete die Dritte Generation durch Raubzüge, um Kapital zur privaten Altersvorsorge zu generieren. Wobei die Erträge dabei nur im Promillebereich dessen lagen, was die FDP bei ihren Raubzügen der Ausplünderung von Armen und Prekären zwecks Altersvorsorge für die Reichen im Lande erbeutete. Zur Wahrheit gehört: An diesen Raubzügen war ein Superkoalition von CDU/CSU/SPD/FDP/GRÜNE beteiligt. Die reichste Frau der BRD beispielsweise, Susanne Klatten, zahlte  2022 über 66 Prozent weniger Steuern als 1990. Allein ihre BMW-Dividende beträgt 1,5 Mrd. Euro. Jedes Jahr. Die Armutsquote ist von Mitte der 90er bis Heute um die Hälfte gestiegen, von 11 auf 17 Prozent. In dieser Zeit war jede der genannten Parteien mit an der Regierung.

Anlagestrategie 2, Gold: In der Wohnung von Daniela Klette wurden laut Ermittlungsbehörden 40.000 Euro Bargeld und 1,2 kg Gold gefunden. Deren Mitteilungen sind mit Skepsis zu betrachten, aber nehmen wir an, es sei so. Als Anlagestrategie ist Gold unübertroffen, mit einem Wertzuwachs in den letzten 5 Jahren von über 70 Prozent. Das schlägt den Dax mit 50 Prozent locker.

Bleibt die Frage, wo kommt das Gold her? Aus den Überfällen wohl nicht. Und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Drei von der letzten Generation regelmäßig in Degussa-Läden, wo mit dem schmutzigen Metall gedealt wird, Beutegeld in Gold umgerubelt haben. Überall Kameras, viel zu riskant.

Bleiben Sympathisantinnen, die das Gold gestiftet haben. Aber zu welchem Zweck? Für Fluchten ins Ausland ohne Euro?

In Deutschland zumindest wird das umrubeln von Gold in Bargeld riskant. Grundsätzlich ist Gold in kleineren Größen nicht nachzuverfolgen und gehört in jedes illegale Portfolio, z. B. für FDP-Bäckermeister mit hohem Schwarzgeldaufkommen. Seit Jahren ist allerdings jeder Handel mit Gold im Wert über 2000 Euro Nachweis- und Ausweispflichtig.

Und hier beginnt für alle Illegalen auf Grund der aktuellen Rekord-Rallye von Gold ein Problem. Auf seiner Rekordjagd marschiert der Preis mittlerweile stramm auf die 2000 Euro pro Unze zu, der gängigen Barrengröße von 31 Gramm. Wenn man das verscherbeln will, kriegt man etwas weniger, der Dealer, die Degussa, will ja seinen Reibach machen. Aber ein Ende der Rallye ist auf Grund der Polykrisen und der absehbar sinkenden Zinsen nicht abzusehen. Heißt: Irgendwann ist jede Unze Nachweis- und Ausweispflichtig, weil im Wert über 2000 Euro.

Aber vielleicht ist der Sympathisant, von dem die Drei das Gold haben, ja ein ex-linker Anlageberater. Ex-Linke sind für sowas ideal geeignet, weil sie oft mehr Verständnis von nationalökomischen Zusammenhängen als Frieda Normalverbraucherin haben. Wegen Marx. Das Kapital. Sie verstehen. Und unser genialer Anlageberater hat derartige Entwicklungen antizipiert und das Gold in Viertelunzen gestückelt und nicht in Unzen.

Bleibt die Frage nach der Nachhaltigkeit des Anlagevermögens der Dritten Generation. Im Fall von Daniela Klette sieht die Rechnung so aus:

Der Kilopreis Gold liegt zur Zeit bei ca. 60.000 Euro. Bei sparsamster Haushaltsführung reicht ihr gesamtes Kapital incl. Bargeld unter Zugrundelegung der Armutsgrenze von aktuell ca. 1250 Euro/Monat netto als Kalkulationsgröße für 8 Jahre. Und dann darf nichts Unvorhergesehenes passieren, wie eine umfangreiche Zahnregulierung, Krankenhausaufenthalt oder sowas.  Wir wissen natürlich nicht, ob von der Millionenbeute ihrer Überfälle noch woanders was liegt. Bei einer Bank jedenfalls nicht. Schließfächer sind auch nicht safe und Erdbunker im Wald bei den Naturkatastrophen … hm.

Falls Sie, liebe Leserinnen, jetzt auf den Anlagegeschmack gekommen sind: Vorsicht! No risk, no fun. Wer Gold im Höhepunkt einer Krise kauft, die dann verschwindet, hat mitunter für Jahre mit Zitronen gehandelt. 2011 gekauft, war der Klumpen 3 Jahre später fast 40 Prozent weniger wert und brauchte weitere 5 Jahre, um sich annährend davon zu erholen. Also Finger weg davon.

An die Männer hier: Ob das Anlageverhalten des pleitegegangenen Fußballers George Best für Euch passt, müsst Ihr selbst entscheiden. Der antwortete auf die Frage, wo seine Millionen geblieben seien: „Ich habe viel Geld für Alkohol, Frauen und schnelle Autos ausgegeben, den Rest habe ich einfach verprasst.“ .

11.03.2024 – Oppenheimer hatte ein Problem mit seinem Reißverschluss

Schön, aber zu früh. Bei morgendlicher Meditation im Garten. Der Anblick von Blüten in einer Art meditativer Stille ersetzt ganze Therapiestunden. Wenn ich dann noch meinen Jungs beim Wachsen für den Start am 1. April zusehe, erfüllt mich eine heitere Gelassenheit. Sofern ich das in den nächsten Therapie-Ersatz verlängern kann, das Blogschreiben, ist der Tag so gut wie gerettet. Nicht nur meine Empfehlung, falls Sie, liebe Leserinnen, mitunter an sich, den Mitmenschen und der Welt zweifeln: Schreiben. Jeden Tag 100 Wörter Tagebuch, der begrenzte Raum erzieht zur Präzision bei der Selbstreflexion und der erste Schritt zur Besserung ist der Begriff. So kam die Erkenntnis in die Welt, und die Kommunikation: indem die Höhleninsassen die Schrecken vor der Höhle auf einen Begriff brachten.

Ich weiß nicht, ob der Vater der Atombombe Robert J. Oppenheimer (der Film hat ja bei der Oscar Verleihung abgeräumt) Tagebuch geschrieben hat, aber er war ein äußerst reflektierter, skrupulöser und vielschichtiger Charakter. Einer der besten Naturwissenschaftler seiner Zeit, belesen, gebildet, vielsprachig, dem Transzendenten gegenüber offen, Sympathisant der KPD der USA, Pazifist und als Jude natürlich glühender Antifaschist.

Oppenheimer lernte Sanskrit und war Anhänger der Bhagavad Gita. Er zitierte seiner Geliebten gegenüber aus diesem spirituellen Gedicht vor dem Hintergrund der Tatsache, dass er der Vater der Atombombe geworden ist: „Jetzt bin ich der Tod geworden, der Zerstörer der Welten.“ Natürlich flippten darüber wieder religiöse Hindu-Spinner aus und forderten den Boykott des Films.

Der Film war mir ehrlich gesagt zu lang, zum Ende hin ging mir das Gerede auf das Sitzfleisch, aber er hat die Entwicklung von Oppenheimer vom reinen Wissenschaftler zum Pragmatiker und weiter zum Zweifler am eigenen Tun plausibel gemacht und hat gezeigt, dass der Mann eine faszinierende Persönlichkeit war, mit allen Schattenseiten. Unter anderem hatte er wohl in der Ehe ein Problem mit seinem Reißverschluss. Anders formuliert: Er war weiblichen Reizen gegenüber nicht abgeneigt. Beide Formulierungen sind mir sympathischer als das platte: Er hat rumgevögelt. Alt ist er nicht geworden. Kettenraucher und Los Alamos Strahlungen von den Atomwaffentests.

Bei der Entwicklung der Atombombe konnten die beteiligten Wissenschaftler auf Grund von Berechnungen nicht völlig ausschließen, dass es bei der Test-Explosion nicht zu einer irreversiblen Kettenreaktion kommen würde, die die Erdatmosphäre verbrennt.

Die Bombe wurde gegen Japan eingesetzt, um die Kapitulation zu erzwingen und eine Invasion auf den japanischen Inseln zu vermeiden, die auf Grund der Einstellung der japanischen Faschisten zum Krieg und zum Tod wahrscheinlich über eine Million Tote gekostet hätte. Ein moralisches Dilemma, die Büchse der Pandora einzusetzen. Japan kapitulierte nach der Menschheitszäsur von Hiroshima und Nagasaki .

3 Jahre vorher hatten die italienischen Faschisten kapituliert, sofort nach der Landung der Alliierten in Sizilien. Selbst die Nazis kapitulierten irgendwann, wenn auch extrem spät, als fast alle Gebiete von den Alliierten erobert waren. Die mentalen und strukturellen Unterschiede der einzelnen „Spiel“arten des Faschismus werden auch in der Stellung gegenüber dem Leben, dem Überleben sichtbar. Die italienische Variante war sowohl nach innen als auch im Krieg nach außen weniger eliminatorisch , weniger todessehnsüchtig. 

Das führt zwangsläufig zur Frage: Wieso kapitulieren die Faschisten der Hamas eigentlich nicht im Gaza-Krieg? Und wieso wird das so wenig von den ganzen Pseudolinken und Kulturstalinisten in ihrer antisemitischen Pro Palästinasolidarität thematisiert? In ihrer chronischen Verwechslung von Ursache und Folgen und Täter-Opfer Umkehr? Der Faschismus ist die Ursache und der Auslöser des Mordens und nicht Israel, die Juden.

Diese Tatsache war ja auch der moralische Antrieb unseres Reißverschlussspezialisten.

10.03.2024 – 300

Nicht in Berlin und mehr als 300.

In Berlin sind laut Spiegel knapp 300 Menschen auf die Straße gegangen, um ihre Sympathie für die mutmaßliche Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette und ihre Komplizen auszudrücken.

Wenn die Medien über jede Demo in Berlin mit 300 TN berichten würden, kämen sie zu nichts anderem. In Berlin, und das ist das sympathische an der Stadt, kriegt man für jeden obskuranten Blödsinn Dutzende, Hunderte zusammen. Eine meiner Lieblingsseiten ist die tägliche polizeiliche Auflistung der Aufzüge in Berlin. Hier ein paar Beispiele: „Der Schlüssel zur Versöhnung mit Gott“ – Jesus Christus“ über „Volksdemo Halt Stop Es reicht!“ bis „Mindestpreise für appbasierte Mietwagen, funktionierende Verwaltung“ und natürlich mit meiner regelmäßig wiederkehrenden absoluten Lieblingsdemo in der Stargader Str. von 17.30 -20.30 Uhr: „der garten, da jesu verraten wart. hier gedenken wir, dass auch michael & peter von hanselm & hendrik abfielen.

300 sagt in Berlin gar nichts aus über gesellschaftlich real verankerte Quantitäten. Es gibt keine Solidarität mit der RAF. Die RAF ist ein Zombie, ein Untoter, der von interessierten Medien beschworen wird, wodurch leider von den realen Schweinereien und Problemen für Millionen abgelenkt wird. Es gibt keine reale radikale Linke mehr und also auch keine Perspektive eines wie auch immer gearteten revolutionären Kampfes gegen das System. Es gibt nur noch eine bürgerliche Demokratie, die es bei allen Bedenken gegen den Faschismus zu verteidigen gilt.

Solidarität ist eine ethisch-politisch begründete Haltung der Verbundenheit und Unterstützung von Ideen, Aktivitäten und Zielen anderer. Von diesen ist in der BRD 2024 im RAF-Sinne nichts existent. Was es gibt, ist vielleicht sowas wie Sympathie und Empathie mit Klette, Staub und Garweg als Individuen. Gefühle, die sich eher aus popkulturellen denn politischen Quellen speisen dürften. Bilder, Mythen, Legenden aus der Bibel wie „David gegen Goliath“, aus Western wie „Butch Cassidy and the Sundance Kid“ und aus den damals allgegenwärtigen und den heute noch funktionierenden grundsätzlichen Mythos von „Sex and Drugs and Rock’n Roll“ oder „Live fast and die young“. Mythen, die nach Leben und nicht nach Moral fragen.

Wie stark der Mythos von David gegen Goliath zu Hochzeiten der RAF wirkte, beschrieb der Nobelpreisträger Heinrich Böll in seinem Essay von 1972 über die damals herrschende Terrorhysterie „Will Ulrike Gnade oder freies Geleit?“ wie folgt: „Kein Zweifel – Ulrike Meinhof lebt im Kriegszustand mit dieser Gesellschaft. Es ist inzwischen ein Krieg von 6 gegen 60 Millionen, ein sinnloser Krieg.“

Der Aufsatz liest sich in seiner Solidarität mit der RAF heute schräg, aber so wurde zigfach in der linksliberalen Öffentlichkeit von Kultur, Medien, Unis etc. in einem heute unvorstellbaren Ausmaß gedacht und mitunter auch gehandelt.

Die Reaktion des Staates: „Der Staat hat im Grunde die Fassung verloren. Wir sind den Terroristen auf den Leim gegangen.“ Gerhart Baum (FDP), 1972 parlamentarischer Staatssekretär im Rückblick.

Das Scheitern der Einen damals, der revolutionären Gewalt, ist der Erfolg des Anderen heute, der Möglichkeit und Praxis von Überwachungstechnologie des Staates und seiner Nachfolger, der multinationalen Techgiganten.

Nachtrag 1: Der Mythos von David gegen Goliath ist übrigens ein falsch konstruierter. Goliath hat in dieser Geschichte niemals eine Chance, weil er sich auf veraltete Militärtechnologie stützte, das Nahkampf-Schwert. David muss sich niemals auf den Nahkampf einlassen mit der neuesten Technologie, einer Lenkwaffe: der Schleuder.

Nachtrag 2: „300“ ist der Titel eines gewaltverherrlichenden Films mit faschistischen Tendenzen , der den Mythos vom heldenhaften Widerstand einer winzigen Zahl von Griechen (Spartaner!) in der Schlacht an den Thermopylen gegen eine Übermacht der Perser verherrlicht. Abendland gegen Asylantenfluten. Der Film war 2007 ein überwältigender kommerzieller Erfolg.

08.03.2024 – Hunde, die letzten Freunde der RAF

Fukamushicha. Erst hab ich Fukushima gelesen, nach dem AKW-GAU. Toll, ein Name wie ein Tsunami, dachte ich, der Tee überrollt einen förmlich. Dann habe ich als Linguist das mir unverständliche Wort in seine Bestandteile zerlegt. Von hinten anfangen: Cha heißt Tee. Klare Sache. Beim Rest kam ich ins Grübeln. Anyway, schmeckt sehr lecker, intensiv, langer Nachklang und Abgang.

Vom Flachen ins Tiefe, in die Tiefe der Gemütslage der Nation. Warum ticken große Teile der Nation so? Also im Prinzip tickende Zeitbomben. Bis unter die Halskrause mit Hass auf alles Andersartige. Andersartig, bunter, schöner als ihre eigene Erbärmlichkeit, die sie ahnen, bei sich selbst und ähnlich Tickenden förmlich riechen. Das nennt man Stallgeruch. Wer früher bei den Sozis keinen Stallgeruch hatte, als Proletarier oder ähnliches, der hatte es schwierig auf dem Weg von links unten nach rechts oben. Heute sollten die SPD-Rest-Karrieristinnen lieber nach Lehrerzimmer riechen.

Der Hass gründete also vermutlich, genau weiß ich es nicht, man steckt halt nicht drinnen und das ist auch gut so, in der Ahnung der eigenen Erbärmlichkeit und damit der Abwehr, Verdrängung und Fremdprojektion dieses Zustandes. Erleichternde Umkehraggression, dem Fremden wird all das unterstellt, was man in sich selber fühlt: Gewalt, Niedertracht, Verrohung, Vergewaltigung.

Das allein reicht natürlich nicht. Es braucht zusätzlich Leute, die zwar ebenso niederträchtig sind, aber das auch noch zu Papier bringen dürfen, auch wenn sie nicht schreiben können, und mit ihrem ehrlosen Handwerk Millionen Zeitbomben Schritt für Schritt mannscharf zurichten: Fass den Fremden, Bello. Oder Blondie. So hieß Adolfs vielgeliebter Schäferhund, den er vor seinem Selbstmord vergiften ließ.

Einer dieser furchtbaren Zurichter nennt sich Wagner und erbricht sich regelmäßig im Fachblatt für Lügen, so am 3.3 über die, was sonst, RAF, wie folgt:

„Post von Wagner. Hunde, die letzten Freunde der RAF

03.03.2024 – 22:24 Uhr

Die gefasste Ex-Terroristin Daniela Klette hatte einen, auf den Fahndungsfotos nach ihrem Komplizen sehen wir den Terroristen Burkhard Garweg mit drei Hunden. Sind die RAF-Terroristen tierlieb geworden? Tierlieb war Hitler auch. Ich glaube, ohne Hunde hätten die Terroristen auf der Flucht nicht überlebt. Selbst der Kaltblütigste braucht Nähe. Ein Hund, das ist das Wichtigste, kann nicht sprechen. Ein Hund verrät mich nicht. Mit einem Hund bin ich nicht allein. Die Hunde wissen nichts von mir.

Es heißt, Hunde sind die besten Freunde der Menschen. Es fällt auf, dass so viele Obdachlose Hunde haben. Man muss es wirklich sagen, es ist das Letzte, was sie haben. Die RAF, kann man jetzt sagen, ist auf den Hund gekommen. Was ich den Hunden raten möchte, ist: Lauft jaulend weg. Sie haben Maschinengewehre, Bomben und ihr habt nur eure treuen Augen.

Herzlichst, Ihr Franz Josef Wagner“

Tierlieb war Hitler auch. Es war eben nicht alles schlecht von Hitler. Nur der Mord an Blondie, das war echt ne Schweinerei.

Aus der 40 qm Wohnung von Daniela Klatte holt das LKA Niedersachsen nach vielen Tagen immer noch Kisten und Tonnen mit Beweismaterial raus. Gerade frisch gefunden. Unter anderem einen Störsender. Was man halt so braucht als Terroristin im 30jährigen Ruhestand. Jede Wette, am Wochenende kommen die da aus der Wohnung mit einem Panzer rausgefahren. „Chef, den haben wir gerade unter der Spüle gefunden“.

06.03.2024 – Am Ende der Jagd steht das Recht. Oder: Die Russen in Prag.

Ackerwinde im Vorkeimer. In Pflanzanleitungen werden oft noch veraltete Vegetationsperioden angegeben, die Vegetationsphase beginnt auf Grund des Klimawandels bei uns mittlerweile bis zu drei, vier Wochen früher. Das teste ich gerade aus, indem ich den oft empfohlenen Auspflanzzeitpunkt vorziehe. Willkürlich gewählte Pflanzen, alles selbst erzeugte Samen, aus dem Vorkeimer wie Ackerwinde, Marihuana, Quitte, Sonnenblume „Goldener Neger“ kommen in einem Feldversuch vier Wochen vor der Zeit ins Freie. Nur die Harten kommen in den Garten. Und nur die ganz Harten kommen da auch wieder raus.

Vorkeimer = irgendein Behältnis mit Erde oder Watte, anfeuchten, Samen rein, Plastikbeutel drum, auf die Heizung, fertig ist das Treibhaus.

Der Zeitpunkt zur Legalisierung von Marihuana ist vom Oberdrogi Lauterbach mit dem 1. April gut gewählt, da können die Jungs problemlos vorgekeimt und danach rausgesetzt werden. Nennenswerter Frost vor den Eisheiligen gibt es kaum noch und in Städten schon gar nicht. No risk, no fun.

Selbst gekeimten Pflanzen bei Wachsen zuzusehen, hat etwas transzendent-kontemplatives. In diesen rasenden Zeiten einem uralten Naturprinzip beim Werden beizuwohnen, wirkt zumindest bei mir sedierend, mit einer Art von Zärtlichkeit, die meinen allgegenwärtigen Groll auf diese Welt am Abgrund mildert. Bis zu dem Breaking News. Dann kommt die Hasskappe wieder drauf.

Es gibt etwas, das über uns hinausweist, eben Transzendenz. Nichts Göttliches, sondern etwas Kreatürliches. Diese Vorstellung nennt man übrigens Pantheismus . Die einzige Form von Theismus, der ich was abgewinnen kann.

In der Natur gibt es keine Gerechtigkeit, sondern Evolution. In der Welt hingegen streben wir nach Gerechtigkeit, und Revolution, also der qualitative Sprung über mehrere Stufen organischer gesellschaftlicher Entwicklungen hinweg, ist ein praktiziertes Mittel in der Zivilisationsgeschichte. Unabhängig davon, wie das normativ bewertet wird. Am Ende der Jagd auf die noch zwei gesuchten Angehörigen der Dritten Generation steht das Recht. Es wird zu einem Prozess kommen. Inwieweit das Recht dann der Gerechtigkeit genüge tut, ist eine weitere Frage.

Wenn es etwas in unserem Staat gibt, dem ich vertraue, dann ist es die Justiz. Wir haben zwar eine Klassenjustiz, die grundsätzlich die Interessen der Herrschenden vertritt. Aber die Justiz ist keinesfalls ein kohärentes Wesen, sondern in sich widersprüchlich, besteht wie die Gesellschaft aus diversen Schulen, Fraktionen, Interessen. Eine jüngere Richterin aus Berlin wird in einem Vergewaltigungsprozess das Recht anders interpretieren als ein Richter kurz vor der Pension aus Oberbayern. Ein konservativer Richter mit Aktienvermögen und Hausbesitz wird das Recht in einem Mietprozess anders interpretieren als eine linke Richterin, die in ihrer Freizeit auf Antifa-Demos unterwegs ist. Richter*innen sind subjektive Wesen, Emotionen und Ideologien unterlegen, auch wenn unserer Rechtsphilosophie fälschlicherweise als Grundlage der Idealfall einer über allen subjektiven Faktoren schwebenden Objektivität zugrunde liegt. In diesem ambivalenten Spannungsfeld liegt die Chance auf Gerechtigkeit im Prozess gegen Klette, Staub und Garweg.

Auf diesen Prozess bin ich gespannt. Unter anderem, weil dort auch die Schießerei zwischen GSG 9 und RAF in Bad Kleinen eine Rolle spielen wird. Was da passierte und immer noch im Nebel der Verschleierung liegt, toppt jeden Krimi.  

Kannste Dir nicht ausdenken. Zeugen haben gesehen, wie ein GSG 9 Angehöriger den wehrlos am Boden liegenden RAFler mit Kopfschuss ermordeten. Das haben sie später widerrufen. Warum? Zitat: „Es ist bis heute umstritten, ob er sich den Schuss selbst in auswegloser Lage zufügte oder – so die Eltern und Unterstützer Grams’ – ob nacheilende GSG-9-Beamte, möglicherweise aus Rache für den sterbenden Kollegen Michael Newrzella, Grams bereits auf dem Gleis liegend dessen Waffe entwanden und ihn erschossen.“

Versöhnlicher Schluss: Unsere ermittelnden Jungs vom LKA Niedersachsen führen sich in Berlin bei der Jagd auf wie, Zitat: „Die Russen in Prag“

Wir sind die Niedersachsen, sturmfest und erdverwachsen.