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25.08.2024 – Manuskriptentwurf der Rede von Kanzler Scholz zur Lage der Nation nach dem Solingen Attentat.

Yorckbrücken im Sommer, nachmittags. Normalerweise sausen hier 50.000 Autos am Tag durch, tausende Radfahrer*innen und Fußgänger, Metropole pur, und ich kann nur dankbar sein, hier in einem Hinterhaus zu wohnen. Die Hitze der Sommerferien legt einen Schleier von Leichtigkeit und Realitätsferne über das Ensemble. So viel zur Frage: Wie fotografiert man Sommerferien?

Diese Anmutung einer entschleunigten Welt mitten in ihrem eigentlichen Getöse wird mir fehlen. Wenigstens hat nächste Woche der Hades wieder auf, Imbiss-Treffpunkt im Vorderhaus und soziale Anlaufstelle für die Müheseilgen und Beladenen der Umgebung. Was hat sich verändert in den letzten Wochen? Die Stimmung des gemeinen Volks, nach dem Solingen Attentat (und bei aller Zuneigung zu den Beladenen da: Das Volk ist teilweise echt gemein in dem Laden)? Und damit die Lage der Nation?

Hier Auszüge aus dem Manuskriptentwurf der Rede von Kanzler Scholz zur Lage der Nation nach dem Solingen Attentat, wann die Rede gesendet wird, ist noch offen.

„Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

der Anlass, weshalb ich mich heute an Sie wende, ist das schreckliche Attentat von Solingen. Unser aufrichtiges Mitgefühl gilt den Opfern und ihren Angehörigen. Den Täter und mögliche Hintermänner und Komplizen wird die volle Härte des Gesetzes treffen. Terror und Gewalt haben in unserer Gesellschaft keinen Platz.

Ich möchte diesen traurigen und schrecklichen Vorfall auch zum Anlass nehmen, um in den heutigen Krisenzeiten ein paar grundsätzliche Worte zur Lage der Nation an Sie, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, zu richten. Welche Konsequenzen wird dieses Geschehen haben, welche Perspektiven und Möglichkeiten für die Zukunft können sich für uns alle daraus ergeben?

Vorab ein paar Bemerkungen zur Einordnung des Attentates, das offensichtlich einen islamistischen Terrorhintergrund besitzt. Islamistischer Terror ist ohne Wenn und Aber zu verurteilen. Die Welt, für die dieser Terror steht, ist nicht die unsere. Für unsere Werte gilt es nun, einzustehen und zu streiten, wehrhaft zu streiten und zu kämpfen.

Islamistischer Terror ist nicht neu. Es gibt ihn seit vielen Jahrzehnten, er hat zehntausende Opfer gekostet. Im vorigen Jahrhundert war er eine überwiegend regionale Angelegenheit, mit Ausnahmen auf die arabische Welt beschränkt. Nachdem die USA als Folge der Anschläge vom 11.09.2001 Afghanistan und Irak den Krieg erklärten, weil sie fälschlicherweise diese Länder als Drahtzieher vermuteten, wurde die Region destabilisiert. Vormals diktatorische, aber stabile Staaten wie Irak und Syrien zerfielen, andere wie der Libanon folgten, den Krieg in Afghanistan verlor die USA ebenso wie den Vietnamkrieg, jahrzehntelange Bürgerkriege und kriegerische Auseinandersetzungen folgten. Mit ihnen wurde der islamistische Terror in alle Welt exportiert. Er ist mit seinen zehntausenden Opfern wie jeder Terror uneingeschränkt zu verurteilen und zu bekämpfen.

In diesem Zusammenhang sei an den faschistischen Terror erinnert, der allein im 2. Weltkrieg in deutscher Verantwortung über 50 Millionen Tote zur Folge hatte und im singulären Menschheitsverbrechen des Holocaust mündete. Es sei auch an kommunistischen Terror erinnert, an Stalins Gulag, Maos Terror und die Killing Fields von Pol Pot. Das alles forderte weit über 20 Millionen Tote.

Ich möchte hier und heute aber auch an einen Terror erinnern, der jährlich 9 Millionen Tote fordert. Hungertote. Und dass, obwohl niemand auf der Welt hungern müsste. Wir haben die Möglichkeiten, genügend Nahrungsmittel für alle zu produzieren und zu verteilen.

Das ist Terror. Es ist der Terror des Marktes.

Der Hunger in der Welt ist ein Verteilungsproblem. Und dieser Terror kann nur bekämpft werden, wenn man seine Ursache erkennt und bekämpft: Den Kapitalismus.

Deshalb werde ich Ihnen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, im Folgenden einen 10 Punkte Plan meiner Regierung zur Abschaffung des Kapitalismus und damit zur Reduzierung des Terrors in der Welt vorstellen:
1. …..

Wird fortgesetzt.

24.08.2024 – Wie fotografiert man Hitze?

Sowjetisches Ehrenmal, Berlin-Treptow. Zur Erinnerung an die Millionen Toten der Roten Armee, die die Befreiung vom Nationalsozialismus gekostet hat.

Zur Ambivalenz von Geschichte gehört auch, dass gestern der 85. Jahrestag des Hitler-Stalin-Paktes war, . Nach dessen Abschluss hatte Hitler freie Hand, er überfiel (nicht alleine, ein paar Millionen Nazideutsche waren schon mit dabei) Polen, der zweite Weltkrieg begann. Nach dessen Ende stand der Russe in Berlin und an der Elbe. Dann, 1989 ff. verschwand das Reich des Bösen (Russen) auf dem Misthaufen der Geschichte. Das Ende der Geschichte trat ein, alles wurde gut, Demokratie und Friede, Freude, Eierkuchen.

Bis auf ein, zwei Kleinigkeiten.

Die globale Ausbeutung nahm extreme Formen an. Der neoliberale Kapitalismus siegte an allen Fronten und produzierte wachsende Spaltungen der Gesellschaften und Demokratie-Abbau weltweit. Im Osten muckte ein weiterer böser Russe auf, im Westen kamen die Nazis wieder schwer in Mode, global ging der Planet langsam über jenen Jordan, der kein Wasser mehr führt, wg. Klima. Und immer mehr Hungerleider machen sich auf den Weg zu „uns“, mit Seuchen, Armut, Gewalt im Gepäck. Ein bisschen Terror, wen wundert es, darf auch dabei sein.

Egal, ob die Terrorattacke in Solingen IS-Hintergrund hat oder nicht, ein besseres Timing für den Sieg der AfD nächste Woche im Osten hätte sie gar nicht haben können.

Es ist alles in seiner trivialen Zwangsläufigkeit so ermüdend, dass selbst eine Wurst wie Scholz mit seiner grotesken Witznummer einen nicht mehr erheitern kann: Kanzler Scholz will »mit der ganzen Härte des Gesetzes« gegen den Attentäter vorgehen. Echt jetzt? Nicht nur mit der halben?

Schrecklicher kann man die vollständige eigene Hilflosigkeit, Überforderung und Kapitulation nicht formulieren. Und leider merken auch immer mehr geneigte Sozis und andere (H)Ampelmäner, dass dieser Kaiser schon lange keine Kleider mehr anhat. Isch over.

Man retiriert ins Private und hofft, dass das Allerschlimmste erst post mortem eintrifft. Ich für meinen Teil frug mich in Berlin bei sengenden 35plus Graden unlängst: Wie fotografiert man Hitze? Sonnenball mit ins Bild, weite, leere Fläche, Zentralperspektive. Siehe oben. Ich find’s gelungen. Was meinen Sie?

Später auf der Oranienstr., neben dem SO 36, einem Musikschuppen, Mekka von Hardcore und Punk. Wir saßen zwecks Imbiss vor einem kurdischen, arabischen, persischen, ich weiß nicht mehr was, Laden, von nebenan dröhnte Motörhead, the late Lemmy Kilmister. Ich musste plötzlich an einen Freund denken, der obzwar Künstler, Lehrer und deutlich älter als ich, auf so Zeug stand. Unlängst Selbstmord. Erinnerungen gingen mir durch den Kopf. Ich ging ins Lokal, wollte mir noch einen Wein holen. Drinnen spielte „Smooth Operator“. Als ob die Baustelle eben nicht reichen würde. Das gab mir erstmal den Rest, bittersüßer Erinnerungsschmerz drückte mich mit dem Wein auf die Holzbank vor dem Lokal zurück. Hört das nie auf, dachte ich noch, dann brauste ein Motorrad direkt an uns vorbei, auf dem Bürgersteig. Bestimmt Migrationshintergrund, dachte ich wütend, die halten sich selbst in SO 36 nicht an die Regeln der alternativen Weltverbesserinnen und COzwo Abstinenzler. Heute würde ich bestimmt noch ein, zwei Liter Wein brauchen, und keine Weltpolitik mehr.

20.08.2024 – Jenseits von Porno. Fesseln, Knebeln, Peitschen.

Fetisch-Hof e. V. (!), Neukölln, sehr schräg gegenüber Judy’s Kino-Bar. Ohne Vereinsgründung geht in Deutschland gar nichts. Ich würde gerne mal deren Satzung lesen. Vielleicht ist das Vereinswesen ja ihr erotischer Fetisch. Eine Jahreshauptversammlung mit Vorstandswahl als orgiastische Ekstase.  Aber da ist wohl meine Phantasie mit mir durchgaloppiert… In Berlin lauern Abgründe und Exotik hinter jeder Ecke und sei es im Vereinswesen.

BDSM heißt nicht Bund Doitscher Sauberer Mädels, sondern ist ein Akronym von „Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism“. Männer, und hier kriegen wir elegant die Kurve zum hier üblichen Thema, sind wesentlich häufiger masochistisch orientiert. So die Statistik. Da Sexualität auch gesellschaftlich geprägt wird, klingt das logisch. Den Herren der Schöpfung (Tusch, Narhalla Marsch) wird nach wie vor, und im Zeitalter des gesellschaftlichen Rollbacks vermehrt, die Rolle männlicher Dominanz zugeschrieben, Härte, keine Gefühle, keine Schwäche, zunehmend militarisiert, Heldentum, stählerne, muskulöse Körper, etc. pp. Die ganze klassische Palette halt. Da ist Masochismus eine Entlastungsflucht vor der Überforderung durch gesellschaftlichen Druck und Erwartung, aber auch Spiel mit anderen Mustern, Rollentausch. Zur Verdeutlichung stelle ich mir vor, klassische Filme mit maskulinen Prototypen wie John Wayne und Clint Eastwood blenden zum Happy-End, so es eins gibt, nicht schamhaft ab, sondern begleiten die Helden und ihre Herzensdamen ins Boudoir. Und da hängt über dem Himmelbett die Peitsche, John und Clint werden erstmal fachgerecht verschnürt, geknebelt, geprügelt, und das vormals eher schüchterne Blondchen erweist sich als Furie in Lack und Leder. Und dann erst geht die rote Abendsonne unter Streicherklängen am Horizont unter und es heißt „The (Happy) End“ … Ich sollte Drehbuchautor in Hollywood werden.

Das Ernsthafte und Traurige an dieser Story ist, dass Generationen von Männern auch durch filmische Stereotype wie im Fall John Wayne und Clint Eastwood mit geprägt wurden. Es sind nicht nur die ökonomischen Verhältnisse, die die Menschen, hier Männer, verrohen lassen, es sind auch kulturelle und psychische Prägungen. Wann ist denn Mann ein Mann, fragte Grönemeyer. Nach Wayne und Eastwood-Muster, wenn er, siehe oben, keine Gefühle zeigt, cool wirkt, brutal ist, schweigsam, humorlos, Konflikte nur mit Gewalt lösen kann, Beziehungen nur als Dominanz- und Machtverhalten kennt etc. pp. Interessanter Sonderaspekt: Die Mobilität bei Beiden, Wayne immer im Sattel, Eastwood dauernd irgendwelche Karren zu Schrott fahrend, also immer rastlos, andere Territorien erobernd …

Da muss man jetzt kein Psychoanalyse-Genie sein, um zu sehen, dass das Charaktereigenschaften sind, an die eine faschistische Herrschaft nicht nur andocken kann, sondern die sie notwendig zur Machtausübung braucht. Mit der LGBTQ Community ist da kein Staat zu machen, weshalb die auch vor allem von Klerikal-Faschisten mit mörderischem Hass verfolgt werden, nicht nur im Iran, Saudi-Arabien, Gaza etc.

Heiterer Abschluss für Heute: Als wir vor dem Haus oben standen und ich Fotos machte, kamen zwei Bewohnerinnen und schlossen es auf. Ich bin mir selten so blöd vorgekommen, als Provinzpussy, die kichernd die verruchte Welt der Metropole beschnuppert.

19.08.2024 – Meine Erlebnisse im Pornokino

Judy’s Kino-Bar. Flasche Krimsekt 150 Euro. Porno-Kino mit Séparées, ergo mit integriertem Bordellbetrieb. Neukölln, Kirchhoffstr. Ich wage zu bezweifeln, dass der Laden im Zeitalter von Internet-Pornografie noch geöffnet ist. Ich habe das Foto und die Überschrift auch nur deshalb hier eingestellt, weil nach der Überschrift im Blog von gestern, in der „Pornographie“ vorkam, die Zugriffszahlen ca. 30 Prozent höher waren. Ich werde das probeweise ein paar Tage durchexerzieren und wenn sich bestätigt, dass die erhöhten Klickzahlen kein Zufall sind, hier nur noch statt Kapitalismuskritik und Faschismusanalyse famos versaute Geschichten veröffentlichen. Ein eher hartes Brot und jederzeit durch KI ersetzbar.

Bis es soweit ist, gehe ich kurz auf einen vermeintlichen Widerspruch ein: Einerseits behaupte ich, der Faschismus sei die extremste Form bürgerlicher, also kapitalistischer Herrschaft, andererseits warnen im Vorfeld der Septemberwahlen immer mehr Unternehmer*innen vor der AfD. Die AfD schade dem Ruf des Standortes, verprelle Investoren und Facharbeiter. Das entspricht dem allgemeinen Tenor bürgerlicher Öffentlichkeit, was in den Leitmedien und einschlägigen Gesprächsrunden so kolportiert wird. Dem entziehen sich auch Kapitalvertreter nicht, running with the pack.

Fakt ist jedoch, dass rechtspopulistische Regierungen als Vorläufer faschistischer Herrschaft im Normallfall keine Investoren abschrecken. Der Ruf eines Standortes ist das eine. Die reale, neoliberale Wirtschafts- und Steuerpolitik solcher Regimes, die Unternehmen und Kapital mit günstigsten Steuer- und Investitionsmöglichkeiten bevorzugt, mit der Entrechtung von Arbeitnehmer*innen und Schwächung von Gewerkschaften, ist das Andere. Das, was Unternehmen im Ernstfall still und leise begrüßen, wo sie investieren und prosperieren. Abschreckung von Fachkräften mag kurzfristig sein, wird aber mittel- und langfristig als disruptives Moment wahrgenommen, das durch Rationalisierung, Digitalisierung, KI ausgeglichen wird. Die falsche Energiepolitik von Rechtspopulisten und späteren Faschisten mit der Fokussierung auf fossile Brennstoffe und Atom, die von Unternehmensseite beklagt wird, führt schneller als bisher in die Klimakatastrophe, aber in den mittelfristigen Bilanzen von Unternehmen ist es piepenhagen, ob ihre Energie aus AKWs kommt. Wenn die Katastrophe da ist, sind die Entscheider von heute weg. Im Zweifel machen die es so wie ich: Nach mir die Sintflut.

Bleibt die Drohung der AfD mit dem DEXIT, Austritt aus der EU. Kommt erstens nicht und zweitens wenn: So verheerend ist der Brexit in GB auch nicht gewesen – außer für die Armen und die verarmende Mittelschicht – sonst hätte Labour nach dem Wahlsieg den sofort rückgängig gemacht. Labour wird nichts dergleichen tun. Es wird also nichts so heiß gegessen wie es gekocht. Das Kapital hat immer unter allen Umständen prosperiert und investiert. Und die neoliberalste Politik fordert nun mal die AfD: Keine Erbschaftssteuer, Senkung der Unternehmenssteuer, Privatisierung der Rente, Abschaffung des Bürgergeldes, Zerschlagung des Restsozialstaates, Reduzierung der Arbeitnehmerinnenrechte, das ganze Kultur und Gendergedöns wird abgeschafft, die Mittel in Steuersenkungen für Spitzenverdienende umgeschichtet, die Rüstungsindustrie noch weiter angekurbelt, etc. pp. Das Kapital investiert schon jetzt in die AfD und wird mit fliegenden Fahnen ins braune Lager wechseln, wenn sich der Sieg anbahnt. Es rechnet sich. Jenseits der Sonntagsreden ihrer Vorstandsvorsitzenden haben deren Referenten und Kalkulatoren schon minutiös ausgerechnet, wie sich ein Sieg des Faschismus in ihren Bilanzen auszahlt. Amen.

Ich werde jetzt nicht die Hände in den Schoß legen nach dem Ende des Blogs, sondern mich schon mal warm schreiben, für das Porno-Projekt. Sie, liebe Leserinnen, können mir gerne ein paar Anregungen zuschicken. Auf dem Papier ist das Geschehen mitunter doch recht eindimensional.

Ein handfester Berlin-Tipp noch: Obige Kirchhoffstr. liegt im Neuköllner Rixdorfkiez, den ich zum Flanieren nur empfehlen kann. Direkt hinter dem wuseligen Karl-Marx-Platz mit einer entzückenden Weinbar beginnt dieser dörfliche Kiez, beschaulich, ruhig, mit seiner alten Schmiede, dem Richardplatz mit der Villa Rixdorf, wo es noch günstig jede Menge Berliner Küche zu schnabulieren gibt …

18.08.2024 – Ich weiß nicht, was Pornographie ist. Aber wenn ich sie sehe, erkenne ich sie

ECK-KNEIPE. Berlin, Mariannenplatz. Selbst die Eingangstür ist noch aus den 70ern. Der Rest auch. Ein Ort der vollkommenen Bier-Kontemplation in einer der Realität vor der Tür entrückten Welt.

Ein paar Ecken weiter fand gestern wieder eine Pro-Palästina-Demo statt, mit ca. 1000 TN, Hassparolen, Hamasverherrlichung und Hitlergruß . Das Übliche halt, dutzendfach jeden Monat seit dem Überfall der faschistischen Terrorgruppe Hamas am 7. Oktober. Vor meinem inneren Auge sehe ich schon am Jahrestag des Überfalls Tausende auf deutschen Straßen jubeln, singen, hassen, den faschistischen Terror verherrlichen. Mit tatkräftiger Unterstützung linker, einheimischer Antisemitinnen.

Es ist ja immer auch eine Frage der Sprache. Diese Demos sollten nicht „Pro-Palästina“ geframt werden, sondern als das, was sie sind: Antisemitische Demonstrationen.

Auch dieses Mal wurden wieder Gegendemonstranten von den Faschisten attackiert. Ich war nicht dabei, aber es dürfte sich um bei den Gegendemonstrant*innen um eine Handvoll Rest-Linker mit Anstand gehandelt haben und ein Dutzend zu Tode verängstigter Mitglieder der jüdischen Gemeinde, die noch den Mut haben, sich öffentlich zu zeigen. Irgendwann, nach dem nächsten 7. Oktober und dem nächsten zusammengeschlagenen jüdischen Studenten an der Berliner FU, wird sich das ändern und sie werden es sich nicht mehr trauen. Sondern die gepackten Koffer, auf denen mittlerweile immer mehr sitzen, nehmen und auswandern.

Sommer 2024, im Land der Shoa.

Es gibt eine Umkehrung des treffenden Bonmots „Ich weiß nicht, was Pornographie ist. Aber wenn ich sie sehe, erkenne ich sie.“: „Ich weiß, was Faschismus ist. Aber erkenne ich ihn, wenn ich ihn sehe?“ Bei der obigen Demo ist das noch einfach, das ist migrantischer und rotlackierter Faschismus. Aber sonst?

Hier sind als Orientierung14 Merkmale des Ur-Faschismus nach Umberto Eco aufgelistet, . Das kann man wissen, analysieren, ergänzen. Aber wo und wie kann das in konkreter, gesellschaftlicher Praxis erkannt werden, gerade bei einer Gesellschaft im demokratischen Niedergang? Ist der Landkreis Sonneberg ein faschistischer, weil es hier einen AfD-Landrat gibt, der anfängt „aufzuräumen“? Wäre Thüringen ein faschistisches Bundesland, wenn Höcke da nach den Landtagswahlen MP einer AfD-Minderheitsregierung würde? Wäre die BRD faschistisch, wenn es nach den Wahlen im nächsten Jahr eine CDU-Minderheitsregierung gäbe, die von der AfD geduldet würde, gegen weitreichende Zugeständnisse? Alles hypothetisch.

Noch.

Aber die Schwierigkeiten zeichnen sich ab. Das ist keine Frage von Kathedertheorie, sondern bedeutsam für die Organisation von demokratischer Gegenwehr. Ab welchem Stadium faschistoider Entwicklung sind welche Mittel legitim, selbst wenn sie nicht legal sind?  Beispiel Generalstreik der Gewerkschaften. Eine zugegeben lächerliche Vorstellung, deutsche Gewerkschaften, die Papiertiger und Bettvorleger des Kapitals par excellence, im Generalstreik…. Eher friert die Hölle ein.

Ich werde jetzt mal testen, ob der Satz in der Überschrift stimmt und stelle mir zum Schluss angesichts obiger Demo eine Berlinnotorische, auf alle Bereiche in der Metropole anwendbare Frage: Sind die Berliner Wasserwerfer eigentlich alle kaputt?

17.08.2024 – Niemand hat die Absicht, eine Brandmauer zu errichten

Demo 1 – Ganz normale, fürsorgliche (der Supermann im Hintergrund kümmerte sich rührend um die Frau im Rolli) Halbfaschisten, Unter den Linden. Demo der Partei „Die Basis“ in Berlin im August.

Demo 2 – Berlin am gleichen Tag, Mehringdamm. Hysterisch schreiende Dreiviertelfaschisten, bei Pro-Palästinaaktionen. Mit von der Partei: Jede Menge pseudolinke, junge deutsche Anti-Imperialisten, geeint im Antisemitismus. Ein großes Polizeiaufgebot musste ein Häuflein schweigender jüdischer Gegendemonstranten bei einer Mahnwache (hinter der untergehenden Sonne) schützen, die andernfalls ihres Lebens nicht mehr sicher gewesen wären. Berlinüblich dürfte die Hälfte der pseudolinken, jungen deutschen Antiimperialisten irgendwie genderfluid, trans, queer, was auch immer gewesen sein. Wie sehr der Antisemitismus wahnhaft ist, sieht man daran, dass die jungen deutschen Antiimperialisten mit ihrer Lebensweise in den Ursprungsländern der meisten Demonstrierenden umgehend gesteinigt oder an Baukränen aufgeknüpft würden. Oder haben Sie, liebe Leserinnen, schon mal was von einer CSD-Parade im Iran, Gaza, Syrien, etc. pp. gehört?

Dieses groteske Faschismusgetränkte Szenario ist mir nur deshalb der Rede wert, weil sich mittlerweile –Jahre zu spät – selbst Bürgermedien wie Spiegel etc. die Frage stellen: Faschismus ante portas? Inklusive: Wie konnte es soweit kommen? Und was kann man dagegen tun?

Interessant an diesen eher hilflosen Erzählungen ist die Tatsache, dass sie bei der Analyse, also bei dem Versuch einer Faschismustheorie, schon im Ansatz scheitern, indem sie konsequent den Begriff „Kapitalismus“ meiden, wie der muslimische Scheitan das katholische Weihwasser.

Im September sind drei Landtags-Wahlen in Ostdeutschland, bei denen vermutlich die AfD stärkste Partei wird und sich die Frage von Koalitionen, Regierungen neu stellt. Die bürgerliche Anti-AfD Front bröckelt nicht erst seit gestern, sie hat in Wirklichkeit nie bestanden, außer aus hohlen Phrasen. Niemand aus dem bürgerlichen Lager hatte je und hat ernsthaft die Absicht, eine Brandmauer gegen die AfD zu errichten. Allein aus dem Grund, weil das Fleisch vom eigenen Fleisch ist. Der Faschismus ist keine vom Himmel gefallene Staatsform, die von Außerirdischen praktiziert wird, sondern die extremste Form bürgerlicher Herrschaft. Alle führenden Figuren vom Lehrer Höcke über den Staatsekretär Gauland bis zum Malermeister Chrupalla, zur Unternehmensberaterin Weidel, zum Adelssprössling  von Storch entstammen dem Bürgertum. Siehe auch früher Dr. phil. Joseph Goebbels, Oberleutnant Göring, Diplomlandwirt Himmler. Die ideologischen und geistigen Grundlagen lieferten damals hochrespektierte Philosophen, Lehrstuhlinhaber, Schriftsteller wie Heidegger, Carl Schmitt, Ernst Jünger, Gottfried Benn. Alle natürlich nach dem „Zusammenbruch“ des Faschismus in der BRD vom Bürgertum weiter hoch ver- und geehrt. Ökonomische Grundlage des Faschismus war immer der Kapitalismus. Wirre revolutionäre, antikapitalistische und unbürgerliche Abweichler wie Ernst Röhm oder Gregor Strasser wurden umgehend nach der Machtübernahme der Nazis von ihren eigenen Kumpanen ermordet.

Diese historischen und aktuellen Querfronten zwischen Faschismus und Bürgertum sollte im Hinterkopf behalten, wer überlegt, wie sich eine schleichende faschistische Machtübernahme in der BRD gestalten lässt. Nicht umsonst sind die Hälfte aller CDU-Mitglieder für eine Kooperation mit der AfD. Was sie eint, ist die Verachtung für das ganze linksalternative Gendergedöns, für eine offene, diverse Kultur, für das Klimagedöns, für aufmüpfige Frauen (die sollen am liebsten mit Kopftuch rumlaufen, sieh Foto oben, nur in der christlich-abendländischen Version, mit Kreuz und Rosenkranz), ihr tiefsitzender strukturelle Rassismus, die Verachtung für den Pöbel, die niederen Schichten. Auch wenn sie diese zur Machtübernahme brauchten wie die SA früher, und aktuell brauchen wie die rechten Schläger, die die kulturelle Hegemonie auf der Straße im Osten hergestellt haben.

Natürlich sind nicht alle Bürgerlichen Faschismusaffin. Aber man sollte sich nach den Septemberwahlen lieber über nichts mehr wundern. Sonst wird man sich noch wundern.

09.08.2024 – Die AfD lässt ihren Dreckswahlkampf von der Realität erledigen

Nach ca. 15 Jahren auch in Hannover.

Thema in diesem Blog seit Jahren: Der Kapitalismus ist in einer Übergangsphase, unsere bürgerlich-liberale Gesellschaft löst sich nach Jahrzehnten der Stabilität auf und der Faschismus als extremste Form bürgerlicher Herrschaft ist auf dem Vormarsch. Wie der Vormarsch in seiner militanteren Form aussehen kann, ist zur Zeit in England zu begutachten, wo der faschistische Mob auf den Straßen seit Tagen nicht unter Kontrolle gebracht werden kann. In der Mehrzahl agiert er in Hafenstädten, wo der Verfall der klassischen Arbeiterklasse, der ehemaligen weißen, männlichen Facharbeiterelite, am fortgeschrittensten ist. Hier agiert SA-ähnlich organisierter Faschismus, den es in der Form bei den spontanistischen Ausschreitungen von Lichtenhagen noch nicht gab. Ca. 7 Prozent der englischen Bevölkerung befürwortet diese Gewalt, ca. 4 Millionen. Wenn von denen ca. 10 Prozent gewaltbereit sind, wären das ungefähr 400.000. Das entspricht der Mitgliederzahl der SA vor der Machtübernahme der Nazis. In England sind die Klassengegensätze ausgeprägter als bei „uns“, die Armut wesentlich elender. Aber da holen wir den Engländer noch ein. Anders als beim Fußball und den olympischen Spielen.

Hauptursache für den Vormarsch des Faschismus ist die wachsende Spaltung zwischen Arm und Reich. Immer mehr Superreiche auf der einen, immer mehr Arme, die zusehends verelenden, auf der anderen Seite. Die Mitte der Gesellschaft, ihre tragende Säule, erodiert, fühlt sich vom sozialen Absturz bedroht und reagiert darauf zusehends aggressiv. Sie tritt nach unten.

Wenn ich sowas erzähle, kann man das als Angstlust getriebene Wahnvorstellung eines unheilbar undogmatischen Linken abtun.

Wenn das millionenschwere Investmentbanker erzählen, die das Herz der Bestie von innen kennen, hat das eine andere Bedeutung.

Gary Stevenson z. B. wuchs in einfachen Verhältnissen auf und verdiente später als Investmentbanker Millionen. Inzwischen wirbt er dafür, große Vermögen stärker zu besteuern. Nur so seien die westlichen Gesellschaften zu retten.

Siehe hier:    

 Zitate: „

… Ich kam zu dem Schluss, dass der Grund für die Flaute der westlichen Volkswirtschaften ein wachsendes strukturelles Problem der Vermögensungleichheit ist. Und dieses Problem wird immer größer. Die Ungleichheit wird schneller wachsen und schließlich außer Kontrolle geraten….

…. Wir befinden uns derzeit in einer Phase der sich schnell ändernden Vermögensverteilung. Wir hatten eine 60- bis 70-jährige Periode in Westeuropa, in der wir eine große, bedingt wohlhabende Mittelschicht hatten. Das ist eine historische Anomalie. Und jetzt verlieren wir das, weil die Mittelschicht ihren Wohlstand an die Eliten abgibt. Es gibt einen massiven Vermögenstransfer innerhalb unserer Gesellschaften, der für Reiche sehr gut funktioniert…

….. die Geschwindigkeit, mit der sie die Mittelschicht enteignen und die Lebensstandards für normale Leute verringern, ist so hoch, dass sie die westlichen Gesellschaften destabilisieren

In der ganzen westlichen Welt gewinnt die extreme Rechte an Popularität. Und es ist wirklich schwer, dabei nicht an das frühe 20. Jahrhundert zu denken. Wenn die Mainstream-Politiker keine Lösungen zum Erhalt der Lebensstandards haben, werden die Leute nach extremeren Alternativen suchen. …“

Wenn Sie mich fragen, lieb Leserinnen: Die Leute haben die extremen Alternativen gefunden. Die Wahlen in der Ostzone im September werden das an den Tag legen.

 Die AfD macht vor den Wahlen sehr geschickt: Sie hält die Füße still. Nichts zu sehen, nichts zu hören. Die AfD lässt ihren Dreckswahlkampf von der Realität erledigen, die schmutziger und hässlicher, realer und wirksamer als jede rechte Hetzkampagne den Abgehängten ihr Elend vor Augen führt und die noch nicht Abgehängten mit Angst vor dem Absturz erfüllt

05.08.2024 – Olympiade, Zwischenbilanz.

Ein Wort mit drei R hintereinander. Selten in der deutschen Sprache.

Ob das bei Olympia mit der Geschirrrückgabe gut klappt, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Ökobilanz von solchen Megaevents wie Fußball-EMs, WMs, Olympiaden ist verheerend, das Geld sollte allein aus diesen Gründen in andere Sachen investiert werden. Es bleibt zu hoffen, dass mögliche deutsche Bewerbungen für eine Olympiade von der Bevölkerung der betroffenen Regionen verhindert werden. Eine gruselige Vorstellung: Olympia 2036, 100 Jahre nach der Nazi-Olympiade, wird von einer AfD-Kanzlerin eröffnet.

Solche Megaevents sind reine Kommerzveranstaltungen, bis unter die Halskrausen gedopt, voller Nationalismus und gefüllt mit irrsinnigem Geplapper. Kein zurechnungsfähiger Mensch hält das daueraufgekratzte Fröhlichkeitssimulationsgequatsche der TV-Moderationsattrappen mehr als 5 Minuten aus, die durch zwei Dinge gekennzeichnet sind: Eine chronische Gesichtslähmung, die wohl Grinsen darstellen soll. Und die vollständige Abwesenheit von Kritik. Es sei, denn es ginge gegen den Chinesen. Wg. Doping. Man kennt ihn ja, den Chinesen, hinterhältig nur einmal.

Dabei ist Jeder da mit irgendwas gedopt, von der Athletin über den Kabelträger bis zur Moderatorin hin zum Staatspräsidenten, Koks, Speed, Gras, Upper, Downer, Alk, etc. pp.

Das einzig Tröstliche an dieser Hanswurstiade ist die deutsche Medaillenbilanz. Mal wieder desaströs, wie beim Fußball. Abgehängt, schlaff, leistungsunwillig, so isser, der Deutsche 2024. Arbeiten will auch keiner mehr. Und nach Ende der Spiele werden wieder die stabilen Genies des neoliberalen Zeitgeistes raunen, da bestünde doch ein Zusammenhang zwischen der ökonomischen Bilanz der letzten Jahre und der in den Medaillen und beim Fußball.

Anders als nach dem Krieg, siehe Wirtschaftswunder, will keiner mehr in die Hände spucken. Höchstens um sich die Hare zu gelen für das Freizeitvergnügen, Disco und yeah yeah yeah. (Siehe dazu auch hier)

Die Leistungsbilanz wird ja noch verheerender, wenn wir uns vergegenwärtigen, in welchen Sportarten „wir“ noch Medaillen gewinnen. Vor allem im Pferdesport, also da, wo sich die Elite tummelt (Angehörige des Prekariats können sich eher keine Zossen leisten). Bogenschießen, Rudern noch, nichts, was in sozialen Brennpunkten praktiziert wird. Solche Sportarten sind teuer.

In jenen dagegen, wo es nur um den Körper, die Willenskraft geht, getreu dem Motto „flink wie Windhunde, zäh wie Leder, hart wie Kruppstahl, “ in der Leichtathletik und im Schwimmen, da hinkt der Deutsche, vor allem der der niederen Stände, im wahren Wortsinne ermattet hinterher. Bis auf Ausnahmen muss man froh sein, wenn kein deutscher Athlet im Schwimmbecken ertrinkt oder sich auf der Laufbahn die Beine bricht.

Wie soll man mit so einer Ansammlung von Flaschen und Nullen das Wachstum ankurbeln, die Leistungsbilanz positiv drehen und Nato-Kriege gegen den Feind im Osten führen?

Bei der vorherrschenden Grundeinstellung wird doch in jedem Bataillon bei der ersten Granatenexplosion eine Selbsthilfegruppe der Hörgeschädigten gegründet.

Da müssen andere Saiten aufgezogen werden. Als erstes nehmen wir uns die Stütze-Sauger vor, denen ziehen wir mal ordentlich die Hammelbeine lang. Und wenn das erfolgreich durchgeht, kommen andere dran, die jetzt noch glauben, sie seien in Sicherheit, wenn sie nur laut genug gegen Bürgergeldbezieher hetzen.

Und nun zum Triathlon, wo wir gerade Gold gewonnen haben. Triathlon, auch so ein Sport, bei dem der gemeine Angehörige des Prekariats noch nicht mal weiß, wie man das schreibt.