Yorckbrücken im Sommer, nachmittags. Normalerweise sausen hier 50.000 Autos am Tag durch, tausende Radfahrer*innen und Fußgänger, Metropole pur, und ich kann nur dankbar sein, hier in einem Hinterhaus zu wohnen. Die Hitze der Sommerferien legt einen Schleier von Leichtigkeit und Realitätsferne über das Ensemble. So viel zur Frage: Wie fotografiert man Sommerferien?
Diese Anmutung einer entschleunigten Welt mitten in ihrem eigentlichen Getöse wird mir fehlen. Wenigstens hat nächste Woche der Hades wieder auf, Imbiss-Treffpunkt im Vorderhaus und soziale Anlaufstelle für die Müheseilgen und Beladenen der Umgebung. Was hat sich verändert in den letzten Wochen? Die Stimmung des gemeinen Volks, nach dem Solingen Attentat (und bei aller Zuneigung zu den Beladenen da: Das Volk ist teilweise echt gemein in dem Laden)? Und damit die Lage der Nation?
Hier Auszüge aus dem Manuskriptentwurf der Rede von Kanzler Scholz zur Lage der Nation nach dem Solingen Attentat, wann die Rede gesendet wird, ist noch offen.
„Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
der Anlass, weshalb ich mich heute an Sie wende, ist das schreckliche Attentat von Solingen. Unser aufrichtiges Mitgefühl gilt den Opfern und ihren Angehörigen. Den Täter und mögliche Hintermänner und Komplizen wird die volle Härte des Gesetzes treffen. Terror und Gewalt haben in unserer Gesellschaft keinen Platz.
Ich möchte diesen traurigen und schrecklichen Vorfall auch zum Anlass nehmen, um in den heutigen Krisenzeiten ein paar grundsätzliche Worte zur Lage der Nation an Sie, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, zu richten. Welche Konsequenzen wird dieses Geschehen haben, welche Perspektiven und Möglichkeiten für die Zukunft können sich für uns alle daraus ergeben?
Vorab ein paar Bemerkungen zur Einordnung des Attentates, das offensichtlich einen islamistischen Terrorhintergrund besitzt. Islamistischer Terror ist ohne Wenn und Aber zu verurteilen. Die Welt, für die dieser Terror steht, ist nicht die unsere. Für unsere Werte gilt es nun, einzustehen und zu streiten, wehrhaft zu streiten und zu kämpfen.
Islamistischer Terror ist nicht neu. Es gibt ihn seit vielen Jahrzehnten, er hat zehntausende Opfer gekostet. Im vorigen Jahrhundert war er eine überwiegend regionale Angelegenheit, mit Ausnahmen auf die arabische Welt beschränkt. Nachdem die USA als Folge der Anschläge vom 11.09.2001 Afghanistan und Irak den Krieg erklärten, weil sie fälschlicherweise diese Länder als Drahtzieher vermuteten, wurde die Region destabilisiert. Vormals diktatorische, aber stabile Staaten wie Irak und Syrien zerfielen, andere wie der Libanon folgten, den Krieg in Afghanistan verlor die USA ebenso wie den Vietnamkrieg, jahrzehntelange Bürgerkriege und kriegerische Auseinandersetzungen folgten. Mit ihnen wurde der islamistische Terror in alle Welt exportiert. Er ist mit seinen zehntausenden Opfern wie jeder Terror uneingeschränkt zu verurteilen und zu bekämpfen.
In diesem Zusammenhang sei an den faschistischen Terror erinnert, der allein im 2. Weltkrieg in deutscher Verantwortung über 50 Millionen Tote zur Folge hatte und im singulären Menschheitsverbrechen des Holocaust mündete. Es sei auch an kommunistischen Terror erinnert, an Stalins Gulag, Maos Terror und die Killing Fields von Pol Pot. Das alles forderte weit über 20 Millionen Tote.
Ich möchte hier und heute aber auch an einen Terror erinnern, der jährlich 9 Millionen Tote fordert. Hungertote. Und dass, obwohl niemand auf der Welt hungern müsste. Wir haben die Möglichkeiten, genügend Nahrungsmittel für alle zu produzieren und zu verteilen.
Das ist Terror. Es ist der Terror des Marktes.
Der Hunger in der Welt ist ein Verteilungsproblem. Und dieser Terror kann nur bekämpft werden, wenn man seine Ursache erkennt und bekämpft: Den Kapitalismus.
Deshalb werde ich Ihnen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, im Folgenden einen 10 Punkte Plan meiner Regierung zur Abschaffung des Kapitalismus und damit zur Reduzierung des Terrors in der Welt vorstellen:
1. …..
Wird fortgesetzt.