Berlin, Sonnenallee. So eine Kneipe hatte ich da nicht erwartet. Ich war dort per pedes zu einem Lokaltermin unterwegs. Wollte den Neuköllner Ort der Riots der letzten Tage in Augenschein nehmen, die Atmosphäre spüren. Vor den Shishabars junge Männer, es war milde, süsslich-blumige Wasserpfeifenwolken kitzelten mir in der Nase. An strategischen Ecken parkten Polizeiwagen, früher Bullenwannen genannt.
Im Tönnchen vertrieben sich vier Kampftrinker den Nachmittag mit der Inhalation diverser Biere, die Wirtin hatte ondulierte Haare wie in den Sechzigern, aus einem Kassettenrekorder liefen mit dem eiernden Sound eines ausgeleierten Tapes die schrecklichsten Hits der 80er und über allem wehte eine weissgraue Tabaksqualmwolke. Ob es in Berlin Rauchverbot in Kneipen gibt, weiss kein Mensch, weil es niemanden interessiert. Ich war müde, die Israel Solidemo, mit den Textbausteinen des Bundesgrüssaugust Steinmeier , fand ich anstrengend. irgendwann hinterlässt dieser Dauerkrisenmodus Müdigkeit.
Im Tönnchen fühlte ich mich wohl. So komisch es klingt, für einen Moment des Durchatmens.
Breaking News: ein neuer, hochpathogener Subtyp H7N6 der Vogelgrippe grassiert. An ihm sterben praktisch alle erkrankten Vögel. Mittlerweile setzt die Wissenschaft auf zwei Strategien, um die Vogelwelt überhaupt zu retten: Impfung oder Genmanipulation. Impfung wird bei ca. 150 Mrd. Individuen schwierig…. Vogelgrippe als Zoonose, also viraler oder bakterieller Übersprung von Tier zu Mensch und wieder zurück, tötet ungefähr die Hälfte aller infizierten Menschen, bisher weltweit um die 1.000. Zur Erinnerung: Jede Form der Grippe, also auch die Allerweltstypen bei den jährlichen Wellen, ist eine Zoonose.
Frau Wirtin, für mich noch ein Großes und einen Doppelten.
Die Messlatte für die Zivilgesellschaft lag mit 10.000 erwarteten Teilnehmer*innen bei der Solidaritätsdemo für Israel niedrig. Aber da ist sie noch locker drunter durchmarschiert. Wenn das 5.000 sind, sind es viel, schätze ich, mit allem Vorbehalt. Eine Schande.
Israelfahne auf Sonnenblume. Ein paar halbverrottete Sonnenblumen „Goldener Neger“ spenden noch den einen oder anderen gelben Farbklecks im zusehends entlaubten herbsttrüben Garten. Ein aus mehreren Gründen schönes Ensemble. Ideologiekritische Feinschmecker wissen, dass die schwarze Community in den USA, und nicht nur da, starke antisemitische Züge hat. Eine ihrer Ikonen neben Malcolm X und Martin Luther King, Louis Farrakahn, ist ein völlig durchgeknallter Antisemit. Er ist eine Art Säulenheiliger der Gangsta-Rap Szene in den USA, Zitat Ice Cube: „ … you can’t be the Nigga 4 Life crew, with a White Jew telling you what to do… „
Also ein schönes Bild im Morgengrauen, wie die Fahne auf dem Goldenen Neger prangt. Ich möchte dieses Meisterwerk der zeitgenössischen Installationskunst als Appell an alle Minderheitern verstanden wissen: Only united you stand! Ich werde einen Rap darauf machen, und damit ein neues Rap-Genre gründen, den Old-White-Man-Senior-Rap.
Auch auf der poetologischen Ebene ist die Installation zielführend, schafft sie doch mit ihrer in düsteren Tagen im kalten, trüben Herbstwind wehenden Fahne begreifende Klarheit in Hölderlins schwer verrätselnden Zeilen, die nur versteht, wer sich auf das Mysterium der Transzendenz einlassen kann:
Die Mauern stehn
sprachlos und kalt, im Winde
klirren die Fahnen.
Wohingegen beim biederen Bürger Zuhause nur alle Tassen klirren, die er nicht mehr im Schrank hat. Umgekehrt gilt allerdings das Gleiche. Obige Installation hat mich auf eine Idee gebracht. Das dialektische Duo Installation & Inspiration, getreu dem Motto:
Installation & Inspiration, wo sind sie geblieben?
Installation & Inspiration, beide wurden sie zerrieben!
Zur Idee: Es ist ja noch offen, wie wir Neukölln vom Erdboden kriegen, jenen Ort der Schande, an dem (aber nicht nur da) die Häuser jüdischer Mitbürger*innen wie zur Nazizeit mit Davidsternen beschmiert wurden. Mein biblischer Wunsch, die Erde möge sich auftun und dann hau wech die Scheiße, wird sich eher nicht erfüllen. Was also tun? Ich werde im Dunkeln durch die dortige Sonnenallee flanieren, verkleidet als Gangsta Rapper, und unerkannt im Gewühl in den Auslagen der Läden dort kleine Israelfahnen deponieren. Den Rest können sich Phantasiebegabte vorstellen.
Die Macht der Phantasie. Macht aber auch nix, wenn Sie keine haben. Phantasie ist keine Charaktereigenschaft, wie ich immer sach. Fahnen, Phantasie, Charakter, all das wird sich morgen auf der zentralen Israelsolidaritäts-Demo vor dem Brandenburger Tor zeigen. Der Ort ist ein kleiner, später Sieg über die Nazis, die ihn immer wieder für Aufmärsche instrumentalisierten. 10.000 werden erwartet. Viel zu wenig, finde ich. Aber wenigstens ein Anfang, den die Zivilgesellschaft für einen Prozess des Umdenkens nutzen muss. Weg von Lichterketten-Denken, Gutmensch-Geschwurbel und Toleranzbesoffenheit, hin zu radikalem Kampf gegen faschistische Strömungen und Antisemitismus jeglicher Art.
Ich habe mich hier im Blog öfter migrantischer Machokultur angenommen, eine Unkultur, die geprägt ist von Homophobie, Frauenverachtung und vor allem Antisemitismus, also das Milieu, was sich gerade in Neukölln austobt, aber nicht nur da. Berlin, zur Erinnerung, ist auch ein gesellschaftlicher Laborgroßversuch, an dem sich Entwicklungen der nächsten Jahre in der BRD jetzt schon realiter ablesen lassen. Mein früherer satirischer Vorschlag: Alle abkommandieren zum Minenräumen in Syrien, und die hiesigen Nazis gleich mitnehmen. Putziger Vorschlag, aber wir gehen wir real und pragmatisch mit der Situation um?
In Teilen der alternativen und linksliberalen Zivilgesellschaft herrschen immer noch Vorstellungen, die einem „No border, no limis“ nahekommen, was Migration angeht. Das würde unter den jetzigen Bedingungen auch den wachsenden Zuzug von migrantischem Antisemitismus bedeuten, und das in einer gesellschaftlichen Situation, die ohnehin von anschwellender Faschisierung gekennzeichnet ist.
Diese Situation muss bedacht und analysiert werden, ohne in die Nähe einer wachsenden rassistischen Grundströmung eines „Wir müssen viel radikaler abschieben“ zu geraten. Die auf der Straße ankommt als „Alle raus“ und als nächste politische Konsequenz die Demontage des Asylrechts hat.
Schönes Wochenende und bleiben Sie drin, liebe Leserinnen, demnächst hier live aus Berlin. …
Fröhlich sieht anders aus. Gestern in der City von Hannover am Stand des jüdischen Jungen Forum.
Es ist eine Sache, in der Zeitung zu lesen: „Juden fühlen sich zunehmend bedroht in Deutschland“, „Widerliche antisemitische Stimmung im Land“ oder „Propalästinensischer Mob mit wachsender Gewaltbereitschaft“. Eine andere ist es, am Stand einer jüdischen Organisation dabei zu sein und Ansätze des Geschilderten direkt mitzuerleben. Zeitungslektüre ist tendenziell Schall und Rauch, verfliegt im Gleichklang der Überschriften, hinterlässt wenig Spuren, verstärkt ohnehin Vorhandenes, Zeitungslektüre häuft eher nutzloses Wissen an, tut aber wenig für Bildung. Mit einem Blick in die Zeitung versperrt man die Aussicht auf die Welt. Mit der Lektüre einer Gazette hat der geneigte Bürger seine Pflicht erfüllt und widmet sich beruhigt seinen Geschäften.
Die Straße dagegen. Ich mache seit Jahrzehnten Straße, mit Aktionen, Performances, Demonstrationen, Infoständen etc. pp. Lieber eine Stunde Straße als 10 Stunden Schreibtisch oder Lehnstuhllektüre. Straße ist politische Bildung und ästhetische Erziehung par excellence, schafft mehr Einsichten in die menschliche Seele als 10 Ratgeber und 4 Semester Psychologie, Straße sorgt für Schärfung der Diskursfähigkeit, der Resilienz und gibt einem eine Konflikthärte mit, die in anderen Zusammenhängen durchaus nützlich ist.
Und die Straße sorgt für unvergessliche Bilder. Ich werden den Anblick des 150 kg Klopses nicht vergessen, der bei einer Straßen-Aktion im Rückwärtsgang in einen Kinderwagen plumpste und da hilflos klemmte, Beine und Arme in die Luft. Mein erster Gedanke, als Verantwortlicher für die Aktion: Mein Leben ist vorbei. Das Kind da drin ist platt wie Brei und ich bin verantwortlich. Mein zweiter: Was für ein Kinderwagen, der das aushält. Im dritten Gedanken flossen Tränen der Erleichterung, als ich das Baby ein paar Meter weiter in den Armen der jungen Mutter krähen hörte. Dutzende Bilder und Geschichten …
Auf der Straße sieht man den Spiegel der Gesellschaft. Mittlerweile erkenne ich bei Aktionen, Infoständen etc. auf 50 Meter, ob der sich Nähernde informationswillig, diskussionsfähig ist, oder einfach nur eine Labertasche, die einen nur zutexten will, gar ein Gestörter oder schlimmstenfalls ein gewaltbereiter Durchgeknallter. Man sieht es am Blick, am Gang, am Habitus.
So viele Gestörte wie gestern am Stand habe ich in so kurzer Zeit noch nie erlebt, unfähig zum Diskurs, sofort laut und aggressiv und bar jeder Empathie: „Israel Völkermord blablabla“ „Waren Sie überhaupt schon mal in Auschwitz blablabla“ … Ein durchgeknallter Finsterling, der mich volltextete, er wäre wichtig und wir sollten nach hinten verschwinden, in die hiesige Marktkirche. Hochaggressive junge Männer mit offensichtlichem Migrationshintergrund … Ich war noch nie so froh wie da über das massive Vorhandensein von Polizei, die ohnehin verstärkt im Stadtbild präsent ist angesichts drohender Ausschreitungen des Pro-Palästinamobs. Sie drängte die gewaltbereiten jungen Männer ab. Ich ertappte mich bei vorzivilisatorischen Gewaltphantasien.
Und letztlich, und bleibend bei der Frage: „Wie halten das die Juden in Deutschland bloß aus?“ Ich konnte da gestern jederzeit vom Stand weggehen und war dann wieder ein normaler Bürger, unbedroht, mit albernen Wehwehchen, dessen maximale Sorge das Gelingen der neuen Quittenmarmelade ist. Die jungen jüdischen Mitbürger nehmen ihre wachsenden Ängste auf jedem Schritt mit, um sich, ihre Familie, ihre Einrichtungen, den Staat Israel mit eventuellen Verwandten da.
Für einen Moment ging es mir wie dem von mir ansonsten nicht gerade geschätzten Verteidigungsminister Pistorius bei einem Israelbesuch im Gespräch mit einem Opfer des Hamasterrors: „Die Geschichte des jungen Manns hat mir die Tränen in die Augen getrieben, nicht nur vor Trauer, sondern vor allem vor Wut«,
Wo bleiben angesichts des Pro-Palästinamobs und der wachsenden antisemitischen Ausschreitungen die massenhaften Reaktionen der Zivilgesellschaft auf der Straße?
Ein erster Schritt findet am 22.10, 14 Uhr, in Berlin am Brandenburger Tor statt, bei einer Kundgebung. Ein derartig breites Bündnisspektrum habe ich noch nie erlebt: Neben den üblichen Verdächtigen von DGB und Wohlfahrt der BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie), Seit an Seit mit campact, die CDU/CSU Seit an Seit mit der Linken, natürlich die Deutsch-Israelische Gesellschaft DIG, Seit an Seit mit Alhambra, der Gesellschaft Muslime für ein plurales Europa.
Das ist schon mal ne Ansage.
Jetzt liegt es an jeder Einzelnen. Demokratie entscheidet sich immer auch auf der Straße. Wie viele werden kommen?
Aktion symbolische Gründung einer Landeswohnungsbaugesellschaft (Scrabble Alarm bei dem Begriff) am Weltarmutstag 17.10 vor dem Landtag. Die Forderungen der Landesarmutskonferenz zu menschenwürdigem und bezahlbarem Wohnen für alle hat Meta Janssen-Kucz, MdL Grüne und Landtagsvizepräsidentin, in Empfang genommen, stilecht in einer Zeitkapsel, wie sie in Grundsteine eingemauert wird. Sie war die Einzige, die adäquat mit den Maurer-Gerätschaften umgehen konnte. Häuslebauerin. Sie hatte sich nachts noch mobilisieren lassen. Sowas kann man dann auch mal dankend anerkennen. Bewegte Bilder dazu gibt’s hier im NDR-TV, bei Hallo Niedersachsen, ab 10.05
Beim Anblick des Bildes musste ich lachen. Ich mit einem Maurerhammer, ein völlig grotesker, weil surrealer Anblick. Demzufolge ist meine Körperhaltung auch subdynamisch und mein Gesichtsausdruck höchstens mittelerfreut. Der Anblick ist, was mich als Nichthandwerker von der Pike auf angeht, ähnlich grotesk wie es der von Mario Barth in einer gemeinsamen Lesegruppe mit dem Neuköllner Remmo-Clan zu Theodor W. Adorno wäre.
Von Adorno stammt der Satz: Der Antisemitismus ist das Gerücht über die Juden. Der Antisemit weiß nichts über die Juden, das nimmt er ihnen übel, verbreitet daher Halbwahres, Lügen, Nebulöses, Verleumdungen über sie, eben Gerüchte. Wenn sich der Jude dann auch noch über Gerüchte und Lügen beschwert, wird der ertappte Antisemit richtig sauer und hat sofort jede Menge Buddies hinter sich, die sich mit ihm solidarisieren. Siehe David Precht mit seinen Lügen über Juden im Podcast mit seinem Buddy, dem Ex-„Wünsch Dir was“ Possenreißer Markus Lanz . Die halbgare Entschuldigung der Precht-Lanz-ZDF-Gang, zuerst hatten sie die Kritik an ihren Lügen kritisiert!, für den verbreiteten Dreck und ihr ekelhaftes Verhalten hinterher hat schon kein Schwein mehr wahrgenommen. Ein weiteres Mal ist ein Gerücht über die Juden transportiert worden.
Wünsch Dir was? Gerne. Es soll sich der Boden auftun und das ganze Pack verschlingen, ebenso wie das komplette Neukölln, die Akademie der Künste, Claudia Roth, die Documenta etc. pp überhaupt die ganze Kulturschickeria….. Warum?
Neukölln ist klar, kann weg. Die Akademie der Künste, einer der Orte deutschen Geistes, hat sich zwar geäußert, aber man merkt der Pressemitteilung förmlich den Widerwillen an, dass das eine Zwangsübung bar jeder Überzeugung war, erbärmliche vier Zeilen, Phrasen ohne jede Empathie, in denen sich der latente, notorische oder gar offene Antisemitismus der hiesigen Kulturschickeria widerspiegelt.
Als der Präsidentin der Akademie die Kargheit der PM vom DLF in einem Interview vorgehalten wurde, log die Dame frech ins Mikrofon, die Kürze der PM würde die Wahrscheinlichkeit der Veröffentlichung erhöhen. Eine regelrecht dummdreiste Lüge, die PM der Akademie zur Solidarität mit polnischen Kulturschaffende z. B. ein paar Tage vorher ist in warmen, einfühlsamen Worten achtmal so lang. Meine PMs, und von Öffentlichkeitsarbeit verstehe ich im Gegensatz zum Mauerhammer sehr viel, sind mitunter zwei Seiten lang und werden trotzdem – oder gerade deshalb, weil substantiell – regelmäßig von dpa, NDR und anderen Leitmedien veröffentlicht.
Die Lüge ficht die Präsidentin aber nicht an. Sie ist erstmal in der Welt und das Dementi oder die Widerlegung interessiert kein Schwein mehr.
Warum Claudia Roth und die Documenta in die Hölle? Mitglieder der letzten Documenta-Kuratoren Ruangrupa hatten mit ihrem antisemitischen Vorgehen die Reputation der Documenta nachhaltig beschädigt und ihr jetzt mit Likes für die Hamas den Rest gegeben, post mortem sozusagen. Von Claudia Roth, Sympathisantin des notorisch antisemitischen BDS– und der Mullahs im Iran, hört man dazu bisher nichts, nachdem sie sich im Documenta-Skandal schon bis auf die Knochen blamiert hatte. Mitglieder von Ruangrupa sind übrigens immer noch Gastprofessoren an der Hamburger HfbK. Roth gehört zum Flügel der Ungelernten bei den Grünen, die gerade noch rechtzeitig zwecks Karriere auf den Parteizug aufgesprungen sind, und ist als ex-Managerin von Ton, Steine, Scherben politisch im notorisch links-antisemitischen Autonomenumfeld der „Antiimperialisten“ sozialisiert worden
Mir ist schon wieder, immer noch, übel. Aber angesichts dessen, was die Opfer des Hamasterrors erleiden mussten und müssen, verbieten sich Klagen über den eigenen Seelenzustand und Befindlichkeits-Wasserstände.
Blick in die Archive, HAZ, 15.02.2013. Der Polit-Aktionskünstler. Medien brauchen Schubladen. Es gibt schlimmere als die des Polit-Aktionskünstler, aber sexy hört sich das nicht an. Nach Agitprop der Weimarer Republik und 68ff, nach Holzhammer und Klaus Staeck. Andererseits ist es in Zeiten wie diesen nichts ehrenrühriges und, bei Lichte betrachtet sogar notwendiges, in der Tradition beispielsweise einer Arbeiter-Illustrierte-Zeitung zu stehen , zu deren Stilmitteln im antifaschistischen Kampf der 20er und 30er Agitprop gehörte. Und an der unter anderem George Grosz, Maxim Gorki, George Bernard Shaw, Käthe Kollwitz, John Heartfield und Kurt Tucholsky mitarbeiteten. Wenn man also bedenkt, auf was für Schultern ich stehe: Potzdonner. Morgen male ich mir ein T-Shirt mit der Aufschrift: Polit-Aktionskünstler.
Inhaltlich interessant und deprimierend, was bei der Aktion unter anderem an Themen verhandelt wurde: Kostenloses Essen für Schulkinder, Wohnungsbau-Förderung und öffentliche Beschäftigung. Alles notwendiger denn je, Kinderarmut ist zu einem zentralen Problem geworden, die Wohnungssituation katastrophal und die Langzeitarbeitslosigkeit wächst, auf ohnehin viel zu hohem Niveau.
Morgen ist Weltarmutstag. Da legt die Landesarmutskonferenz vor dem niedersächsischen Landtag mit einer Aktion (Polit-Aktionskunst!) den symbolischen Grundstein für eine gemeinnützige, nichtprofitorientierte Landeswohnungsbaugesellschaft. Jahrelang gefordert, vor der letzten Wahl endlich ins rotgrüne Programm aufgenommen. Aber man hört nix von der Umsetzung, konkreten Baumaßnahmen. Zu Politik gehört zwingend immer Kommunikation, wie verkaufe ich meine Arbeit, sende Signale an Menschen mit wenig Geld? Aber was ist? Still ruht der rotgrüne See. Also her mit der Polit-Aktionskunst.
Mittlerweile würde ich mich aber eher als Polit-Blogger bezeichnen. Das entspricht mehr der Realität, ich treibe mich zunehmend selten in Nacht und Nebel-Aktionen in den düsteren Häuserschluchten der Metropolen herum. Und Polit-Blogger hört sich mehr sexy an, fast wie Polit-Influencer. Das wäre die Krönung, ein T-Shirt mit dem Aufdruck: Polit-Influencer.
Wir haben den Liebling der Partei und der Massen, den Umarmungskönig Olaf Lies als zuständigen Minister eingeladen. Bei einer unserer letzten Aktion in Sachen Landeswohnungsbaugesellschaft war er noch dabei, zu Gesprächen, und letztlich hat sich die SPD auch überzeugen lassen, nachdem sie das Projekt jahrelang abgelehnt hatte.
Olaf Lies, der Herr mit dem Bart, ein im persönlichen Umgang überaus zugewandter und angenehmer Mensch. Aber politisch muss man die alle zum Jagen tragen. Und ob der heuer kommt, da hab ich so meine Zweifel ….
War das jetzt der Hoffnungsschimmer? Nein, der liegt in all dem Israel-Elend eher darin, dass sich der PLO-Chef Mahmud Abbas als Angehöriger der Fatah vom Terror der Hamas distanziert hat. Zu spät, zu wenig, aber ein Hoffnungsschimmer. Ich hatte mit so etwas nicht gerechnet. Vielleicht spricht er ja für eine nennenswerte Zahl der Bevölkerung von Palästina, in Gaza und Westjordan.
Beim Anblick der zehntausenden Demonstrant*innen weltweit auf Pro-Palästinademos ist mir regelrecht übel geworden, das körperliche Gefühl von Ekel und Abscheu. Faschistische Hamas-Terroristen schlachten gezielt Wehrlose ab, vergewaltigen Frauen, töten Kinder und Greise, foltern, massakrieren und stellen diese barbarischen Taten ins Internet. Das hat noch nicht einmal ansatzweise mit Übergriffen der israelischen Polizei und Armee in besetzten Gebieten zu tun. Strukturelle, auch gesetzwidrige brutale Staatsgewalt gibt es überall, auch in Demokratien, vor allem gegenüber Minderheiten. Das ist zu verurteilen und geschieht in Rechtsstaaten, wie Israel, auch – zu wenig, aber es geschieht. Wer aber da eine Gleichwertigkeit zwischen Hamas und Israel unterstellt wie der zehntausendfache Mob weltweit, ist krank.
Jedes Schweigen zu diesem Terror, jede Verweigerung von Solidarität gegenüber Israel legitimiert Faschismus, auch bei uns. Das Schweigen, die teilweise Legitimierung und Relativierung, der muslimischen Verbände, der türkischen Interessen-Vertretungen, Teilen der hiesigen Kulturschickeria und Pseudo-Linken und des BRD-Feminismus, um nur einige Vertreter der Zivilgesellschaft zu benennen, angesichts der Morde und Vergewaltigungen spricht für sich. Es in dieser Stille eine dröhnende Schande.
Es gibt Ausnahmen, die Palästinensische Gemeinde Hannover und jüdische Gemeinden haben gemeinsam zu Frieden aufgerufen. und es gibt sicher noch weitere Beispiele von zivilgesellschaftlichem Anstand und Empathie. Aber grundsätzlich ist das Verhalten der oben Genannten und Anderen inakzeptabel. Es muss Konsequenzen für den gesellschaftlichen Dialog haben, bis hin zu Streichung von Fördermitteln und, in letzter Konsequenz, bei weiterer, nachhaltiger Legitimation von Terrororganisationen, zum Ausschluss aus entsprechenden zivilgesellschaftlichen Strukturen.
Die Hamas steht außerhalb der Zivilisation. Ihre Anhänger morden auf den Spuren von SS und Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg. Winston Churchill hat den Umgang mit Faschisten im Krieg in seiner berühmten Rede wenige Wochen nach dem Beginn der deutschen Offensive 1940 gegen die Westmächte auf den Punkt gebracht: We shall never surrender: „ … Wir werden bis zum Ende gehen. …. Wir werden an den Stränden kämpfen, wir werden an den Landungsplätzen kämpfen, wir werden auf den Feldern und auf den Straßen kämpfen, wir werden in den Hügeln kämpfen. Wir werden uns nie ergeben … .“
Das mündete in die Forderung der Alliierten gegenüber Nazi-Deutschland nach einer bedingungslosen Kapitulation, unconditional surrender
Verhandlungen mit der Hamas bergen den Kern zu neuem Terror in sich. Der Faschist kennt keine Regeln, als Mittel der Politik nur den nie endenden, sich selbst verstärkenden Terror. Sein Wesen ist der Tod. Alles Lebendige ist ihm fremd, ja zuwider. Nicht umsonst erfolgte das größte Einzelmassaker im Terrorangriff auf ein Musikfestival, einem Inbegriff von Leben, Jugend, Diversität, Fröhlichkeit. Ein Blick in das Afghanistan der Taliban genügt. Im Iran geht es nicht wesentlich fröhlicher zu, aber da gibt es eine starke und bewundernswerte Bewegung von Widerstand, Frauen vor allem.
Für das, was kommt, trägt die Hamas die Verantwortung und mit ihr die Schweigenden, die Legitimierer, die Gleichsetzer.
Meine Sicht der Dinge und meine Gefühle sind eigentlich unerheblich, wen interessiert es schon, ob ich mal das Kotzen kriege. Es geht um Solidarität mit Israel und Mitgefühl mit den Opfern und das auf lange Zeit.
Aber in zweiter und dritter Linie geht es auch darum, was machen diese Krise und ihre noch unabsehbaren Konsequenzen mit unserer Gesellschaft. Zu all den Polykrisen kommt eine weitere, zusätzliche Spaltung: Hie Solidarität mit Israel, da Legitimation von Faschismus. Das vergiftet persönliche Beziehungen und das zivilgesellschaftliche Klima. Aus meiner Sicht übrigens tiefgreifender als bei Corona, und das war schon schlimm genug. Zu strukturellen Ähnlichkeiten und gesellschaftlichen Konsequenzen von Seuchen, wie Corona, und Antisemitismus demnächst mehr.
Wie gesagt, es geht eigentlich nicht um mich. Aber da ich hier weit und breit keine Bezahlschranke sehe, kann ich mir diesen Akt der Selbstvergewisserung und Autotherapie mal gönnen. Es stimmt schon, Schreiben ist auch ein Akt der Katharsis. Versuchen Sie es mal und Sie werden sehen, dass beispielsweise Ihr Zorn hinterher kleiner ist.
Wort zum Sonntag. Amen und das nächste Mal wird’s wieder lustiger.
Free Palestine from Hamas. Gesehen in Uni-Nähe. An zwei Bildern wird das Prinzip von Montage sichtbarer als durch 1000 Worte.
Verantwortlich für die ekelerregenden Freudenfeiern in Neukölln, bei denen über den Leichen der massakrierten Juden Süßigkeiten verteilt wurden, anlässlich des faschistischen Überfalls der Hamas auf Israel ist die Vereinigung Samidoun. Samidoun wurde 2012 von Mitgliedern der „Volksfront zur Befreiung Palästinas” (PFLP) gegründet und ist mittlerweile in insgesamt mehr als zehn Ländern aktiv, darunter auch Deutschland. Offizielles Anliegen der Organisation sind die Rechte bzw. ist die Freilassung von palästinensischen Gefangenen in Israel. Die Propaganda der in Europa als Terrororganisation eingestuften PFLP basiert auf arabischem Nationalismus sowie dem Marxismus-Leninismus. Zentrales Ziel der 1967 gegründeten PFLP ist die Vernichtung des Staates Israel. Die PFLP hatte Post-68 jede Menge Freunde im hiesigen linken Lager, erkennbar an der Geschmacksverirrung der „Palästinesertuch“ genannten schwarzweißen Kopfwindel. Deren wirre Ideologie folgt dem bekannten Muster des Nationalbolschewismus , Heute auch Querfront genannt. Hat mit „Links“ Nichts zu tun, ist eine Variante von Faschismuslegitimierung, und was dabei rauskommt, sieht man bei den Barbaren von der Hamas. Undogmatische, kosmopolitische Linke wenden sich mit Grausen. Die Situation ist die: Wenn die Hamas die Waffen niederlegt, herrscht Frieden. Wenn Israel die Waffen niederlegt, werden die Juden des Staates ermordet und das Land existiert nicht mehr.
Mir gruselt vor den Diskussionen in der hiesigen, antisemitisch durchseuchten – siehe Documenta – Kultur“linken“ in Folge des Überfalls der Hamas. In diesen Diskussionen wird der Hamas-Terror relativiert, indem auf Israels Besatzungspolitik hingewiesen wird, dessen Verantwortung für die Zivilbevölkerung in Gaza. Wer so argumentiert, hat seinen ethischen Kompass verloren. Die Existenz des Staates Israel ist von Anfang an von den umliegenden Staaten nicht anerkannt worden, es ging, und geht zum Teil, denen immer nur um eins: Die Vernichtung Israels. Die Bevölkerung in Gaza hat 2006 mehrheitlich die Hamas gewählt und trägt die Verantwortung dafür. Die Verantwortung der deutschen Bevölkerung für den Bombenkrieg der Alliierten gegen Deutschland im 2. Weltkrieg wird heutzutage auch von niemandem geleugnet, außer den hiesigen Nazis. Die Bevölkerung hatte die Nazis damals an die Macht gewählt und es nicht geschafft, sich davon zu befreien, trotz Terror, Krieg, Holocaust. Für die Konsequenzen trug sie die Verantwortung.
Jedes zivile Opfer in diesem Krieg ist eins zu viel. Und ich möchte nicht in der Haut der Verantwortlichen in Israel stecken, die entscheiden müssen, ob sie das Leben ihrer als Geiseln genommenen Landsleute durch Angriffe auf die Hamas riskieren, oder ob sie zivile Ziele in Gaza bombardieren sollen, weil die Hamas sich unter Geiselnahme der eigenen Bevölkerung dort verschanzt hat. Ethische Dilemmata.
Aber was bleibt, ist unbedingte Solidarität mit Israel, etwas anderes darf es nicht geben
Und nein, sowas wie linken Faschismus gibt es nicht. Wer sich aufführt wie Samidoun, hat mit Links nichts zu tun, das ist faschistoid.
In dieser Situation tut sich ein Graben auf, eine weitere Spaltung der Gesellschaft. Die in diesem Fall auch durch die restliberale, von links kann hierzulande schon lange nicht mehr geredet werden, Gemeinde geht. Siehe Corona, Migration, Klima, Armut/Reichtum ….
Aus den Archiven 1: Keksklau vor 10 Jahren, HAZ, 30.01.2013
BILD
Aus den Archiven 2: Spiegel, 04.02.2013
Auf die allgemeine Nachrichtenlage habe ich in letzter Zeit immer öfter mit Lachen reagiert, eine Art kathartischer Reflex, der mit einer körperlichen Reaktion allfällige Emotionen wie Ungläubigkeit, Überforderung, Zorn, Unsicherheit, Frustration für den Moment beiseiteschiebt. Es mehren sich Momente, bei denen ich überhaupt keine Lust mehr auf die allgemeine Nachrichtenlage habe, und für kurze Zeit flüchte ich dann ins Reich der Archive, siehe oben.
Alle Macht den Archivaren,
sonst wird die Nachwelt nichts erfahren.
Das Lachen im Archiv ist ein gänzlich anderes, unbeschwert eben. Der Keksklau ging damals um die ganze Welt, eine geniale Aktion, vor der ich nur den Hut ziehen konnte. Die norddeutsche Medienlandschaft kannte nur einen Verdächtigen, den SCHUPPEN 68. Der sich diesen Ruf zwar redlich erarbeitet, aber damit nichts zu tun hatte. Der Dementis nahmen kein Ende, mit dem einzigen Effekt: Kein Mensch glaubte sie und Medienvertreter boten mir sogar „Honorar“ für die ganze, wahre Geschichte. Irgendwann, und zwar recht schnell, war dann auch mal wieder gut und die nächste Sau wurde durchs Mediendorf getrieben. Und: Unser Ruf war – völlig unberechtigterweise – gefestigt worden. Bei Kafka reichte ja auch schon der bloße Verdacht für den Schuldspruch. Die Causa kam ins Archiv und geriet in Vergessenheit. Bis heuer.
Und da wundert mich bei den überaus geschätzten Kolleg*innen im Keks-Geiste doch das Eine oder Andere: Die haben bis heute dichtgehalten, auch anlässlich des 10. Jubiläums kam nix. Strafrechtliche Bedenken können es nicht sein, Diebstahl verjährt nach 5 Jahren. Und merkwürdig, dass nicht eine*r (das müssen mehrere gewesen sein) von denen die Neigung verspürt hat, den völlig verdienten öffentlichen Ruhm dafür zu ernten; dass nicht eine*r aus deren Freundeskreis mal „geplaudert“ hat, sowas kann man auf Dauer im Freundeskreis nicht völlig dichthalten. Und: Dass die nicht versucht haben, nachzulegen. Irgendeine weitere Aktion des Kekskommandos in dieser Tradition.
Es gibt zwei „Währungen“ in unserer Gesellschaft: Geld und Aufmerksamkeit. Beides kann süchtig machen, Gier. Und die Keksgeschichte hat eine maximale Dosis Aufmerksamkeit erzeugt, eine derart kritische Masse, dass sich daraus auch die andere Währung, Geld, hätte generieren lassen können. (Siehe Influencerinnen).
Die Kolleg*innen wurden also tagelang, wochenlang mit einer Maximaldosis Adrenalin und Endorphin via Medienaufmerksamkeit versorgt. Das macht süchtig. Nicht alle und nicht immer, nicht durchgängig, aber viele, immer mehr, und immer öfter, immer länger.
Aber aus der Ecke hat man nie wieder was gehört. Hm.