09.11.2023 – Früher wäre ich noch mit einer Kettensäge in der Redaktion aufgelaufen

HAZ-Artikel auf der Titelseite vom 09.11.2023, der mich gegen Migration instrumentalisiert. Allein die Montage der aus dem Zusammenhang gerissenen Zitate aus der letzten LAK-PM mit der Aussage vom niedersächsischen MP Weil im Zitatkasten direkt daneben sagt mehr als jeder Kommentar und Leitartikel. Tenor: Das Boot ist (fast) voll.

Das ist auf so vielen Ebenen dummes Zeug und dient unter anderem mit dazu, das Asylrecht sturmreif zu schießen, wenn ich auch Weil selber diese Absicht nicht unterstelle.

Unsere PM thematisierte die dramatisch wachsende Wohnungslosigkeit und die daraus entstehenden Konsequenzen: „Landesarmutskonferenz sieht in wachsender Wohnungslosigkeit gesellschaftlichen Teufelskreislauf.“

Die Kernsätze weisen auf Armut als Ursache hin, mit allen politischen Konsequenzen des Konkurrenzdruckes verschiedener Personengruppen untereinander, wie es unter anderem der NDR unfallfrei und differenziert in die Öffentlichkeit brachte:

„… Die Wohnungssituation ist grundsätzlich geprägt von hohem Konkurrenzdruck verschiedener Personengruppen wie Geflüchtete, Alleinerziehende, Familien mit vielen Kindern, die alle eins eint: Armut. Armut ist das zentrale gesellschaftliche Problem, auch auf dem Wohnungsmarkt. Die wachsende Spaltung der Gesellschaft zwischen Arm und Reich produziert Ängste, Aggressionen der verschiedenen Gruppen untereinander und führt zu einem dramatischen Verlust von Akzeptanz unserer Demokratie.“

Vermutlich kann ich noch froh sein, dass die Bild mich da nicht verwurstet hat, Motto: Gleitze fordert: Ausländer raus. Wobei der HAZ Artikel handwerklich-presserechtlich sauber ist. Korrekt zitiert, da kann keine Gegendarstellung erwirkt werden.

Dass der Autor des HAZ-Artikels dann auch noch Wohnungslosigkeit und Obdachlosigkeit verwechselt, kommentiere ich an dieser Stelle nicht, weil mir das unter Umständen eine Strafanzeige wegen Beleidigung einbringen könnte. Besonders angepisst bin ich ob der Tatsache, dass das Ding ausgerechnet am 9.11 erschienen ist, dem Jahrestag der Nazi-Pogrome. Kein anderes Datum weist so nachdrücklich auf die Notwendigkeit des Erhalts des Asylrechts hin wie dieses.

Früher wäre ich noch mit einer Kettensäge in der Redaktion der Postille aufgelaufen. Aber man wird ruhiger im Alter.

Tatsache ist allerdings auch, dass ich, wie hier im Blog mehrfach erwähnt, keinesfalls dem Wunschdenken eines „No borders, no limits“, also eines grenzenlosen Zuzugs, anhänge. Wer sich der Illusion hingibt, dass wir das mit einer unbegrenzten Zuwanderung von migrantischem Antisemitismus schon mit alternativer Kuschelpädagogik und Wattebällchenwerfen hinkriegen, der hat vom 9.11 und den Ängsten, die jüdische Mitbürger*innen hierzulande und weltweit haben, nichts kapiert.

06.11.2023 – Aus unserem Skulpturengarten oder: Habt Ihr noch alle Oliven am Baum?

Aus dem Archiv, Lindenspiegel 2016. Aktueller denn je.

Letzte Woche haben sich wieder Tausende Hamas-Sympathisant*innen und Befürworter*innen der Vernichtung Israels auf den Straßen der Republik versammelt. Und der alte Slogan der Arbeiterbewegung: „Wann wir schreiten Seit an Seit“ galt auch hier: Jede Menge sich links nennende Autonome Seit an Seit mit islamistischen Verbänden, die schon mal die Errichtung eines Kalifats hierzulande forderten. Die Verquickung von Religion und Faschismus wurde aufs Erfreulichste sichtbar: Ordner sorgten im Sinne des Propheten und im Namen Allahs für eine strikte Geschlechtertrennung, Frauen sowie Kinder mussten am Ende des Aufzuges laufen. Bei der Abschlusskundgebung mussten sie an einer anderen Stelle stehen als die Männer. Da war die Forderung nach Auslöschung des Staates Israel und seiner Einwohnerinnen mal nur schmückendes Beiwerk. Das müsste ja die Erfüllung aller feuchten Träume für Autonome sein: Das Kalifat Deutschland.

Reale Linke gibt es nach der Selbst-Zertrümmerung der Rest-Linken als Folge ihrer vielfach offenen Sympathie für die Hamas und ihres stolz zur Schau getragenen Antisemitismus kaum noch, denn wer Antisemit ist, kann kein Linker sein. Dieser Bruch ist auch nicht mehr zu kitten, mit jenen habe ich nichts gemein.

Für Autonome als Bestandteil der ehemaligen linken Bewegung galt ja immer auch die Bejahung eines bunten, diversen, auch queeren Lebens, mit unbedingter Akzeptanz von Gleichberechtigung und abweichenden Orientierungen, einer vielfältigen Kultur (zumindest was Clubs angeht, in Museen sieht man die selten) und eines Rechtes auf Rausch in allen Schattierungen.

So schnell können unsere autonomen Meisterdenker bei Errichtung eines Kalifats hierzulande gar nicht auf den Bäumen sein auf der Flucht vor Verfolgung, Unterdrückung, Tod, als dass sie nicht von selbigen baumeln würden. Oder geköpft, gesteinigt, Hände abgehackt kriegen, totgeschlagen, vergewaltigt. Das alles wird bereits jetzt im „Kultur“kreis der Israelhasser und Kalifats-Verherrlicher praktiziert für Drogengebrauch, Ehebruch, Gotteslästerung, etc. pp.

An dem im klinischen Sinne irren Verhalten von Autonomen und anderen Pseudolinken hierzulande und weltweit, die mit ihren Solidaritätsbekundungen perspektivisch ihr eigenes Todesurteil für den Fall einer Kalifats-Realisierung unterzeichnen, wird klar, dass Antisemitismus nicht nur eine politische Bankroterklärung ist, sondern ein Wahn, eine tiefgreifende psychische Störung. Leider mit wenig Aussicht auf Heilung.

Man darf gespannt sein, was von denen als Nächstes kommt, Wahn nährt und steigert sich ja leider aus sich selbst: Solidarität mit dem IS? Al Kaida? Taliban? Hitler? Der hat ja immerhin den 1. Mai zum Feiertag gemacht, einem Feiertag, der allen Linken auf der Welt heilig ist. Und war Hitler in letzter Konsequenz mit seinem „Befreiungsfeldzug“ gegen die Juden nicht ein Vorläufer von Postkolonialismus und Dekolonisierung, im Sinne von Judith Butler, Fridays for future und vielen, vielen Un-Kulturschaffenden auf der ganzen Welt.

Nur eins, das hätte Hitler im Sinne unsere autonomen Meisterdenker lieber bleiben lassen sollen: Das mit dem Autobahnbau.

03.11.2023 – Wer wählt, ist doof!

Partei KPD/RZ, Kreuzberger Patriotische Demokraten/Realistisches Zentrum. Kampagne zum Erhalt der vierstelligen Postleitzahlen (SO 36!). Unterstützt u. a. vom Fachverband ostanatolischer Dienstleister im Zustellungswesen und der Redaktion des „Drohbrief“, dem Magazin für den professionellen Erpresser.

Wenn jetzt gewählt werden würde, laut aktuellem Deutschland-Trend: CDU 30 %, AfD 22 %, SPD 16, Grüne 14, Linke 5 %, FDP 4 %, Freie Wähler 3 %, Rest 6 %. Also für faschistische, reaktionäre (die letzten liberalen Stimmen in der CDU sind Heiner Geissler und Norbert Blüm. Von denen man in letzter Zeit wenig hört. Was daran liegen kann, dass sie tot sind), neoliberale Parteien eine Zweidrittel-Mehrheit, wenn man die durchgeknallten Spinner vom „Rest“ mit einberechnet. (Die Partei „Die Partei“ rechnen wir da mal raus.)

Substantielle System-Opposition gibt es nur noch von der Partei SCHUPPEN 68, Details hier . Dann gibt es noch die Bergpartei, ein „ökoanarchistisch-realdadaistisches sammelbecken“ und „utopisch solidarischer flügel, radikalfeministischer arm, sektion der postidentitären antinationalen, antisubstanzistische aktion“, deren Sympathisantensumpf sich im Kreuzberger Hades, dem türkischen Imbiss in unserem Haus befindet .

Die Wagenknechte sind in der Umfrage noch nicht eingepreist. Deren einzig sinnvolle Existenzberechtigung wäre, der AfD Stimmen abzunehmen. Wenn die Knechte sich vorher nicht selber zerlegen. Wenn ich mir vorstelle, was sich da für gestörte Gruselexistenzen engagieren werden und ganze Kreis- und Landesverbände (so die sowas überhaupt organisiert kriegen) dominieren, dann Gute Nacht, Sara.

Mit der oben skizzierten demokratischen (!) derzeitigen Mehrheit im Lande ist das Elend ja noch lange nicht hinreichend beschrieben. Hinzu kommen noch die über 20 Prozent Nichtwählenden im Lande, überwiegend aus sozialen Brennpunkten. Wo in manchen Kiezen kaum noch jemand wählen geht. Eine Mischung aus Resignation, Frustration, Demokratieverdruss, Wut und regelrechter Verachtung für „Die da oben“. Ein zusätzliches Potential für faschistische Parteien, vor allem, wenn die irgendwann mal charismatische Führungspersonen haben werden. Malermeister Chrupalla ist ja eher die Inkarnation der Wurst. Nachdem die Wahlbeteiligung im Bund, bald wieder genannt „Reich“, jahrelang abgenommen hatte, nimmt sie seit Auftreten der AfD 2013 wieder zu, diese Nichtwähler-Schwungmasse ist deren zusätzliches Potential. 2009 Wahlbeteiligungs-Tiefpunkt 70,8 %, Steigerung auf 76,6 % in 2021. Die Partei SCHUPPEN 68 wird also zum Erhalt der Demokratie vor der nächsten Bundestagswahl eine intensive Anti-Wahlbeteiligungskampagne in sozialen Brennpunkten führen, mit Plakaten wie „Wer wählt, ist doof!“ Und natürlich mit: Freibier und Erbsensuppe. Zu allem fähiges, also vor allem unfähiges Kampagnenpersonal können sich gerne melden. Aber bitte nicht bei mir.

02.11.2023 – Fellatio

Rhetorik-Grundkurs, Erste Lektion: Immer mit einem Witz beginnen. Aus dem Archiv: Hallo Sonntag, 14.08.2011. Einer geht noch: Was haben Studenten und Walfische gemeinsam? Immer im Tran und die meiste Kraft im Schwanz. Ok, der war ein bisschen Walfischfeindlich, aber ganz putzig.

Die Überleitung ist es jetzt etwas ruckelig, zum Bundesverfassungsgericht BVG, aus dem Eintrag vom 29.10.23 . Geht mir irgendwie nicht aus dem Kopf, was vermutlich auch an der Sogkraft des Bildes von Maina-Miriam Munski in dem Eintrag liegt.

Da ging es um die Tatsache, dass dieses famose Organ BVG noch 1966 dekretiert hatte, dass die Ehefrau im Akte der ehelichen (!) Beiwohnung weder Gleichgültigkeit noch Widerwillen zur Schau stellen dürfe. 1997, richtig gelesen, nicht 1897, beschloss der Bundestag, Vergewaltigung in der Ehe als Verbrechen ins StGB zu übernehmen. Im Umkehrschluss: Bis dahin konnte der Ehemann die Göttergattin halbtot zum Verkehr prügeln und blieb straffrei. Zu den 138 Abgeordneten, die auch noch 1997 dagegen stimmten, gehörte Friedrich Merz . Ich erwähne das deshalb, weil es mir beim Umgang mit Faschismus nicht nur um die politisch organisierte Herrschaftsform geht, sondern auch um psychische Strukturen und Mentalitäten. Der Faschismus als Herrschaftsform kann nur da an die Macht gelangen, wo er auf eine entsprechende psychische Disposition einer hohen Anzahl von Mitgliedern der Gesellschaft trifft. Als da unter anderem wären: Analer Zwangscharakter , Unfähigkeit zu Empathie, sadistische Tendenzen, autoritärer Charakter, ausgeprägtes Wut- und Hasspotential, Frauenverachtung, Starrheit, Mangel an Selbstreflexion etc. pp. Da kommt am Ende nicht zwangsläufig unser kleiner Faschist bei raus, so wie Merz eher ein hemmungsloser Opportunist im Sinne des Diederich Heßling   ist, aber die Disposition dazu ist bei einer Häufung von solchen Merkmalen wahrscheinlicher als bei einem eher libertären Charakter.

Merz und andere, schlimmere, Konsorten wie Höcke, stehen in Traditionslinien, verkörpern Kontinuitäten. Die deutsche Justiz wurde nach 1945 komplett nicht entnazifiziert, die gleichen Henker und Verbrecher urteilten, bis in höchste Instanzen, nach 1945 ungebrochen weiter, im Zweifel wieder gegen Opfer des Faschismus. Wie der furchtbare Nazirichter Willi Geiger, der am BVG-Beiwohnungsurteil von 1966 beteiligt war. Offensichtlich wirkte dieser klerikal-faschistische Geist des patriarchalen Durchgriffs auf den weiblichen Körper noch bis 1997, siehe Merz. Und darüber hinaus. Und wirkt, und wirkt …. .

Wie krank die BVG-Dekretierung von 1966 ist, wird klar, wenn man (!) sich das Geschehen in der ehelichen Kemenate konkret vor Augen führt: Es kommt also zur Scheidungsklage, weil die Gemahlin während des Aktes Gleichgültigkeit bis hin zum Widerwillen an den Tag legte. Wie wurde da eigentlich der eherne Rechtsgrundsatz gehandhabt: Bei Aussage gegen Aussage in dubio pro reo? Oder hatte der Gemahl den Nachbarn dazu gebeten, zwecks Protokoll? Video, Handys etc. gab es damals ja nicht.

Widerwillen wäre ja für unseren sensiblen Ehegatten-Wahrnehmungs-Weltmeister noch zu realisieren, wenn sich die Gattin z. B. während des Aktes übergibt. Klare Willensäußerung. Aber Gleichgültigkeit? Ist da schon das einfache Fehlen von Begeisterungsbekundungen wie z. B.: „Oh ja, mach mir den Hengst, du geiler Fickfrosch?“ (Ich bitte, mir diese Verbalentgleisung nachzusehen, ich möchte halt nur anschaulich sein.) Oder muss es schon aktives Tun sein, wie die Lektüre eines Buches während des coitalen Geschehens? Was technisch in der a tergo-Position machbar ist, siehe auch TV-Konsum. Zigarette rauchen dabei wäre auch ein deutliches Indiz. Ich zitiere mal sinngemäß aus einem Urteil von 1965: „Der Klage auf Scheidung wegen übergroßer Gleichgültigkeit im ehelichen Gemach wurde stattgegeben, weil der Kläger glaubhaft machen konnte, dass er die Beklagte mit Gewalt dazu zwingen musste (durfte er bis 1997, d. A.), die Zigarette aus dem Mund zu nehmen, damit sie ihn im Akte der Beiwohnung felliert.“

„Sie felliert“ ist 3. Person Singular, weiblich, Präsens, Indikativ, von „fellieren“, dem Verb zu Fellatio. („Er felliert“ geht selbstverständlich auch, bei „Es felliert“ wird’s schon schwierig bis schwerkriminell.) Auch wenn jetzt einige ins Schlucken kommen, ob der grammatischen Verrenkungen: Cunnilingieren gibt es natürlich auch. Wer erinnert sich nicht an den Asterixband mit dem römischen Centurio Gaius Julius Cunnilingus und seine Abenteuer mit der gallischen Konkubine Fellatrix.

31.10.2023 – Requiem auf einen Trunkenbold und Hurenbock.

Herbstliche Lichtblicke in trüben Zeiten.

Wie trübe die sind, will ich Ihnen, liebe Leserinnen, mit einer kleinen Geschichte verdeutlichen:

Stellen Sie sich vor, in ihrer Hausgemeinschaft stirbt plötzlich Herr Müller. Sie gehen zur Beerdigung und finden für seine Witwe, die mit zwei kleinen Kindern am Boden zerstört ist, folgende Worte des Bedauerns, erst sehr geschäftsmäßig und ohne jede Empathie: „Mein Beileid zum Tod Ihres Mannes.“ Dann, mit wachsender Emotion bis hin zu wütendem Anklage-Furor: „Aber! das Eine muss ich Ihnen sagen, Frau Müller, Ihr Mann war ja selber schuld. Wie der das Essen in sich hineingeschaufelt hat, immer so fett und mit viel Fleisch. Und nie Sport! Und immer diese Zigaretten. Und was war das für ein Trunkenbold und Hurenbock! Ein Wunder, dass er es so lange getrieben hat.

Und überhaupt, was für eine Zumutung, dass Sie mir hier mit ihren Angelegenheiten die Zeit stehlen!“

Sie werden natürlich sofort erwidern, dass ein derartig herzloses Verhalten für Sie absolut nicht vorstellbar ist und dass es auch grundsätzlich wohl niemanden auf der Welt gibt, der sich so infam verhalten würde.

Das ist leider tausendfach falsch. Genau so lesen sich zig Stellungnahmen von Künstlerinnen, Intellektuellen, Linken, muslimischen und anderen Verbänden zum Überfall der Hamas-Terroristen auf Israel. Dürre, gefühllose, verlogene Worte zu den israelischen Opfern, wenn überhaupt, im Zweifel viel zu spät geäußert wie bei muslimischen Verbänden, und dann wortreich und exkulpierend in grotesker Täter-Opfer-Umkehr ellenlanges Verständnis für den „Befreiungskampf“ des palästinensischen Volkes.

Free Gaza! Wovon? Gaza wurde von den Israelis freiwillig 2005 geräumt. Seitdem und dem Putsch der faschistischen Hamas gegen die „Brüder“ (Schwestern gibt’s da schon lange nicht mehr) von der PLO ist es da zu einem fast völligen Zusammenbruch der Zivilisation gekommen.

Was mit „Free Gaza“ gemeint ist: Free Israel, und zwar von allen Juden. Das ist das Ziel der Hamas und das nehmen die oben Beschriebenen, billigend und solidarisierend, in Kauf, in einer Mischung aus intellektueller Erbärmlichkeit und ethischer Verrohung.

Selbstverständlich gehört den zivilen Opfern auch im Gazastreifen Mitgefühl und Hilfe und es kommt eine Zeit der Analyse der Ursachen für den Konflikt, Benennung der Verantwortlichen und Abwägung der Lösungen für das Problem. Aber ein jedes hat seine Zeit. Jetzt ist die Zeit der Solidarität mit Israel. Und die Zeit der Benennung, wes Ungeistes Kind die faschistischen Täter sind, und dass es sich bei diesem Konflikt keinesfalls um einen auf Augenhöhe zweier

moralisch gleichberechtigt Handelnder dreht.

Auf welche Verhältnisse „wir“ zusteuern, zeigt der enthemmte muslimische Mob in Dagestan, der auf Grund irgendwelcher in sozialen Medien gestreuten Gerüchte den dortigen Flughafen stürmte und an den Passagieren einer aus Tel Aviv kommenden Maschine ein Pogrom verüben wollte . Kontrollverlust des Staates. Finsteres Mittelalter.

Bei uns ist sowas nicht möglich? Erste Ansätze können Sie begutachten bei einem Spaziergang mit mir durch die Neuköllner Sonnenallee, wenn der dortige Mob wieder massenhaft seine Hetzparolen verbreitet. Wenn Sie das Abenteuer lieben, setzen Sie sich dann eine Kippa auf. Gehen Sie davon aus, dass es Ihr letztes Abenteuer wird.

Ansätze von Kontrollverlust des Staates waren u. a. bei den Demos von zehntausenden Coronaspinnern in Berlin zu sehen, als Hunderte die Polizeiabsperrungen durchbrachen und auf den Treppen des Reichstags randalierten.

Ansätze von Kontrollverlust sind in regelmäßigen Abständen bei Naziaufmärschen in der Ostzone zu beobachten, wo die Polizei nicht selten das Feld räumt, sei es aus Personalmangel oder ideologischer Übereinstimmung.

Wir reden hier von Prozessen, die, in Gang gesetzt, ab einem bestimmten Punkt nicht mehr beherrschbar sind. Hätte vor drei, viert Jahren jemand vorhergesagt, dass die AfD bei den nächsten Landtags-Wahlen 2024 in der Ostzone stärkste Partei werden kann, mit der Möglichkeit einer Regierungsübernahme, er wäre für verrückt erklärt worden. Wir sprechen uns also in drei, vier Jahren wieder.

Dass der Krieg gegen Israel von hiesigen Rassisten wie Friedrich Merz und zahllosen anderen Gestalten niederträchtig instrumentalisiert wird zur Hetze gegen Migration und Minderheiten, gegen das Asylrecht, enthebt einen nicht der Pflicht der klaren Analyse und eindeutigen Stellungnahme.

Die AfD verhält sich in dieser Diskussion raffiniert. Sie hält weitgehend die Füße still, bis auf ein paar pflichtschuldige Routine-Hetzparolen. Das Drecksgeschäft besorgen Merz und andere. Die Früchte davon wird die AfD ernten.

30.10.2023 – Am Ende wartet der Hades

Imbiss in unserem Haus in Kreuzberg, WG-intern Hades genannt. Der Hades ist in der griechischen Mythologie der Ort der Unterwelt, das Reich der Schatten. Wer seine Schwelle – in der Mythologie den Fluss Acheron – überschreitet, für die gibt es kein Zurück. Dort sind alle gleich, arm oder reich. Unser Hades ist eine Insel der Mühseligen und Beladenen, für Menschen mit wenig Geld, in einem Meer von Gentrifizierung ringsum. Die 1,50 für Flasch Bier kann sich auch ein Bürgergeldempfänger mal leisten. Und wenn er nur so da sitzt, davor, in der Sonne, und der gesellschaftlichen Teilhabe und Kommunikation frönt, kräht auch kein Hahn oder Wirt nach. Im Gegenteil, ein Teller Linsensuppe liegt auch mal für lau drin. Der Hades ist seit vielen Jahren funktionierendes Nachbarschaftsnetzwerk. Beispiel: Unser Kellerschloss zickte, unwiderruflich. Ein unlösbares Problem für Menschen, deren Sphäre eher der Diskurs über Hegels Phänomenologie des Geistes ist. Mit der man aber ein Kellerschloss nicht aufkriegt. Für Fred, den Handwerker, mit seiner Flex, eine Frage von Minuten. Wechselkurs: Zwei Bier.

Wenn ich vor dem Hades sitze und mit dem Rest kommentierend den Gang der Geschichte um uns herum betrachte, oder seine Schwelle überschreite, bin ich in einer anderen Welt. Keine heile, weiß Gott nicht. Nur eine andere, geerdete. Und dem Zustand der Rest-Welt zufolge ist es eine bessere; fast ein utopischer Ort.

Wie lange noch?

Ein Investor hat das Haus gekauft. Die Mieter*innen haben teils langjährige Kündigungsfristen, Gewerberäume wie der Hades aber sind durch reine Nichtverlängerung der jährlichen Mietverträge ruckzuck entmietet. Bei der Hipsterstruktur des gegenüberliegenden Möckernkiezes  kommt da gerne auch ein Edelitaliener als Nachfolger in Frage. Möckernkiez ist genossenschaftliches Wohnen. Kostet als Einstand pro qm 1.000 Euro und ein monatliches Nutzungsgeld von 13 Euro pro qm.

Wie lange die Mieter*innen bei uns im Haus möglichen Entmietungsterror durchhalten, ist eine weitere Frage. Davon ist im Moment allerdings nichts zu spüren.

Noch nicht.

Dünnes Eis. Ich müsste dem Hades, den Menschen dort, irgendwie eine Stimme geben, damit das alles nicht unerinnert, ungehört im Orkus verschwindet.  Naheliegend wäre ein kleiner Film. Das ist heutzutage sogar mit guten Handys technisch machbar, und hätte auch nicht den bitteren Beigeschmack des klassischen Dokumentarfilms, wo oft ein Filmteam einschwebt, den Film produziert und spurenlos, unbeteiligt an möglichen Kämpfen, Konflikten, wieder verschwindet. Ausbeutung. Ich bin seit Jahren Teil des Hades und des Hauses. Dieses Projekt stünde somit auch in der medientheoretischen Tradition von Tretjakov, Benjamin, Brecht, zu Teilen auch dem frühen Enzensberger, die von Kulturschaffenden bei der Produktion ihrer Arbeit immer auch eine mitfühlende Teilhabe an den gesellschaftlichen Konflikten gefordert haben. Also das krasse Gegenteil des konventionellen bürgerlichen Künstlers, der im Elfenbeinturm seines Ateliers oder seiner Schreibstube individualisiert, entpolitisiert vor sich hin pfuscht.

Das Problem eines solchen Filmes läge eher darin, dass jede Anwesenheit von Technik, Medien das Geschehen, das Verhalten der Menschen, verändert, so wie Messinstrumente ein Experiment selber verändern können. Und selbst wenn der Film durch verschiedene Montagetechniken unlangweilig rüber käme: Das ist eine unglaublich aufwändige Arbeit, über viele Monate, zig Stunden Material, das gesichtet, gewichtet, geschnitten werden muss. Und Zeit ist eine knappe Ressource, sie rinnt mitunter wie Wasser durch die Finger.

Es wird wohl darauf hinauslaufen, dass ich hier in loser Reihenfolge dem Hades eine wie auch immer geartete Stimme gebe. Und mal ehrlich: Welcher Dokumentarfilm hat schon jene 50.000 Besucherinnen, die sich hier im Blog monatlich tummeln.

Auf geht’s. Denn eins ist sicher: Am Ende wartet der Hades.

Auf uns alle.

29.10.2023 – Alles so schön bunt hier.

Maina-Miriam Munski . Narkose.

Aus der Ausstellung: If the Berlin Wind Blows My Flag. Kunst und Internationalisierung vor dem Mauerfall. Neuer Berliner Kunstverein. .Munski gehörte der Berliner Sektion der Kritischen Realisten an, einer Stilrichtung, die sich in den 70ern mit Problemen in Staat und Gesellschaft auseinandersetzte. Munskis zentrales Thema war der patriarchale Zugriff auf den weiblichen Körper und dessen Zurichtung.

Interessanterweise war die radikale Kritik an der kapitalistischen Gesellschaft zu dem Zeitpunkt am ausgeprägtesten, als die Möglichkeitsräume für gesellschaftlichen Fortschritt am größten waren und eine Faschisierung der Gesellschaft trotz aller gegenteiliger Behauptungen von linken Revolutionssimulanten Lichtjahre entfernt . Eben in jenen 70ern, die trotz erster Krisenphänome wie Ölkrise oder Deutscher Herbst 77  doch das Goldene Zeitalter des Kapitalismus genannt werden, mit dem Ausbau des Sozialstaats, enormen Lohnzuwächsen, der Entstehung von alternativen Zusammenhängen und Gegenöffentlichkeiten und mit gesellschaftlicher Liberalisierung, auch im Rahmen diverser Strafrechtsreformen. Ab 1977 brauchte z. B. die Ehefrau ihren Mann nicht mehr zu fragen, ob sie berufstätig werden wollte. Noch 1966 hatte der Bundesgerichtshof Ehefrauen verboten, im Rahmen der ehelichen Beiwohnung Gleichgültigkeit oder gar Widerwillen zur Schau zu stellen.

Heute dagegen leben wir in herrlichen Zeiten. Alles so schön bunt hier. Und liberal, und divers. Blöd nur, dass der Sog des Faschismus immer unaufhaltsamer wird und ein wie nie notwendiger Widerstand dagegen ungefähr so weit weg ist wie ich vom Literaturnobelpreis.

Wenn es überhaupt noch nennenswerte Reste einer radikalen Linken als Nukleus von antifaschistischem Widerstand gegeben hat, so haben die sich auf parlamentarischer Ebene durch die Wagenknechte ins Abseits katapultiert und auf außerparlamentarischer Ebene durch ihr Verhalten im Falle Hamas endgültig aus dem Lager des Fortschritts verabschiedet. Entweder heißen sie den Terror der Hamas gut, wie die Fraktion der Antiimperialisten oder sie lullern mit Einerseits/Andererseits Relativierungen rum. Ok, ein paar Aufrechte gibt es noch, die überlegen aber vermutlich mittlerweile frustriert, ob sie sich überhaupt noch links nennen sollen. Wer will schon mit Anti-Imperialisten-Pack, das faschistischen Terror als Befreiungskrieg bezeichnet,   in einen Topf geworfen werden.

Ich bezeichne hier durchgehend die Hamas als faschistisch. Dazu ein paar Fakten. Es gibt diverse Theorien über Faschismus als politische Ausrichtung und individuelle psychische Disposition. Beides muss massenhaft zur Deckung kommen, damit Faschismus sich als allgemein gesellschaftlich akzeptierte Herrschaftsform durchsetzen kann. Hier im Zitat Parameter, nach denen ich die Kategorisierung der Hamas als faschistisch für angemessen halte. Die Zitate beziehen sich auf einen Artikel zum Begriff „Islamfaschismus“ :

„Die beiden augenscheinlichsten Vergleichspunkte (in unserem Zusammenhang zwischen Faschismus und Hamas, d. A,) wären die folgenden:

  • Beide Ideologien basieren auf einem Kult mörderischer Gewalt, der Tod und Zerstörung verherrlicht und Geistesleben verachtet .
  • Beide stehen der Moderne feindlich gegenüber – außer, wenn es sich um die Entwicklung von Waffen handelt ….
  • Beide sind besessen von realen und imaginären [erlittenen] ‚Erniedrigungen‘ und [als Konsequenz] rachsüchtig.
  • Beide sind chronisch infiziert mit dem Gift antisemitischer Paranoia – …..
  • Beide neigen zu ….. Hervorhebung eines einzig wahren Buches. (Hier: Mein Kampf und Koran, d. A.)
  • Beide haben sich der sexuellen Unterdrückung verschrieben – insbesondere der Unterdrückung jeglicher sexueller ‚Abweichung‘ – und, in Bezug auf ihr Gegenüber, der Unterwerfung der Frau und der Verachtung alles Weiblichen.
  • Beide verabscheuen Kunst und Literatur und betrachten diese als Symptome von Entartung und  Dekadenz. ….“

Einer Malerin wie Maina-Miriam Munski wäre im Herrschaftsgebiet der Hamas das Gleiche widerfahren wie der tapferen 16jährigen Armita Garawand im Iran, die totgeschlagen wurde von Sittenwächtern, weil sie kein Kopftuch trug .

Bei uns dagegen ist alles schön bunt, divers und liberal. Da braucht es keinen Widerstand. Mittlerweile (seit 1997) ist sogar Vergewaltigung in der Ehe strafbar.

Wenn das kein Fortschritt ist.

28.10.2023 – Tanzende Welt

Tanzendes Paar. Berlin Lichtenberg, im Hintergrund die erste Plattenbausiedlung in Ostberlin von Anfang der 70er, der Anton-Saewkow-Platz.

Plattenbausiedlungen und Großwohnsiedlungen in Berlin sind ein Kosmos für sich. Der Flaneur taucht dort, gerne in Zeiten des Wochenmarktes, in eine völlig andere Welt ein. Der Kontrast zu meinem Kreuzberger Kiez mit seiner Mischung aus internationalem Hipstertum und, weiter östlich in SO36, alternativem Revoluzzergestus, könnte gar nicht größer sein. Nichts ist langweiliger und vor allem bildungsferner als chronisch in seinem eigenen Kiezmief zu versumpfen, und so sind solche Ausflüge in andere Welten nicht nur politische und ästhetische Erziehung par excellence, sondern lassen die Eigene für Momente vergessen. Was in Zeiten eines weltweit grassierenden und wachsenden Antisemitismus nicht das Schlechteste ist. Die aktuelle Krönung dieses Unrats, die Spitze des Scheißberges, ist die letzte UN-Resolution, die einen Waffenstillstand in Nahost fordert, ohne die faschistische Terrororganisation Hamas mit einem Wort zu erwähnen. Das ist nichts anderes als die Aufforderung der überwältigenden Mehrheit der Weltgemeinschaft an Israel, sich mit seinem Untergang abzufinden und die Rechtfertigung, denn Schweigen bedeutet Zustimmung, des Hamasterrors.  

Als ob sich Terroristen jemals an Verträge, Vereinbarungen, an Völkerrecht oder auch nur minimale zivilisatorische Grundsätze gehalten hätten. Hitler hat z. B ein paar Monate nach dem Münchener Abkommen, in dem er den Bestand der Resttschechoslowakei garantiert hatte, den Staat überfallen, annektiert, seine Bevölkerung einem Terrorregime unterworfen und die dort lebenden Juden vernichtet. Und nach genau dem gleichen Muster verfährt die Hamas.

Mit dieser Resolution der Schande hat sich die UN aus der Zivilgesellschaft verabschiedet. Es ist übrigens nicht nur die Entscheidung der Staatenlenker gewesen. Die wird vom hunderttausendfachen Mob weltweit in den Staaten, auch in Palästina, aber auch bei „uns“, auf der Straße mitgetragen. Ein Mob, der oft nicht genug zu fressen hat, aber anstatt für die Verbesserung seiner Lebensverhältnisse zu kämpfen, für den Untergang des Staates Israel auf die Straße geht. Ich kann gar nicht so viel kotzen, wie mir übel wird.

Das Einzige, was mich tröstet, ist die Tatsache, dass die Menschheit einen Schritt vorangekommen ist. Es lebe der Fortschritt! Und zwar bei dem Marsch in die selbstverschuldete Barbarei. Eine derartige Menschheit braucht kein Globus. Aber bitte erst nach meinem Ableben. Ich sach Bescheid, wenn es soweit ist.

Was Klimakrise, Kriege, Inflation, Spaltung der Gesellschaften, Seuchen, Migration, Hunger nicht schaffen, dem gibt der globale Antisemitismus den Rest. Denn, und das weiß auch der dümmste Intellektuelle, Künstler, Linke, Klimakleber etc. hierzulande, festeingereiht in die Einheitsfront der weltweiten Antisemiten: Hinter jeder hässlichen Maske des Antisemiten lugt ein Faschist hervor.

14 Länder stimmten gegen die Resolution der Schande. Das sind sogar noch weniger als es vollständige Demokratien weltweit gibt laut Demokratieindex: 24. , Deutschland dabei auf Platz 14. Israel auf 29 als unvollständige Demokratie auf Grund der rechtsradikalen Netanyahu-Regierung, einen Platz vor USA. Palästina liegt als lupenrein autoritäres Regime auf Platz 110, Tendenz in den letzten Jahren neben Mali die dramatischste Verschlechterung weltweit.

Und wo bleibt das Positive?

Die Plastik oben hatte ich auf den ersten Blick für eine körperliche Übergriffigkeit des Mannes gehalten. Google belehrte mich eines Besseren.

 Ist doch schön, wenn nicht immer alles gleich so negativ ist wie es scheint. Schönes Wochenende, liebe Leserinnen.

26.10.2023 – Regelsatz rauf auf 813 Euro

Thomas, mit Plakat und Hoodie beim jährlichen Treffen von Menschen mit Armutserfahrung, dieses Mal bei der Diakonie in Berlin.

Die Diakonie ist politisch korrekt bis zum WC. Den Ausdruck „politisch korrekt“ meine ich positiv, im Gegensatz zu reaktionären Positionen, die ihn als abwertendes framing gegen alles benutzen, was auch nur nach gesellschaftlichem Fortschritt riecht. Um auch sprachlich auf der WC-Ebene zu bleiben. Es ist überhaupt nicht einsichtig ,warum ich politisch unkorrekt handeln und reden sollte, gerade angesichts des unfassbaren antisemitischen Unrats, der zur Zeit von der ganzen Welt über sie gekübelt wird. Angefangen von diesem Kotzbrocken an der Spitze der UN, Guterres, der ein leuchtendes Warnsignal dafür ist, wie tief der Antisemitismus auch in den Köpfen der Eliten verwurzelt ist. Entgegen den Annahmen von Faschisten und Verschwörungsphantasten, die delirieren, die Eliten seien verjudet. Eine vollkommen geisteskranke Fantasie.

Die Kämpfe der Zeit finden in den Köpfen statt, auf der Straße, auf den Schlachtfeldern . Und mitunter auch bei Wohlfahrtsindustrie und Gewerkschaften. Aber da eher im Saal und nach Geschäftsordnung.

Die Forderung nach 813 Euro Bürgergeld und Grundsicherung basiert auf Berechnungen von Expert*innen von Wohlfahrtsverbänden. Bei den Berechnungen der Bundesregierung werden regelmäßig gesetzeswidrig Bedarfe zum Existenzminimum kleingerechnet oder garnicht erst berücksichtigt. Klassenkampf von oben. Der in letzter Konsequenz dafür verantwortlich ist, dass Arme zwischen fünf und acht Jahre, je nach Geschlecht, früher sterben.

Ich habe früher Workshops und Aktionen bei den Treffen gemacht.

Echtes Geld verbrannt, an der Hamburger Alster, Treffpunkt der Schönen und Reichen. Zeitungen und Passanten erklärten mich für verrückt. Schöneres Lob bekam ich selten…

Ich kenne viele Betroffene der Treffen seit Jahren und war mitunter erschrocken, wie sehr manche nach der langen Coronapause gealtert waren. Die hat bei Menschen mit wenig Geld oft ganz andere, tiefere Spuren hinterlassen.

Und schließlich gab es noch die, die nicht dabei waren, die ich nicht gesehen habe ….

25.10.2023 – Symphonie einer Großstadt

Ausstellungsplakat mit frauenfeindlichem Graffiti. Berlin, unter den Yorckbrücken.

Skulptur, Hotel nähe Potsdamer Platz.

Die beiden Fotos habe ich unbeabsichtigt direkt nacheinander gemacht. Die Verbindung fiel mir erst beim nachträglichen Anschauen ins Auge. Sie stellen in ihrer Montage einen sinnfälligen Zusammenhang dar, die Skulptur bekommt hier einen konkreteren Bedeutungsgehalt, als ihr Schöpfer ihn ihr zugemessen hat.

Die Großstadt ist eine Montage aus Poesie, Musik und Kunst. Der ständige Strom der Bilder, Geräusche, Worte, Gerüche, Menschen, Autos kann für den Flaneur Genuss, Bildung, Erkenntnis, sinnliche Erfahrung sein, für die Ruhesuchende eine ständige Quelle der Überforderung, Anspannung, letztlich krankmachend. In jedem Fall hinterlässt die Großstadt permanente Spuren in unserem Gedächtnis, unserem Unterbewusstsein, unserer Sprache, sie macht etwas mit uns und im Zweifel etwas ständig Neues, Veränderung. Sie ist eine gigantische Symphonie. Symphonie einer Großstadt, wie Walter Ruttmann seinen bahnbrechenden Montage-Dokumentarfilm über Berlin von 1927 nannte.

In der Natur hingegen ist man tendenziell der Verwesung nahe und in der Kleinstadt wünscht man sich, man hinge lieber tot über dem Friedhofszaun, als gerade da zu sein. Zumindest ich fühle mich mitunter so, wenn ich in solchen Verklumpungen menschlicher Existenz zu tun habe.

Beim Anblick des Plakates über die Menstruation habe ich mich gefragt, wie dieses jahrhundertelange Tabuthema wohl künstlerisch visualisiert ist. Eine dringend notwendige auch ästhetische Aufarbeitung angesichts von neu, endlich auch öffentlich diskutierten Phänomenen wie Periodenarmut und Menstruationsurlaub. Und angesichts solcher Sprüche wie unter dem Plakat von offensichtlich völlig überforderten X-Chromosomträgern.

Und damit hätten wir auch den Titel der Skulptur: Der überforderte Mann 🚹.